Geschichten:Sertiser Sonnenstände - Mittagsstunde

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Mittagsstunde

Reichsstadt Greifenfurt, 2. Praios 1036 BF zur Mittagsstunde

Wohlwollend betrachtete der Greifenfurter Illuminatus die junge Frau die vor ihm Platz genommen hatte. Ohne Frage war Praiodane von Immingen eine der vielversprechensten unter den Geweihten die ihm unterstanden. Genau darum hatte er sie ausgewählt, auch wenn er ihre mit erfrischendem jugendlichen Elan kombinierte Kompetenz sicherlich missen würde. Doch der Wille des Herren Praios stand über den persönlichen Wünschen seiner Diener und verlangte solche Opfer. Auch von ihm.

"Praiodane", begann er, "Ihr fragt Euch sicherlich warum Wir Euch zu dieser Stunde haben rufen lassen."

"Natürlich Euer Ehrwürden", antwortete die junge Geweihte artig und blickte ihren Mentor erwartungsvoll an, "doch Ihr werdet einen triftigen Grund dafür haben."

"So ist es." Praiomon schenkte ihr ein väterliches Lächeln und fuhr dann fort. "Wisset, dass Hilbert von Hartsteen, Pfalzgraf zu Breitenhain in der Waldsteinschen Pfalzgrafschaft Sertis, auf der Suche nach seelischem Beistand ist. Dazu hat Seine Hochwohlgeboren bei seiner Anverwandten auf Arras de Mott um Rat ersucht. Wir haben in die Wege geleitet, dass Ihr es seid, die unsere Schwester Lechmin ihm als Hofkaplanin anempfehlen wird. Sobald ihre Antwort eingetroffen ist, werdet Ihr Euch in Begleitung eines Bannstrahlers und des Sertiser Ritters der die Botschaft überbrachte, nach Burg Breitenhain begeben."

Nach dieser unerwarteten Nachricht brauchte Praiodane einen Moment um sich zu sammeln. "Ihr seht mich überrascht, Ehrwürden. Wenn die Frage gestattet ist...", sie unterbrach sich bis ein aufmunterndes Nicken Praiomons ihr bedeutete fortzufahren, "warum die Versetzung nach Waldstein? Ich nahm an, Ihr seid mit meiner Tätigkeit hier zufrieden."

"Wir bitten Euch diesen Schritt nicht als Strafe zu verstehen, auch wenn Waldstein dieser Tage natürlich als eine solche aufgefasst werden kann," antwortete Praiomon in gütigem Ton. "Vielmehr ist es so, dass Wir Euch hierdurch in eine politisch wichtige Position versetzen. Der Pfalzgraf von Sertis hat als einer ihrer direkten Vasallen nicht nur das Ohr der Kaiserin, sondern stammt noch dazu aus einem der ältesten Adelsgeschlechter des Reiches. Zudem hat er das nicht unwichtige Amt eines Reichsrichters inne."

"Ich verstehe." Die Geweihte nickte leicht. "Die Worte seiner Hochwohlgeboren gelangen an viele Ohren"

"So ist es." Praiomon faltete zufrieden die Hände und lehnte sich in seinem Stuhl zurück. Praiodane hatte schnell begriffen. Sie war die richtige Wahl gewesen.

"Was genau erwartet Ihr von mir in dieser Position?"

"Eure Aufgabe wird es sein, den Pfalzgrafen in jeder Hinsicht darin zu unterstützen, die widernatürlichen Auswüchse des wuchernden Reichsforstes in Sertis einzudämmen. Lasst Praios' Gerechtigkeit walten gegenüber jenen die freveln!" Der Illuminatus machte eine kleine Pause um besonderen Nachdruck in seine folgenden Worte zu legen. "Wie Wir bereits sagten fürchtet der Pfalzgraf um sein Seelenheil. Macht ihm klar, dass der Götterfürst einen jeden Menschen vor allem nach seinen Taten beurteilt. Wenn er dem Willen Praios' zu seinen Lebzeiten auf Dere getreulich folgt, so ist ihm im Tode ein Platz an der Seite unseres Herren in Alveran sicher."

"Ich habe verstanden, Ehrwürden. Gibt es denn einen Wunsch unseres Herren, den ich dem Pfalzgrafen ganz besonders ans Herz legen kann?"

"Den gibt es in der Tat. Seit einigen Monden verspüren Wir den Willen des Götterfürsten, das einem seiner Heiligen endlich die gebührende Verehrung im Reich zuteil wird. Wir sprechen natürlich vom Heiligen Answin. Wir haben die Markgräfin und ihren Gatten dringlichst darauf hingewiesen, dass sie sich beim Großen Kabinett zur Behebung dieses Missstandes bei der Kaiserin einsetzen sollten, doch haben sie es nicht geschafft Praios' Willen mit Nachdruck Gehör zu verschaffen." Fast unwirsch deutete Praiomon auf einen kleinen Stapel gesiegelter Pergamentrollen die auf ihre Versendung warteten. "Wir bemühen uns weiterhin darum dieses Anliegen an den höchsten Stellen voranzutreiben. Doch auch wenn Unsere Stimme Gewicht hat, so sind Wir doch zu dem Schluss gekommen, dass es vieler Stimmen bedürfen wird um die Vorbehalte jener zu zerstreuen, die den Heiligen noch immer als Reichsverräter im Gedächtnis tragen."

"Praios' Wille geschehe!" Mit leuchtenden Augen sah die junge Geweihte zu Praiomon auf. "Ich werde mein Möglichstes tun, um dem Pfalzgrafen den Wunsch des Götterfürsten nahezubringen."

Wieder schenkte ihr der höchste Praios-Geweihte Greifenfurts ein wohlwollendes Nicken. "So sei es. Geht nun und bereitet Euch auf die Abreise vor. Die nächsten Tage werdet Ihr mit fasten und beten verbringen um Euch auf die kommenden Aufgaben vorzubereiten." Segnend schlug Praiomon das Praios-Zeichen. "Möge der Götterfürst Eure Wege beleuchten und Eure dunklen Stunden erhellen. Geht mit Unserem Segen."


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Texte der Hauptreihe:
2. Pra 1036 BF
Mittagsstunde
Mittagsstunde


Kapitel 3

Mittagsstunde
Autor: Keilholtz