Geschichten:Sechs Beine und vier Pfoten - Tag 3

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Dämonenbrache 27.BOR 1042BF

Hane, Oleana und Carl beobachteten erleichtert, wie die Regentropfen langsam aber sicher weniger wurden. Ihr gesamter Körper brannte und irgendwann war jeder von ihnen in einen halb ohnmächtigen Schlaf gesunken. Der Schmerz und die Erschöpfung der bereits absolvierten zwei Tage in der Brache hatten ihren Tribut gefordert. Zu ihrem Glück hatte der Säureregen auch alle anderen Wesen der Brache offenbar davon abgehalten auf Beutesuche zu gehen, sodass ihre Unachtsamkeit keine ernsten Konsequenzen hatte. Bellrik II. lag zusammengekauert zu Hanes Füßen und stieß ab und an ein leidiges Winseln aus. Auf seinem Fell waren bereits zahlreiche kahle Flecken zu erkennen, überall dort wo seine Pfoten versucht hatten das schmerzhafte Jucken zu bekämpfen…

„Bei allen Zwölfen! Ich fühle mich als hätte mir jemand die Haut abgezogen. Ich möchte unbedingt diese Klamotten loswerden, aber ich befürchte, dass die Brachenluft nicht so heilsam ist…“ Carl hielt sich nur mühsam davon ab die eigene Haut blutig zu kratzen…

„Tu dir keinen Zwang an, Carl.“ Erwiderte Oleana mit einem Zwinkern und fuhr dann anschließend ernster fort. „Die Bäume würden sich freuen, wenn du ihnen den Weg zu deinem Blut verkürzt. Wahrscheinlich hätten wir den Rest des Tages nur noch Dornengestrüpp vor uns – sowas scheint sich ja hier herumzusprechen…“

„Ab jetzt gehört offenbar ein Regenunterstand zu unseren täglichen Lagervorbereitungen dazu. Bald sind wir nur noch mit Lagerbau beschäftigt. Selbst dann habe ich das Gefühl, dass wir die restlichen Tage an einer großen Jagd teilnehmen würden – nur halt als Gejagte…“ Hane schaute missmutig drein und rieb sich geistesabwesend den Nacken. Kleine Hautfetzen lösten sich unter dem Druck seiner Finger und ließen ihn schmerzhaft aufstöhnen. „Lasst uns schnell weitergehen. Wenn wir noch länger hier stehen bleiben, befürchte ich, dass wir uns alle selbst die Haut abziehen. Ich brauche wieder eine Spur, die uns beschäftigt, damit wir auf andere Gedanken kommen.“

So machten sich die Jäger auf den Weg und Hane hielt gebannt Ausschau nach den Spuren weiterer Unwesen, die die vier zur Strecke bringen könnten. Noch immer bewegten sie sich in demselben Bereich der Brache den sie am ersten Tag betreten hatten. Etwa eine halbe Meile westwärts waren sie vorgedrungen. Am gestrigen Tag hatten die Spuren sie, so vermutete Hane, zunächst nach Westen, später in einem Bogen nach Süden geführt. Heute wollten sie nach Westen ziehen um einen Bogen gen Norden zu machen und am Ende des Tages wieder ihr Nachtlager zu beziehen. Der Regen der zurückliegenden Nacht hatte wahrscheinlich sämtliche Spuren ertränkt, sodass ein Spurenfund am heutigen Tage vermutlich schnell zu einem Jagderfolg führen sollte. Der Boden war sehr unwegsam und matschig. Wurzeln und Äste lagen frei und reckten sich den Füßen der Eindringlinge entgegen um sie zu Fall zu bringen oder wenigstens soweit wie möglich aufzuhalten. Meist fanden sich lange Dornen, teilweise gar mit Widerhaken, an den Ästen. Hane beobachtete einen Ast der sich wie eine Würgeschlange um einen kleinen Brachenbewohner gewunden hatte. Einige Dornen auf der Außenseite der Astschlinge streckten sich verzweifelt in Richtung des Wesens. Die Widerhaken zuckten sehnsüchtig hin und her, auf der Suche nach etwas Weichem in das sie sich graben konnten. Von dem Wesen war nur eine merkwürdig verrenkte Klaue mit sieben Zehen zu sehen. Hane wandte sich schnell angewidert ab und verspürte keinerlei Mitleid für das eingefangene Unwesen. Je weiter die kleine Jagdgesellschaft nach Norden gelangte desto schlechter wurde der Boden. Schmatzen begleitete nun jeden Schritt der Gefährten und wer zu lange an einer Stelle stand, fand sich alsbald in einer kleinen Pfütze wieder.

„Wir scheinen uns einem Sumpf zu nähern. Lasst uns den Bogen nach Westen vergrößern, hoffentlich können wir so den Sumpf umgehen.“ Hanes Vorschlag quittierten seine Begleiter mit einem stummen Nicken und sie folgten ihm weiter durch den finsteren Suhl. Die Bäume waren allesamt modrig. Jegliches Blatt- und Astwerk am Boden hatten die Ausläufer des Sumpfes schon an sich genommen. Wenigstens wurde die kleine Jagdgesellschaft dadurch nicht weiter aufgehalten. Die Feuchtigkeit des Sumpfgebiets ließ weitläufigen Nebel aufziehen. Bald schon fiel es den Gefährten schwer mehr als eine Silhouette vom Vordermann wahrzunehmen. Sie rückten näher zusammen um sich nicht zu verlieren. Immer wieder blieben Hane, Oleana oder Carl stehen um einen angestrengten Blick in den Nebel zu werfen. Nichts wäre schlimmer, als bei diesen Sichtverhältnissen von einem Ungetüm der Brache überrascht zu werden. Aus Bellriks II. Kehle war immer wieder ein ärgerliches Knurren zu vernehmen. Carl schnaufte angestrengt, denn der Karren sank ständig tief in den modrigen Boden ein und war nur mit viel Anstrengung zum Weiterrollen zu bewegen.

„Wir werden beobachtet, ich bin mir sicher!“ Carl hatte einen Tonfall angeschlagen, der irgendwo zwischen grimmig und ängstlich lag. Dann und wann nahm er das Griffband seiner Ronja in die Führungshand und rüttelte ein wenig an dem schweren Kriegshammer um ihn in der Rückenaufhängung zu lockern. „Diese drecks Schatten die sich ständig durch den Nebel bewegen… Der nächste, der sich mir auf zwei Schritt nähert, kriegt einen übergebraten. Macht eure Waffen klar! “ Die Verbissenheit kehrte zurück in Carls Stimme und verdrängte die Unsicherheit rücksichtslos.

„Was hast du gesehen, Carl?“ Oleana hatte ihre Schwerthand kräftig um den Griff der geschärften Klinge geschlossen. Sie schaute skeptisch in die Nebel hinein.

Immer wieder verdichtete sich der Nebel, sodass er beinahe eine Form annahm. So erkannten nun auch Hane und Oleana Gesichter, oder eher Fratzen, die ihnen hämisch grinsend entgegenblickten. Die Schlieren bildeten Körper und bewegten sich zielstrebig schwebend auf die kleine Jagdgesellschaft zu. Arme und Finger prägten sich aus und griffen nach den Eindringlingen. Hane wich einer Hand aus, die in der Folge wieder zu Nebelschwaden zerfaserte und an anderer Stelle weitere Arme ausbildete, die unaufhaltsam auf ihn eindrangen um ihren eisigen Griff um ihn zu schließen. Neben Hane schwang Oleana ihre Klinge auf eine der Nebelgestalten, die unter dem Hieb zerfaserte. Auch Carls Ronja hielt nun reiche Ernte im immer lebendiger werdenden Nebel. Hane hatte nun sein Haumesser gepackt und machte es seinen Gefährten nach, doch wo immer eine Nebelgestalt wieder in allgemeines Wabern zerfiel, bildete sich woanders eine Neue. Wie durch ein Wunder hatten die zahllosen Hände noch keinen von ihnen zu fassen bekommen. Hane kramte in seinen Gedanken nach allem was er über die Brache wusste. Sie war niederträchtig, hinterhältig und heimtükisch. Warum also griffen die Nebelschwaden immer nur von vorn nach ihren Gesichtern? Warum griffen sie nicht von hinten, oder von unten an? Warum schlossen sie ihre kalten Finger nicht um den Knöchel eines der Jäger und brachten ihn zu Fall? Es fielen ihm die Worte ein, die sein Vater ihm einst sagte. Die Brache schürt deine Ängste und sie ernährt sich von ihnen. Die Wesen der Brache riechen Angst und verfolgen sie gnadenlos. Drum wandle ohne Furcht, Junge! Hane beschloss ein Wagnis. Ein stilles Gebet an Boron in Gedanken, er möge ihn vor dem Wahnsinn den der Nebel brachte, schützen, wollte er voranschreiten. Er wollte die Arme die nach ihm griffen ignorieren und sie einfach ohne einen Schwung seines Haumessers hinter sich lassen, doch er war wie gelähmt. Die Angst hatte sein Blut eingefroren. Sie hatte seine Beine fest im Boden verankert und ihn unfähig gemacht sich von der Stelle zu rühren. Was, wenn er falsch lag? Was wenn er sich geradewegs in die Niederhöllen begab, wenn die grausigen Nebelarme ihn endlich erreichten? In letztem Moment nahm er die länger werdenden Finger wahr, die gerade nach seinem Auge greifen wollten und schlug mit dem Haumesser zu um sie zu zerfasern. Er konnte dem Nebel nicht entkommen! Das Wabern kam immer näher, drohte ihn komplett einzuhüllen. Er war allein, er war auf sich gestellt. Niemand würde ihm helfen können. Niemand würde ihm helfen wollen! Er war ein Niemand! Er war allein. Die aufwallende Panik zwang ihn in die Knie. Das Blut rauschte in seinen Ohren. Sein Puls dröhnte in seinem Kopf. Über das Dröhnen donnerte von weit entfernt eine Stimme. Eine Stimme, die ihm bekannt vorkam. Sie fluchte lauthals und jubelte einer Dame namens Ronja zu. Hanes Geist klärte sich und die Panik zog sich schlagartig zurück. Er war nicht allein! Er hatte Begleiter, nein Freunde, bei sich. Er besann sich auf das Wagnis und setzte einen raumgreifenden Schritt in die Nebel hinein. Sie zerstoben in alle Richtungen und wichen eilig vor ihm zurück.

„Die Nebel sind Bildnisse eurer Ängste! Lasst die Ängste hinter euch und die Nebel werden wieder die lächerlichen Schwaden, die sie vorher waren. Mir nach!“ Hanes Stimme versuchte Sicherheit und Zuversicht in die Herzen seiner Begleiter zu pflanzen und er hatte ersten Erfolg. Die Schläge des Schwerts und des Kriegshammers verlangsamten sich, bis Oleana und Carl Seite an Seite aus dem Nebel traten und mit jedem weiteren Schritt mehr an Sicherheit gewannen. Sie drehten nun deutlicher vom Sumpf ab und ließen den Nebel bald hinter sich.

Oleana brach das Schweigen. „Wenn die Nebelgestalten nur Bildnisse unserer Ängste waren… Wie kommt es Carl, dass gerade du furchtloses Abbild eines Kriegers sie zuerst gesehen hast?“ Auf ihrem Gesicht breitete sich ein Grinsen aus, das sich nur verstärkte, als sie die verärgerte Miene Carls sah. Dieser hatte offenbar ebenjene Erkenntnis für sich auch schon ausgewertet und sich entschieden sie für sich zu behalten. Seine Verärgerung, dass auch Oleana zu diesem Schluss gekommen war, ließ ihn nun ein wenig amüsiertes „Schweig still!“ in ihre Richtung bellen. Oleana prustete los und Hane gab dem Hünen einen Klapps auf die Schulter und schritt an ihm vorbei tiefer in den Wald hinein. Er war froh, dass Carl sein Grinsen nicht sehen konnte…

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„Ich hab was gefunden. Ihr werdet es nicht glauben, aber die Schweine scheinen tatsächlich keine Ausgeburt der Fantasie unseres Herrn von und zu Eberschreck gewesen zu sein. Seht ihr das hier?“ Hane bedeutete seinen beiden Kameraden in die Knie zu gehen und wies mit der Hand auf eine Reihe Abdrücke im Waldboden. Bellrik II. schnüffelte bereits emsig auf dem Boden herum und wedelte mit dem Schwanz. „Ich würde schätzen, dass hier bestimmt ein knappes Dutzend Schweine lang kam. Sie sind dort entlang gegangen, wenn ich mich nicht täusche ist dies Richtung Norden. “

Angestachelt von der Erkenntnis das tatsächliche, das eigentliche Ziel ihrer Hatz vor Augen zu haben, schöpften die Gefährten neue Kraft und folgten den Spuren der vermeintlichen Wildschweine. Unterwegs malten sie sich in Gedanken aus, wie die Unwesen wohl tatsächlich aussehen würden…

Nach einer gefühlten Ewigkeit, der Tag müsste wohl in wenigen Stunden vorüber sein, gab Hane ein Zeichen anzuhalten. Er deutete nach vorn und zeigte den Gefährten was er erblickt hatte. Eine Wiese mit zahlreichen bunten Blumen, schillernd in den verschiedensten Farben. Ein allgemeines Summen verriet, dass auch Insekten hier reiche Ernte hielten. Unzählige Pilze wuchsen ebenfalls unter den Blumen und Hane konnte einige von ihnen bereits auf die Entfernung als giftig identifizieren. Was außerhalb der Brache giftig ist, wird innerhalb der Brache wahrscheinlich den sofortigen Tod bringen… Er behielt seinen Gedanken für sich und wies seine Gefährten lediglich erneut darauf hin möglichst nichts anzufassen, geschweige denn zu essen. Nach wenigen Augenblicken rührte sich etwas auf der Wiese und aus einem Erdloch erhob sich ein riesiger Igel. Als sich das Wesen aufrichtete, stellten sich auch die Stacheln des Ungetüms auf. Farblose Stacheln. Wie aus Glas sahen sie aus. Sie erhoben sich aus widerlichen Hautgeschwüren, die den gesamten Rücken des Biests übersäten. Lang wie ein Unterarm waren die Stacheln und vielfach gefüllt mit grünlichen, violetten oder rötlichen Flüssigkeiten. Der Igel hatte sich offenbar einen Pilz geschnappt und reckte nun seinen Kopf genüsslich in die Luft. Seine Schnauze war die eines Schweins. Ein zufriedenes Grunzen ertönte aus der Kehle des Ungetüms.

„Carl, wie wär‘s? Möchtest du die Schlunder Kurbel nochmal testen? Bei den Hasenenten hat sie wunderbar funktioniert. Wenn wir sie für die Eber nutzen wollen, sollten wir vorher einmal die entsprechende Größe an Ungetüm ausprobiert haben…“ Hane versuchte Zuversicht zu verbreiten, wenn auch der Anblick des Schweinigels ihm Übelkeit bereitet hatte.

„Was würde sich besser anbieten als ein Vieh mit Giftphiolen auf dem Rücken. Erinnert mich an den drecks Giftmischer in Tobrien, der das ganze Dorf zu Berserkern gemacht hat. Den hat dein Pfeil im Kopf auch ganz gut aufgehalten, Hane.“ Carl war bereits dabei die gegerbten Häute aufzufalten, die die Armbrust vor Feuchtigkeit schützen sollten, um die Waffe aus dem Wagen zu holen. Oleana klappte leise eine weitere Kiste auf, in der die Bolzen verstaut waren.

„Dort drüben sind zwei Bäume, die wir als Position beziehen können.“ sagte Oleana mit der sachlichen Ruhe einer erfahrenen Kämpferin. Hane entging dennoch nicht, dass sie sehr um Fassung zu ringen hatte und nur mühsam das Beben in ihrer Stimme kontrollieren konnte.

„Gut, nimm 4 Bolzen mit. Für mehr werden wir ohnehin keine Zeit haben. Hane nimmt ja auch seinen Bogen. Wenn das Vieh dann nicht erlegt ist, sollten wir ohnehin klettern oder rennen.“ Carl spannte die Sehne vorsichtig um kein verdächtiges Geräusch zu machen. Hane begab sich unterdessen leicht abseits von der Position um das Biest von zwei Seiten attackieren zu können.

Die Sehne war gespannt. Einmal Blickkontakt zu Carl. Ein kurzes Nicken. Eins. Zwei. Drei. Einatmen. Vier. Fünf. Sechs. Luft anhalten. Sieben. Acht. Neun. Alles war angespannt. Zehn. Knall. Ein Bolzen. Knall. Ein Pfeil.

Es schepperte als die beiden Geschosse in das Wesen einschlugen. Mindestens zwei der gefüllten Stacheln waren zerborsten und die Metallspitzen hatten sich tief in den Rumpf des Schweinigels gebohrt. Ein ohrenbetäubendes Quieken schallte über die Wiese, als das Biest sich panisch umguckte von wo der hinterhältige Angriff gekommen war. Mit wütenden, zu Schlitzen verengten Augen, blickte das Biest nach wenigen Herzschlägen direkt zu Hane. Das schmerzhafte Quieken wurde von Wut, Hass und Mordlust zu einem markerschütternden Schrei verzerrt, der das Blut in den Adern Hanes zum kurzzeitigen Erfrieren brachte. Erde, Moos und Unrat stob auf, als das Ungetüm sich in Bewegung setzte. Doch auch Hane war nicht untätig geblieben. Ein weiterer Pfeil wartete bereits auf seiner Sehne und schnellte nun in Richtung des Schweinigels. Er glitt an einem der Stacheln ab und traf so nichtmehr frontal auf den Rumpf. Ein langer blutiger Striemen zog sich über den Rücken und der Pfeil verschwand im Dreck. Fliegenschwärme jagten auf das Schwein zu, angelockt vom Geruch des Blutes. Die Schnauze des Ungetüms hieb nach den Insekten und kurz schien das Wesen hin und hergerissen, welchem Feind es sich zuerst zuwenden wollte. Die ersten Fliegen waren gelandet und begannen ihr Festmahl. Knall. Ein Bolzen zischte von der Seite heran, durchschlug einen Stachel und bohrte sich tief in die Flanke. Eine grüne Gischtwolke erhob sich. Alle Fliegen die mit der Wolke in Berührung kamen ließen ein lautes Zischen ertönen und stürzten aus ihrem Flug hinab auf die Wiese wo nur noch kleine Rauchschwaden von ihnen übrig blieben. Die Entscheidung wurde dem Schweinigel also abgenommen und es beschleunigte erneut seine Schritte in Richtung Hane. Einen letzten Pfeil würde er noch verschießen können, dann galt es zu rennen. Er visierte das rechte Auge des Biests an. Hasserfüllt blickten ihn die Schlitze an, als der Kopf des Ungetüms näher und näher kam. Er ließ den Pfeil fliegen, der aus kurzer Distanz mitten durch die Stirn in den Kopf einschlug. Die Beine brachen unter dem massigen Körper weg, das Biest überschlug sich und einige Stacheln zerbarsten, während andere im Boden stecken blieben. Das Ungetüm ließ eine Schneise der Verwüstung zurück. Sämtliche Blumen, Pilze und sonstigen Gewächse rund um die Überreste des Schweinigels waren entweder zertrampelt, oder vergangen.

Hane war auf Verdacht dennoch losgerannt und traf Carl und Oleana auf halbem Weg, denn auch die beiden hatten sich in Windeseile in Bewegung gesetzt. „Puh, das war knapp! Auf einen Kampf Angesicht zu Angesicht wollte ich es echt nicht ankommen lassen… Guckt euch die Verwüstung an, die das eine Vieh gemacht hat…“ Hane deutete auf die Wiese, wo das Monstrum nun regungslos lag.

„Die Stacheln könnten eine gute Waffe gegen die Eber sein. Wenn wir es da wirklich mit einem Dutzend Biestern zu tun haben, können wir jede Hilfe gebrauchen…“ Oleana deutete auf die im Boden steckenden Stacheln.

Vorsichtig nährte sich Hane einem Stachel, der keine offensichtliche Befüllung hatte. Er betrachtete ihn genau aus verschiedenen Winkeln und kam zu dem Schluss, dass er wohl tatsächlich leer war. Er atmete tief durch und schnippte einmal kräftig gegen den Stachel. Kaum war sein Finger auf den Stachel getroffen, warf er sich zur Seite und begrub das Gesicht unter den Händen. Es geschah nichts. Er blickt auf, sah den Stachel unbeschädigt und das ungläubige Gesicht Carls. Der Hüne blickte ihn an und brach in schallendes Gelächter aus. „Oh furchtloser Ritter der Brachenwacht, lasst mich euch aufhelfen! Was für ein Sprung!“ Auch Hane konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen, während Oleana argwöhnisch in den dunklen Wald rundherum schaute.

„Der Stachel fühlt sich an wie Glas. Und seht! Da wo sie ausgerissen sind, ist offenbar das Geschwür mit ausgerissen. Das wirkt jetzt wie ein Stopfen… Das grüne Zeug kann offenbar Fliegen zerstören, also sollte es hoffentlich auch gegen Eber helfen. Haben wir etwas um die Stacheln sicher zu verpacken? Vielleicht können wir ein paar Pfeile und Bolzen umpacken und eine der Kisten mit Moos ausstopfen. Dann sollten sie hoffentlich heil bleiben.“ Hanes Worte wurden mit zögerlichem Nicken beantwortet. Carl schaffte ihm kurz darauf eine leere Kiste herbei, die Hane präparierte. Er nahm drei der massiven Stacheln, zwei mit grünlich gefülltem Inhalt und einen leeren und legte sie behutsam in die Kiste.

„Warum der leere?“ fragte Carl.

„Ich werde schauen, dass ich es irgendwie hinbekomme einen Wurfspeer daraus zu machen. Ich hatte nicht vor die Stachel als Dolch zu verwenden. Und wenn ich schnitze und Lederriemen um den Stachel binde, kann ich gut auf den Nervenkitzel verzichten…“ Hane hatte die Kiste geschlossen und sie behutsam wieder auf den Karren verladen.

Die kleine Jagdgesellschaft machte sich auf um noch ein bisschen Wald zwischen sich und die Wiese zu bringen, denn schließlich war es sehr laut und auffällig am Ort des Kampfes gegen den Schweinigel gewesen und sie wollten alle nicht herausfinden wessen Aufmerksamkeit sie damit geweckt hatten. Hane suchte ein passendes Lager für die Gruppe und sie begannen mit der notdürftigen Befestigung des Schlafplatzes. Hane machte sich einige Notizen und eine grobe Skizze des Schweinigels um die Erkenntnisse darüber festzuhalten. Insgeheim nahm er sich vor einen der Stachel aus der Brache zurückzubringen um daran Untersuchungen anstellen zu lassen.

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Die Nacht brach über den unheiligen Wald und das Feuer der Gefährten war zu einer Glut geworden. In Hanes erster Nachtwache war alles ruhig geblieben und er hatte Carl geweckt als es Zeit für den Wachwechsel war. Nur schwer fand er den Schlaf, immer wieder kursierten die Bilder der Nebelgestalten und des Schweinigels vor seinem geistigen Auge. Nach den anstrengenden Tagen und den wenig erholsamen Nächten übermannte ihn schlussendlich aber doch der Schlaf. Am Rande seines Bewusstseins nahm er die schweren Schritte Carls wahr und irgendwann das Rascheln als der zweite Wachwechsel anstand und Carl die Plätze mit Oleana tauschte. Er glitt wieder tiefer in den Schlaf. So tief, dass er das Knacken, und Schmatzen, das Reiben und Rascheln überall um ihn herum nicht wahrnahm…



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Texte der Hauptreihe:
K2. Tag 1
K3. Tag 2
K4. Tag 3
K5. Tag 4
K6. Tag 5
K7. Tag 6
K8. Tag 7
Autor: Ostbrisken