Geschichten:Schwarzer Weg - Kopflose Reise durch den Spätherbst

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Irgendwo im nördlichen Garetien, im Spätherbst 1038 BF

Riksbert sah in den eisblauen Himmel, während der von einem Ochsen gezogene Leiterwagen langsam auf dem Weg dahinholperte. Der Bauer mit Gehöft unweit von Pulsahain war zufrieden mit sich und der Welt. Er hatte Heu von seinem Nachbarn geholt, genug um seine Kühe über die kalte Jahreszeit zu bringen, dem er dafür ein großes Fass Winteräpfel geliefert hatte. Er hatte nicht viele Kühe, aber genug damit nicht nur sein Wagen gezogen wurde, sondern sie auch immer frische Milch, Schinken und andere Leckereien für die Wintersonnenwende am ersten Tag des Firun machen konnten. Seine gute Josmine machte wunderbar gewürzte Rindswürste. Und dazu würde er den guten selbstgebrannten Apfelschnaps ausschenken. Er leckte sich bereits in Gedanken die Lippen daran.

Ein Trappeln hinter ihm ließ ihn aufschrecken. Ein Trupp Reiter galoppierte über den eher abseits gelegenen Weg. Es waren 9 Reiter, Vorne und hinten je zwei nebeneinander und in der Mitte der Gruppe einer in einer dunklen bis schwarzen Robe, die Kapuze über den kopf gezogen. Ob das wohl ein Geweihter des schweigsamen Herren Boron wäre? Je näher sie kamen um so mehr bemerkte Riksbert, dass sie keine Anstalten machten langsamer zu werden. Nun erkannte er auch, dass die acht Begleiter des Schwarzberobten in der Mitte in Leder und Kettenhemden gerüstet waren sowie Äxte und Schwerte am Sattel trugen. Er wusste mit Herren, die sich mit solchen Kämpfen umgaben, war in aller Regel nicht zu spaßen und er suchte eilends sein Gefährt an den Wegesrand zu lenken, damit die Gruppe genug Platz zum gefahrlosen vorbeireiten hätte. Schnell nahm er auch die Filzkappe vom Kopf und beugte sein Haupt ehrerbietig. So merkte er gar nicht, dass einer der Reiter die Axt vom Sattelbaum zog und sie dem armen Mann mit vollem Schwung durch den Hals hackte, dass sein Kopf davonflog und er selbst vom Wagen kippte. Die Reiter hielten umgehend an.

"Bei den Niederhöllen, was sollte denn das, Bodo?", raunzte ein anderer der Reiter den Axtschwinger an.

"Aber seine Gnaden hatte doch gesagt: keine Zeugen. Da dachte ich..."

"Und du glaubst, wenn du hier einem Bauern den Kopf abschlägst wird das nicht dazu führen, dass man Fragen stellt und uns verfolgt?", herrschte ihn der Sprecher der Kämpfer an, der breitschultrig war und einen struppigen schwarzen Bart mit buschigen Augenbrauen über ausgeprägten Überaugenwulsten, die die nun zornig blitzenden Augen wie in schwarzen Höhlen in dem breiten Gesicht liegen ließen.

"Daran hab ich nicht gedacht...", sagte Bodo mit eher nachdenklichem als schuldbewußtem Blick in den Augen.

"Verflucht nochmal, dass Du nicht denkst haben wir schon gemerkt!"

"Nun, Randolph, das wird nun leider nichts am Ergebnis ändern", schaltete sich der Schwarzberobte an den Schwarzbart gerichtet ein. "Also entsorgt die Leiche gewissenhaft und prägt euren Leuten ein, dass solch unbefohlene Eigeninitiative eher schadhaft als hilfreich ist."

"Natürlich euer Gnaden", eilte sich der offensichtliche Anführer der Kämpfer zu antworten. "Ihr habt es gehört, nehmt die Leiche und wir werden sie da hinten am großen Tümpel versenken. Und achtet darauf die Spuren hinterher zu verwischen."

Ohne Murren machten sich die übrigen sieben an die Arbeit. Den Karren ließ man stehen, da er sich ohnehin nicht verstecken ließ. Kopf und Körper des Toten wurden mit Steinen beschwert in einem trüben Tümpel versenkt, Spuren am Ufer gewissenhaft verwischt oder Laub und ähnlichem versteckt. Derweil sah der Schwarzberobte geradezu teilnahmslos zu, wie die Arbeit verrichtet wurde. Nach nur wenigen Augenblicken war der Tatort gesäubert und der Trupp setzte ungerührt seine Reise fort. Es war ohnehin nur ein unglücklicher Zufall gewesen heute überhaupt jemanden getroffen zu haben, wo normalerweise nicht einmal Einhemische zu dieser Jahreszeit anzutreffen waren. Doch bis man die Mordtat entdeckt hätte wären sie sowieso längst über die Grenzen dieses Landstriches hinaus.