Geschichten:Schattenkrieger - Das fünfte Rad am Wagen

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Das fünfte Rad am Wagen


Gut Streitzig in Streitzensfeld, letzte Boronwoche 1037 BF


»Er tut was?« Konnar von Rallerquell glaubte seinen Ohren nicht zu trauen; Jorris von Alka legte fragend die Stirn in Falten, und die Hausherrin Godelind von Streitzig schüttelte den Kopf.

»Er lässt ein Horoskop erstellen«. Sinya Phexiane von Aschenfeld-Streitzig wiederholte wie zur Bekräftigung noch einmal die Worte ihres Gemahls - und letztlich war es ja ohnehin sie gewesen, die die Nachricht über die nebligen Pfade des Fuchses erhalten hatte.

»Eine Schlacht schlägt man nicht nach den Sternen, sondern nach dem rechten Wetter!« polterte Konnar von Rallerquell. »Wo um alles in der Welt hat der denn diesen Unfug her?«

»Angeblich von Mühlingen«, erwiderte Wulf.

»Mühlingen? Dass ich nicht lache! Der Blutige Ugo gibt sich mit solchen Narreteien ab?« Jorris von Alka konnte sich das Schmunzeln nicht verkneifen.

»Es kommt noch viel besser!« schnaufte der Baron von Uslenried. »Der Cantzler zieht mit dem Kaisermärker Obristen umher und kümmert sich um Zeitpunkt von Heerschau und Schlacht, wobei er noch den Blutigen Ugo befragt. Kann ja sein, dass er auch mit Reiffenberg gesprochen hat, aber dieser Greifenfurter Möchtegernmarschall kocht ja eh nur sein eigenes Süppchen! Mich aber hat keiner gefragt.« Die behandschuhte Faust knallte auf den Tisch. »Pah! Reiffenberg, Mühlingen, Luring! Aber sollen sie man machen und sich in die Nesseln setzen. Und wer darf den Karren dann wieder aus dem Dreck ziehen? Ich. Wäre ja nicht zum ersten Mal. Da kommt man sich doch vor wie das fünfte Rad am Wagen. Aber die werden mich noch kennenlernen, diese Bastarde!« Wieder krachte die Faust. »Kurzum: Ich fühle mich hintergangen, aber hochgradig!« Selten hatte sich der Uslenrieder derart in Rage geredet, denn eigentlich pflegte er eher die stille Wut. Aber was zu weit ging ging nun einmal zu weit.

Konnar nickte, Jorris, der dies bemerkte, tat es ihm gleich.

Nur Godelind, die Heermeisterin des jüngeren Hauses Streitzig, behielt wie so of die Ruhe. »Und was gedenkst Du nun zu tun, werter Vetter?« Dabei warf sie den beiden anderen Frauen im Raum einen Blick zu, nachdem bislang fast nur die Männer geredet hatten. Doch Sinya, die bereits wusste, was ihre Gatte im Schilde führte, schwieg ebenso wie Jessa al Tern, die seit der Ankunft auf dem Gut noch nicht ein Wort gesprochen hatte - sehr wohl aber bereits eingeweiht war.

»Eine gute Frage, werte Godelind!« pflichtete Konnar stattdessen bei.

Wulf atmete tief ein und straffte sich. »Wir brauchen eine alternative Strategie. Schon der Greifenzug war eine solche Maßnahme, und von der Zitadelle über Puleth und dem was folgte brauche ich wohl gar nichts mehr zu sagen. Gelaufen sind sie wie die Hunde, diese Möchtegern-Kriegshelden!«

»Ja, besonders der Hirschfurten, der sich lieber bei seinem nunmehrigen Schwiegerpapa eingeschleimt hat«, feixte Landritter Jorris.

»Und das Seitenwechseln wie das Fähnlein im Wind bei der Dreikaiserschlacht«, sinnierte der Junker von Rallerquell.

»Genug davon.« Godelind warf Jorris einen bösen Blick zu.

»Der Anfang, meine Herrschaften, ist ja bereits gemacht. Fragt Euch ruhig einmal, warum ich wohl so viele Waldsteiner in den Stab berufen habe, und zwar nicht aus dem Zweifelfelser Dunstkreis. Was ich brauche ist ein Stab, auf den ich mich verlassen kann, mit Leuten, die im Zweifelsfalle schnell und ohne zu palavern reagieren, wenn es nötig ist - insbesondere, wenn es nötig ist, dass jemand das Kommando übernimmt, der dazu fähig ist und etwas davon versteht - wenn Ihr versteht, was ich meine, und davon gehe ich aus; denn sonst wärt Ihr nicht hier. Und ich versichere Euch, dieser Moment wird kommen, so sicher wie der Gongschlag zur Praiosstunde! Und ich will, dass dann alles bereit ist. Wer nicht spurt, dem geht es wie dem alten Waldtreuffelingen, da gibt es keine Gnade!«

Jessas Mundwinkel verzogen sich bei diesen Worten zu einem leisen Grinsen. Sinya hingegen presste die Lippen aufeinander.

Wulf fuhr fort. »Ich erwarte Stillschweigen über das, was hier und heute gesagt wurde. Und wenn es irgendetwas gibt, was geeignet sein könnte, um Reiffenberg und meinetwegen auch dem Cantzler eins auszuwischen, dann lasst es mich wissen. Ebenso, wenn es an der Zeit ist, andere mit ins Vertrauen zu ziehen - aber die endgültige Entscheidung darüber treffe ich, verstanden?«

Godelind, Konnar und Jorris nickten; mit ernster Miene, wie Wulf zufrieden feststellte.

Denn eines war klar: Die Dinge hatte sich in den vergangenen Jahren nicht zum besseren entwickelt, und dass er sich einstens wünschen würde, dass Praiodan von Luring noch erster königlicher Rat wäre hätte er sich auch niemals träumen lassen...