Geschichten:Schatten über Waldstein Teil 5

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Leihenbutt, Nacht vom 22. Auf den 23. Rahja 34 Hal:

Tief in den Gewölbekellern von Burg Leihenbutt hatte der finstere Schwarzmagus Bartholomäus ein dunkles Beschwörungsritual vorbereitet. Zwei Pentagramme, ein großes als Bannkreis für den zu rufenden Morcan und ein kleineres für ihn selbst als Schutzkreis, um zu verhindern, dass der Dämon, ein niederer aber dennoch sehr mächtiger Diener der Präzentorin der heulenden Finsternis, Besitz von seinem Geiste nehmen könnte. Er war ein erfahrener Beschwörer und Nekromant, und normalerweise verzichtete er zumindest bei niederen Dämonen auf solche Zusätze und Ritualerleichterungen wie Donaria und Paraphernalia, aber diesmal wollte er alles richtig machen und das Risiko eines Fehlschlages so gering wie möglich halten. Viele seiner jüngeren Kollegen hatten ihrem Leben oder gar ihrer Seele ein unfreiwilliges Ende beschert, weil sie die Gefahren, die auch schon beim Rufen der kleinen Dämonen vorhanden waren, schlichtweg ignoriert hatten. Er hatte kein Mitleid mit diesen Narren, doch ihr Beispiel lehrte ihn, Vorsicht walten zu lassen.

In seinen Schutzkreis hatte er mit Beschwörerkreide Zahyad-Symbole für Schutz, Dämonen und Thargunitoths Domäne eingefügt, der Bannkreis beinhaltete zusätzlich noch Donaria wie ein wenig Glas von zerbrochenen Boronstempelfenstern, Knochenmehl von zerfallenen Leichnahmen, ein paar verkohlten Rabenfedern und als besonderes Prachtstück das linke Auge eines Borongeweihten, das Bartholomäus dem Besitzer vor etwa einer Woche ausgestochen hatte. Ja, er hasste Geweihte, nicht nur die des Boron sondern alle Geweihte der verfluchten Zwölfe, vor allem die des Praios, die sich den Wissenschaften im Namen heuchlerischer Moralvorstellungen verschlossen und seine Art der Forschung verdammten. Er würde ihnen nie verzeihen, was sie ihm in den Folterkellern der Inquisition angetan hatten. Noch immer zierten Brandnarben seine Arme und seine Brust und die Narben der blutigen Striemen auf seinem Rücken waren auch noch nicht verheilt. Der Hass war stärker geworden in der letzten Zeit. Hatte er sich früher noch damit begnügt, hin und wieder anonyme Schmähschriften gegen die Kirchen zu verbreiten und hier und da mal was aus Tempeln zu stehlen, reichten seine Aktionen heute von brutaler Gewaltanwendung und Geweihtenmord bis zu Tempelzerstörungen, wie vor etwa zwei Jahren in Leihenbutt geschehen. Vielleicht war das der Grund, weshalb ihn die Comtessa so schätzte, schließlich waren dies in der letzten Zeit auch ihre bevorzugten Mittel gewesen. Sie sollte sich in ihm nicht getäuscht haben. Wie auch immer, ihr Wunsch war es, ihren fahnenflüchtigen Mann gründlich zu erschrecken. „Erschrecken, pah! Sie weiß ja nicht mal annährend, wozu meine Dämonen in der Lage sind. Was will sie überhaupt noch mit diesem Schwächling von Baron? Glaubt sie allen ernstes, er würde jemals noch zu ihr zurückkehren? Ihr das Vorgefallene verzeihen? Nachdem was er alles herausgefunden hat? Völlig utopisch. Ich hatte ihr gleich geraten, sie solle ihn beseitigen, aber sie wollte ja nicht hören. Na fein, jetzt ist er weg und kann uns möglicherweise aus der Ferne schaden. Nur gut dass wir jetzt diesen Spinner von Reichsvogt als Druckmittel haben... Hm, ich würde zu gerne das Gesicht des Hirschfurteners sehen, wenn er es erfährt.“

So vor sich hin sinnierend schloss Bartholomäus die letzten Vorbereitungen ab und entzündete mit einer Fackel die dunkelgrünen Kerzen, während er einen düsteren Gesang intonierte. Langsam erfüllte sich der Raum mit Rauch, der zusehends dichter wurde. Bartholomäus prüfte noch einmal die Lage. Ein bewusstloses Bauernmädchen, in dessen Körper der Dämon vorübergehend einfahren sollte, hing kraftlos in an die Wand geschmiedeten Eisenketten. Eine abgebrochene Lanzenspitze, an dem noch ein kleiner Rest angetrockneten Blutes zu sehen war, durch welches der Dämon die Fährte des Barons aufnehmen sollte, lag bereit. Als er befand, dass alles fertig vorbereitet war, begab sich in den Schutzkreis, sorgsam darauf bedacht, keine der Schutzlinien zu durchbrechen. Er stellte sich barfuss und breitbeinig in einer herrischen Pose auf und rief die uralte Formel der Macht, die noch aus Fran-Horas Zeiten überliefert worden war: „Furor, Blut und Sulphurdampf, helfet mir bei diesem Kampf! MORCAN, erscheine!“