Geschichten:Schatten über Waldstein Teil 3

Aus GaretienWiki
Zur Navigation springen Zur Suche springen

Leihenbutt, 20. Rahja 34 Hal, abends


„Bien, wo waren wir? `auptmann von Eslamsbrück, euren Berischt.“

Erwartungsvoll schlug Simiona die Beine übereinander, während sie einen Schluck vom guten Yaquirtaler nahm, ein Luxus, der in diesen Zeiten selbst bei ihr nicht mehr selbstverständlich war. Wie inzwischen üblich, hatte sie ihre engsten Vertrauten zu einer Stabssitzung in den Salon von Burg Leihenbutt beordert, um ihr weiteres Vorgehen zu besprechen. Neben Hauptmann von Eslamsbrück waren auch noch ihr Magier Bartholomäus, ihr Leibwächter Roderik und ihre Jagdmeisterin und Top-Agentin Dana anwesend. Der Streuner Thyrian befand sich derzeit auf einer Erkundungsmission in Gareth, oder besser, in dem was von Gareth noch übrig war.

Der Hauptmann ergriff das Wort: „Unsere Truppenzahl beläuft sich inzwischen auf gute zwei Banner, Comtessa. Erst gestern konnten wir einen größeren Trupp Deserteure der Reichsarmee, ehemalige leichte Ragather Reiterei, unter Sold nehmen. Eine erste Überprüfung zeichnete sie als recht passable Kämpfer aus. Ihre Loyalität gilt offenbar nur noch ihrem Brötchengeber.“

„I’ r solltet sie dennoch im Auge be’alten, `auptmann. Isch möschte beim kleinsten Anzeischen von Unstimmigkeiten oder Zweifel unterrischtet werden, klar?“

„Selbstverständlich, Comtessa, ich werde darauf achten. Nun zur strategischen Situation: Im Süden tut sich derzeit nichts. Der Baron von Streitzig hatte offenbar ebenso wie euer Gemahl größere Verluste in den letzten Schlachten, die er nun erst einmal auszugleichen bedacht ist. In den nächsten Wochen droht uns von dort wohl keine Gefahr. Im Osten sind die Grenzen gut gesichert. In der Baronie Bärenau herrscht weitestgehend Anarchie. Möglicherweise könnten wir dort bald Fuß fassen. Um Puleth hat sich ein mittelstarker Verband von Truppen gebildet, die aber primär die Reste des Siegestempels zu bewachen scheinen. Ob es sich um reichstreue oder andere Söldlinge handelt, ist uns nicht bekannt. Von Mühlingens Truppe hält sich derzeit in der Nähe der Burgen um Gareth auf und somit außerhalb unseres Einflussgebietes. Unsere Truppenpräsenz im Norden ist immer noch zu schwach. Das waldreiche Gebiet ist einfach zu unübersichtlich. Es treiben sich mindestes fünf Dutzend Renegaten in den Wäldern herum. Nicht alle sind uns feindlich gesonnen, viele begnügen sich auch mit dem terrorisieren kleinerer Dörfer und Gehöfte. Andere wagen vereinzelte Aktionen gegen unsere Truppen, die aber bisher meistens erfolgreich zurückgeschlagen werden konnten.“

„Unbedeutend. Was ist mit der Schwerterordensburg?“

„Von Burg Osenbrück haben wir seit Wochen keine Kunde mehr. Möglicherweise ist sie inzwischen verlassen. Der Baron von Osenbrück ist, soviel ist inzwischen sicher, gefallen.“

„Gut, dann verleiben wir uns dieses Fleckschen Wald als nächstes ein. Damit ge`ört mir etwa ein Drittel Waldsteins. Dana, gibt es was Neues von der Elfe?“

Die rothaarige Dame räusperte sich: „Es sieht so aus, als ob sich die Elfen gänzlich aus den bewohnten Gebieten Waldsteins zurückgezogen haben. Angeblich wurde irgendwo mitten im Reichsforst eine uralte Elfenstadt wieder entdeckt. Die Gräfin scheint sich nun ganz auf das Erkunden der alten Elfengeheimnisse versteift zu haben.“

„Oui? Das könnte auch für uns noch mal interessant werden. Mal abwarten was dabei `erum kommt. Wie sie`t es mit der Zwölfgötterpräsenz in der Grafschaft aus?“

Da meldete sich der finstere Bartholomäus zu Wort. „Die wenigen Geweihten, die sich noch in unserem Gebiet aufhalten sind mehrheitlich alt und schwach und stellen keine wirkliche Gefahr da. Den letzten durchreisenden Borongeweihten habe ich auf, sagen wir, meine Art eliminiert. Ihr könnt seine leere Hülle nun im Keller bewundern. Der Traviatempel ist nach dem ach so tragischen Tod Mutter Travines nun wieder verwaist und wartet darauf, einem neuen Zweck zugeführt zu werden, Comtessa.“ Dabei konnte er sich ein vieldeutiges Grinsen nicht verkneifen. Seine Augen blitzen unter der Kapuze leicht auf, so dass dem ein oder anderen der Anwesenden ein Schauer über den Rücken lief.

Simiona ergriff wieder das Wort. „Das wird er, das lass mal meine Sorge sein. Zuletzt, wie geht es meinem Mann?“

Keiner der Anwesenden wollte sich dazu äußern.

Simiona wurde ungeduldig. „Nun? Was ist mit ihm?“

Roderik antwortete: „Er verkriecht sich immer noch bei seinem Bundesbruder in Syrrenholt. Angeblich sammelt er seinerseits Truppen, um… Ihr wisst schon.“

Simiona blickte verächtlich in die Runde. „Er wird unseren Plänen nischt im Weg ste`en. Wenn er es wagt, misch `erauszufordern, wird er sisch wünschen nie geboren worden zu sein.“

„Wenn Du es willst, Comtessa, kann ich ihn erledigen, schnell oder langsam, ganz wie du wünschst“, warf der Schwarzmagier ein.

Simiona überlegte kurz, dann sagte sie: „Nein, noch nischt. Aber ein wenisch erschrecken könntest du i’n ja…“

In diesem Moment klopfte es an der Türe.

„Oui?“

Ein Soldat trat ein. „Die Südpatrouille ist am Burgtor eingetroffen. Sie haben jemanden dabei, offenbar jemand von Adel. Und er wünscht Euren Gemahl zu sprechen.“

„Ein Adliger? Sprisch, `at er seinen Namen genannt?“

„Ja, Herrin. Er gab an, sein Name sei Hilbert von Hartsteen, seiner Aussage nach Vogt zu kaiserlich Sertis.“

Ein Lächeln ging über Simionas Gesicht. „Der gute `ilbert also? Das könnte sehr interessant werden. Nur zu, bitte i`n `erein. Wir wollen einen guten Freund Nimmgalfs doch nischt warten lassen, nischt wa`r?“ Die Anwesenden grinsten verschwörerisch, dann verließen sie auf einen stummen Wink Simionas hin den Saal.