Geschichten:Schäumende Wasser - Schlangenjagd

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Auf dem Darpat, höhe Stadt Rabicum, Markgräflich Perrinmarsch, Ende Hesinde

Kampflärm war nun von allen drei Schiffen zu vernehmen. Die Windhatz hatte sich mittlerweile an den Rand des Algenteppichs manövriert, konnte sich allerdings nicht vollends aus seinem Griff lösen. Neben den deformierten Krabben waren unterdessen auch eine Hand voll Wasserleichen an Bord gelangt, die nun den Seesoldaten und Efferdgeweihten zu Leibe rückten. Dabei gingen die aufgedunsenen Körper - Überbleibsel der Gaulsfurter Schlacht von vor etlichen Jahren - besonders perfide vor und drängten ihre Kontrahenten an die Reling, was wiederum dem nachkommenden Algenteppich die Möglichkeit eröffnete einige der, sichtlich überraschten, Seesoldaten zu packen und in die Tiefe zu ziehen. “Gebt uns Zeit! Das ist kein normaler Algenteppich und eure Waffen werden nicht viel gegen diesen Boten der Niederhöllen ausrichten können!”, rief Aleidis Rabek zu den Seesoldaten, welche gemeinsam mit Kapitänin von Hardenstatt gegen die Wasserleichen vorgingen. Währenddessen bekämpfte Bärfried, zusammen mit zwei Seesoldaten, an der Bugseite der Windhatz zwei weitere Untote und erkannte am - nun nahen - Hafen Rabicums, wie auch dort ebenfalls eine Hand voll Wasserleichen mit deformierten Krabben aus dem Wasser die Kaimauer erklommen hatten und für niederhöllisches Chaos sorgten.

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Die Hafenarbeiter und sonstigen Personen, die zurzeit am Hafen Rabicums weilten, hatten wie gebannt den Geschehnissen auf dem Darpat zugesehen und so hatte niemand vernommen, wie zuerst deformierte Krabben, dann aber auch aufgedunsene Körper aus dem Wasser gestiegen waren. Ein heller Schrei hatte die Aufmerksamkeit der Menschen zurückgeholt und nach weiteren kurzen Augenblicken war ein Durcheinander sondergleichen ausgebrochen. Hafenarbeiter ließen Kisten und Säcke fallen, eine Malerin, die hier am Hafen den Fluss in einem ihrer Gemälde einfangen wollte, stieß in Panik ihre Staffelei um und rannte einen der wenigen Büttel um. Bevor die unheiligen Kreaturen selbst handeln konnten, waren einige schon ins Wasser gefallen oder lagen auf dem Boden und kamen nicht mehr auf. In diesem ganzen Durcheinander befand sich Leodane von Firunslicht-Bleichkraut, gemeinsam mit ihrer Tochter Yandrade und Hermine von Klingweiler. Eigentlich hatten Mutter und Tochter lediglich einen kleinen Ausflug unternehmen wollen und waren hier nur zufällig mit der alten Dame zusammengetroffen. Jetzt hatten sie jedoch alle Mühe, einerseits im Gedränge nicht getrennt zu werden und andererseits vor den mit Seetang behangenen Wasserleichen zu fliehen. Doch die alte Kammerherrin von Burg Thannfest war nicht mehr gut zu Fuß und so wurde die Gruppe abgedrängt und fand sich schnell vor zweien dieser schrecklichen Wesen wieder. Der einen Kreatur fehlte der gesamte Unterkiefer und statt des linken Arms hatte sie nur noch einen Stumpf, aus dem der modrige Knochen herausragte. Der rechte Arm war weitgehend intakt und hielt einen rostigen Säbel in der Hand. Der andere Ertrunkene war in einem weit besseren Zustand. Ihm fehlte lediglich ein Auge und sein Brustkorb war übersät mit Schnitten oder Einstichen. Leodane packte ihre Jüngste und drehte sich um, in der Hoffnung dorthin zurückzukommen, wo sie herkamen. Hermine von Klingweiler war dafür nicht ansatzweise gelenkig und schnell genug. Sie stieß einen tonlosen Laut aus, als das Kurzschwert des Ertrunkenen in ihren Oberkörper fuhr und den linken Lungenflügel durchstach. In Aufregung stolperten Mutter und Tochter über eine Unterarm große Krabbe, mit seltsam deformierten Panzer, und flogen der Länge nach hin. Die Edle zu Salcaprea rappelte sich unbeholfen auf und sah aus den Augenwinkeln wie sich hinter ihr etwas Aufbaute und schon machte sie sich bereit das nächste Opfer dieser Wesen zu werden. Doch zu ihrer Überraschung blieb das entsprechende Gefühl aus. Erst jetzt erkannte die Frau, dass hinter ihr kein aufgedunsener Körper stand, sondern ein klatschnasser Mann, dessen schulterlanges weiß-blondes Haar wie ein Helm an seinem Kopf klebte und der soeben die Klinge mit einem der Unwesen kreuzte. “Lauft! Ich komme nach!”, herrschte der junge Mann die überraschte Frau an. Diese ließ sich dies nicht zweimal sagen, packte ihre Tochter an der Hand, rannte gemeinsam mit ihr in eine der Seitengassen, öffnete dort die erste Tür, deren sie habhaft werden konnte und fand sich in einem fast leeren Lagerraum wieder. Lediglich eine Handvoll Kisten, die schon Staub angesetzt hatten, standen hier neben der Tür. Kurze Zeit später stolperte ihnen der Mann in das verlassene Lagerhaus nach. Einige Schnittwunden hatte sich der Einäugige zugezogen, sonst schien er - abgesehen von der klatschnassen Kleidung - unversehrt zu sein. “Habt dank werter Herr! Ihr seid zur richtigen Zeit am richtigen Ort gewesen. Sagt, werden wir verfolgt?”, wollte die Edle zu Salcaprea wissen. Der Blonde zog eine große Kiste vor die Tür und schüttelte dann den Kopf, “nein, diese Kreaturen sind weder besonders schnell noch besonders klug. Ich konnte sie abschütteln”. “Ich danke Euch Herr…?”, “von Hardenstatt. Bärfried von Hardenstatt. Aber bevor wir weiterreden, lasst uns nach anderen Ausgängen suchen, nicht dass wir in der Falle sitzen”, gab sich der Ritter zu erkennen.

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Die Seeschlange schien die Präsenz des Südweisers zu spüren. Denn bald schon wendete sie ihren langen schuppigen Hals dem Flusssegler zu, der ihn beherbergte. Sie war bereits im Begriff, ihr massiges Maul auf die Windhatz herunterfahren zu lassen, als ihr etwas enorme Schmerzen zu bereiten schien. Die Pragmatiker unter den Efferd-Geweihten malten derweil eifrig Schutzzeichen in die Luft, während die Mystiker in einer Art Gebet versunken zu sein schienen. Wieder entließ das Ungetüm einen markerschütternden Schrei und suchte sich mit der Admiral Dozman ein neues Ziel. Als der Geweihte Ludrian von der Brücke dies bemerkte, rannte er unerschrocken zum Bug des Schiffes und begann seinerseits Schutzzeichen in die Luft zu malen. All das dauerte Yanda aber zu lang, also befahl sie abermals zu feuern, doch die Geschosse schienen nicht die gleiche verheerende Wirkung zu haben wie noch bei der ersten Schlange. Mit einem fürchterlichen Knacken biss das Ungeheuer in eine der Rotzen und verschlang den Matrosen gleich mit der Waffe.

Auf der Elida von Salza hatten die Udapothen das Schiff nun nahezu überrannt, auch wenn man sich erwehren konnte. Von der Gruppe am Bug waren nur noch einige leblose oder verletzte Körper an Deck zu sehen und auch am Heck standen lediglich noch eine Hand voll Adliger und der Kapitän. Diese bildeten dort in nahezu rondraheiliger Weise Rücken an Rücken einen letzten verzweifelten Verteidigungsring gegen zwei dieser ekelhaften Dämonenwesen. “Volle Kraft an den Rudern!”, Yanda wusste, dass Alafir Leuwangen nicht mehr viel Zeit blieb. Noch immer hörte sie unter sich Kampfeslärm und trotz ihres Befehls fing keines der Ruder an sich zu heben oder zu senken. Irgendetwas war da unten gewaltig schiefgelaufen. An die Reling gepresst, stand auch Embolo der ODL-Magier, seine Hand lag auf seiner Schulter und die Kommandantin konnte nicht genau zuordnen, was er dort tat. Dann hörte man plötzlich seine Bassstimme durch den immer stärker aufziehenden Wind dröhnen. “Ignifaxius!”, schrie er in das Rauschen und aus jedem seiner Finger löste sich ein Flammenstrahl, der zur Elida hinüberschoss und dort in jeweils einem der Udapothen einschlug. Kaum noch ein Gurgeln dring aus den Kehlen der roten Oktopus-Dämonen, als sie alle zu einer glibbrigen Masse auf das Deck zusammenfielen, ganz so, als hätten sie nie einen Knochen in ihren Körpern gehabt. Auch Alafir Leuwangen wurde von einem der Strahlen im Gesicht getroffen und ging direkt zu Boden.

Auf der Windhatz standen nun, abgeschirmt von den Kämpfern und anderen Efferd-Geweihten, die drei Mystiker Aleidis Rabek, Efferdan dylli Turakis und Simmering Flössler mit ausgebreiteten Armen am Bug und schrien jeweils etwas kaum noch Verständliches in den tosenden Wind. Es musste eine echte Herausforderung sein, sich zwischen all den Ungeheuern, Untieren und Untoten so auf die eigene Gottheit einzulassen. Doch es schien zu funktionieren, denn die Sturmböen peitschten mittlerweile so stark über die Decks der Schiffe, dass manche der Untoten genau wie die Lebendigen, die nichts fanden, um sich festzuhalten, einfach umgeweht wurden.

Auf der Admiral Dozman wurde der Kampf gegen die Seeschlange langsam immer intensiver. Der Schutzkreis des Schmugglerkönigs schien funktioniert zu haben, doch war er bei weitem nicht so stark wie der seiner Glaubensbrüder auf der Windhatz. Bei jedem Stoß auf das Schiff, zwischen denen die Schlange immer wieder in den Fluten verschwand fauchte sie unter Schmerzen auf, doch das schien sie nur noch wütender zu machen, offensichtlich aber irritiert von etwas gänzlich anderem. Mittlerweile hatte sie alle Geschütze auf dem Flaggschiff zerstört und so wurde der Besatzung befohlen, in einen verlustreichen Nahkampf zu gehen. Doch blieb auch der Mannschaft nicht verborgen, wie sinnlos dieses Unterfangen war. Also blieben manche einfach zurück oder sprangen direkt über Bord, um sich vor dem Ungetüm zu retten. Yanda wusste, was sie nun zu tun hatte. Die Sonderflottille würde nicht winselnd und fliehend zu Grunde gehen. Dafür… für diesen Moment ist sie einmal Kapitänin geworden. Mit gemächlichen Schritten ging sie auf den ramponierten Bug ihres Schiffes zu. Sie sah eine riesige schwarze Wolke die sich in schnellem Tempo durch das Darpat-Tal auf sie zu bewegte. “Welch passendes Wetter für mein Ende.”, dachte die Kommandantin und zog in einer ausladenden Geste ihren Offizierssäbel. “Sankt Efferdane! Darpaaaaaat!”, schrie sie mit einer grimmigen Grimasse, als sie ihren Schritt beschleunigte und auf das Ungeheuer zu lief. Und tatsächlich, angestachelt von ihrem Mut, folgten ihr die verbliebenen Seesoldaten in das letzte Gefecht. Bis sie noch im Rennen von einer riesigen Druckwelle, gepaart mit einem kräftigen Sog und gleißendem Licht, rückwärts zu Boden geworfen wurde. Erst kurze Zeit später hörte sie den ohrenbetäubenden Knall, der zu dem Blitz gehört hatte, der soeben in die Seeschlange eingeschlagen war, während Hagelregen auf sie eingeprasselt und sie von einer enormen Kraft unter die Wasseroberfläche gezogen worden war. Von dieser blieb wenig übrig außer ein paar Wellenringe, die die Seesoldaten und Untoten wiegten, die sich gerade im Wasser befunden hatten.

Die Böen ließen langsam nach und auch das Wasser beruhigte sich wieder. Der Algenteppich, der sich hier ausgebreitet hatte, löste sich langsam glucksend auf und verschwand allmählich. Die Efferdgeweihten auf der Windhatz sahen ausgemergelt und gleichzeitig verklärt aus. Die deformierten Krabben verschwanden entweder in den Fluten des Darpats oder blieben leblos liegen. Selbst die Wasserleichen fielen um; ihres unheiligen Lebens beraubt, waren sie nichts weiter als die Überreste derer, die in den Fluten des Flusses einst ihr nasses Grab gefunden hatten. Kapitänin von Hardenstatt half einem der Seesoldaten auf und ließ ihren Blick über das Deck schweifen.

Unbemerkt in all dieser Hatz hatte Jovis von Cardebas mit dem Südweiser gestanden und intoniert. Von ihm war ein tiefe Ruhe in all dem Chaos ausgegangen, eine Ruhe die wohl auch die Konzentration der Efferdgeweihten und den Mut der Kämpfenden gestärkt hatte. Doch niemand hatte davon Notiz genommen.


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Texte der Hauptreihe:
Autor: DreiHund, Vlad