Geschichten:Schäumende Wasser - Die Flottille und die Schule der Austreibung

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Schule der Austreibung, 10. Efferd 1043 BF

Nur wenige Momente der Erklärung blieben Sebald, als sich ihre Wege auch schon zu trennen drohten. Die Spitze des großen fünfeckigen Turms der Schule der Austreibung war bereits am Ende der Straße gen Praios zu sehen.

“...und so habe ich dann dem Stadtgardisten weiß machen können, dass ich als Mitglied der Admiralität die Schiffsteile schleunigst einer Untersuchung unterziehen muss.
Aber das Kontor liegt noch voll mit deiner Wolfsjäger.
Es sah fast so aus als wollten sie das Schiff da drin wieder zusammen nageln, beziehungsweise das was davon übrig ist.”
Sebald von Gerben schloss beinahe etwas zu belustigt schnaubend seine Erzählung und blieb in der Mitte der Kreuzung vor dem aufragenden steilen Felshang stehen.

“Du und ein Mitglied der Admiralität?! Das wünschst du dir vielleicht, aber dem Gardisten kannst du mit einem Dreispitz auf dem Kopf sicher viel erzählen.”
Auch Yanda hatte die Geschichte ihres Onkels sichtlich gefallen, ein heiterer Lichtblick in diesen Tagen - und sie drückte ihn zum Abschied kurz.
Sebald und die Matrosen waren im Hinblick des offiziellen Anlasses weswegen sie unterwegs waren sichtlich überrascht über die herzliche Geste.

“Bis bald, Onkel und vielen Dank für Deine Hilfe. Wäre doch gelacht wenn ich diese Magistra Moriani mit der Konkurrenz zu den Grauen Stäben nicht doch noch ködern könnte.”

“Ach, das ist Dein Plan? Ich habe mich schon gewundert, wen du wohl an der Schule kennst, dass du um die horrenden Gebühren der Analyse herum kommst.
Aber das ist wahrlich ein phexgefälliger Plan.
Der Listige sei dafür mit Dir Yanda. Auf Bald!”

Mit einem Klacken des Holzbeins und einem Rattern des Holzrades entfernten sich die beiden Parteien voneinander.

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Die in ihre weiß und dunkelblaue Uniform gekleidete Kommandantin der Perlenmeerflotte klopfte mit einem kleinen Türhammer unter dem Mannloch an der großen doppelflügeligen Tür an.
Eine steife, lauwarme Brise pfiff vom Meer über die breite Brücke, die zum Hauptturm der Magierakademie führte.
Bald kam sie sich vor wie eine Hausiererin. Wie eine Marktdame, die unbescholtenen Bürgern an der Haustür Dinge verkaufen wollte, die sie weder haben wollten, noch brauchten.
Dann öffnete sich das kleine Metalltürchen in der Pforte und ein junges weibliches Gesicht mit blauen Augen umrahmt von langen blonden Haaren kam darin zum Vorschein.
So schnell wie die Klappe sich geöffnet hatte, schossen auch die Augenbrauen der jungen Frau nach oben.
So eine Abordnung der Perlenmeerflotte mit einem Karren im Schlepptau war sicherlich kein alltäglicher Anblick an dieser Pforte. Wobei es sicher auch nicht das ungewöhnlichste war, was hier jemals vor den Toren stand. Bei einer Akademie mit Anschluß an das Noioniten-Kloster gab es wirklich skurrile Besucher und Zwischenfälle. Nicht gerade Wenige haben dieses Tor sogar nur ein einziges Mal durchschritten, nachdem sie hier geklopft haben.

“Wie.. kann ich helfen?”, begrüßte die blonde Dame die Besucher verwundert aber freundlich.

“Ich bin Kommandantin Yanda von Gerben, von der Sonderflottille, wir schickten bereits ein Schreiben voran und ich habe einen Analyseauftrag für die Schule der Austreibung. Der liegt auf diesem Karren.”, erklärte die kurzhaarige Kapitänin.

“Oh, hoher Besuch. Ja natürlich, dann werde ich euch erstmal öffnen.”

Hastig hörte man wie die Dame Riegel und Bolzen beiseite schob, bevor ein leichtes metallisches Knarren den Weg ins Innere frei gab.
Nun konnte Yanda die Dame, die ihnen geöffnet hatte ganz erkennen. Ihrem Anzug nach zu urteilen, war sie noch keine fertige Magierin.

“Vielleicht so etwas wie die Scholarin vom Dienst?”, dachte sich Yanda und wartete bis der Schubkarren nach ihr in den Gang gerollt kam.

“Bitte hier entlang, Kapitänin.”

Die schlacksige Scholarin öffnete ihnen eine Tür zur ihrer Linken. Die Matrosen waren geistesgegenwärtig genug den stinkenden Kadaver im Gang stehen zu lassen, bevor sie in den Wartesaal eintraten.

“Ich darf Euch bitten hier ganz kurz zu warten, ich werde Magistra von Pfiffenstock holen, damit sie sich der Sache annehmen kann.”, die Scholarin verwies auf die einladenden bunten Sessel an der Wand.

Yanda, die sich gerade einigen auffälligen Trophäen und glänzenden Ausstellungsstücken in einer Vitrine näherte, wandte sich noch einmal um.

“Eine von Pfiffenstock ist mir unbekannt. Ich wünsche mit der Vize Spektabilität Moriani zu sprechen.”
Yandas Tonfall wurde plötzlich deutlich autoritärer. Sie wusste, dass ihr Plan, oder zumindest einige Dukaten daran hängen würden, mit wem sie sprach.

Die Scholarin hielt im Türrahmen inne.
“Ihre Spektabilität ist aber eher für die magica contraria zuständig. Unsere Spezialistin für die magica analytica ist Magistra...”

“Mir sagen Eure magischen bosparano Worte gar nichts und ich verlange in diesen Belangen mit der Spektabilität Moriani zu sprechen!”
Yanda baute sich zur vollen Größe auf. Sie wusste wie ignorant sie klang, aber das war ihr in diesem Moment egal. Während die Scholarin nickte und sich zum Gehen wandte, sah sie ganz deutlich das genervte Augenrollen der blonden Schülerin.

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“Dritter Platz der Perricumer Imman-Meisterschaft 1034BF. Hat die Imman-Meisterschaft hier nicht nur vier Mannschaften? Man, diese Magier sind ja echte Nieten. Ehrlich gesagt habe ich auch nichts anderes erwartet.”, ein belustigtes Schnauben ihrer zwei verbliebenen Begleiter quittierte Yandas abfällige Bemerkung, dabei war sie selber keine große Immankennerin.

Yanda betrachtete gerade einen aufwändig gestickten Wandteppich mit dem prächtigen Abbild eines Magier-Zwerges darauf, als sich die Tür zum Empfangsraum abermals öffnete.
Darin stand eine alte Frau mit streng nach hinten gebundenen Haaren und wenigen tiefen Falten, die dem Gesicht einen weisen Ausdruck verliehen.

Als sie auf Yanda zutrat sah man ihren simpel geflochtenen, aber dennoch beeindruckend langen Zopf aus blau schimmernden Haaren, der ihr bis zur Hüfte baumelte.

“Guten Tag Kapitänin! Habt Ihr dieses stinkende Tier hier herein geschafft?”, mit genervtem Unterton begrüßte die Magisterin die Kommandantin.

“Freut mich, dass Ihr es einrichten konntet, Eure Spektabilität.
Genau, dabei handelt es sich um einen Delfin, den wir aus der Darpatmündung gefischt haben. Er ist von einer schleimigen Flüssigkeit benetzt. Wir vermuten, dass diese Vorfälle eng mit den Geschehnissen am Darpat und mittelbar auch mit den schrecklichen Vorfällen des Lichterfestes zusammenhängen.”, erklärte Yanda in versöhnlichem Ton.

“Mhh das ist nicht mein Spezialgebiet. Die magische Analyse wird durch die…”, Selara Moriani hielt inne und schien das richtige Wort zu suchen, “... Komplexität und Größe dieses Objektes auch nicht gerade billig.”
Yanda von Gerben brannte innerlich darauf mit der nächsten Bemerkung ihren phexgefälligen Plan umzusetzen.

“Das dachte ich mir bereits, natürlich sind Euch die nötigen Gelder der Sonderflottille zugesichert und wie unser vorbereitendes Schreiben ist die Sache von höchster Wichtigkeit. Wie lange würde diese Analyse denn dauern?”

“Nun dazu muss ich noch einen Antrag an die Akademieleitung stellen und danach die Berechtigungen an die zuständigen Magister auszustellen. Einen Mond müsstet Ihr uns dafür auf jeden Fall Zeit geben. Vielleicht etwas mehr. Bei hoher Dringlichkeit vielleicht auch etwas weniger.”, die stellvertretende Spektabilität legte grübelnd die Stirn in Falten.

“Oh, das ist ja deutlich länger als die Grauen Stäbe dafür brauchen. Aber nun gut, wenn ihr es hier an der Schule der Austreibung nicht schneller schafft, dann muss ich wohl damit leben. Auch wenn diese Ereignisse wichtig für das bereits bekannte Zusammentragen in Gaulsfurt sind.”, erwiderte Yanda beiläufig.

“Die Grauen Stäbe? Habt ihr die arkanen Inquisitionäre desgleichen damit beauftragt? Es muss erwähnt sein, dass diese ein wenig wissenschaftliches Vorgehen pflegen.”, die Magisterin war von einem auf den anderen Moment wie ausgewechselt.

“Ja sie wollen Reichsstadt, Markgrafschaft und Efferd-Kirche bei der Aufklärung dieser schlimmen Nacht helfen und verzichten sogar großzügigerweise auf ihre Bezahlung, aber das erwarte ich natürlich nicht von der Weißen Gilde.” Yanda endete in einem resignierten Tonfall.

“Ach, wie meinen? Die Weiße Gilde hilft in diesem Fall natürlich auch mit größtem Pflichtbewusstsein der Ordnung gegenüber. Sagt es doch gleich, dass es um solche hehren Belange geht. Unsere Expertise wird für uns sprechen.
Ich denke unter diesen Umständen bekommen wir es mit großer Sicherheit auch schneller hin, Ich werde das Projekt höchstpersönlich betreuen.
Jetzt setzt Euch erst einmal an den Tisch und erzählt mir was Ihr schon beobachtet und welche Vermutungen Ihr bezüglich dieses Delfinsterbens habt. Alles was uns bei der Analyse helfen könnte.”, überfreundlich deutete die Magisterin an das andere Ende des Empfangssaals.

Während Yanda den Raum durchschritt konnte sie sich ein Grinsen nicht verkneifen, auch wenn ihr und der Efferdskirches Anschreiben vermutlich noch auf irgendeinem Ablage eines verwaltenden Schreiberlings lag, so wie die Dinge hier anscheinend angegangen wurden.
Sie hatte gehofft, dass die Magierin darauf anspringen würde. Von ihrem Vater Gorond musste sie sich schon öfter langgezogene Beschwerden anhören, wie sich Magisterin Selara Moriani und Magus Bodiak von den Grauen Stäben in langen Ratssitzungen im Perricumer Stadtrat Wortgefechte leisteten und sich gegenseitig in magischen Belangen überboten.

Die Grauen Stäbe und die Schule der Austreibung verband nicht nur die örtliche Nähe beider Einrichtungen sondern auch eine lange Rivalität, die vor allem auf dem Hass von Magisterin Selara Moriani gegenüber den anderen Gilden fußte.
Yanda hatte auf das Ehrgefühl der schwarzhaarigen Zopfträgerin vertraut und ihr Plan war perfekt aufgegangen.
Phex hatte Yanda zum ersten Mal seit langem einmal wieder zugezwinkert und es fühlte sich gut an. Wie eine warme Brise die ihr sanft über den Körper strich.


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Texte der Hauptreihe:
10. Eff 1043 BF
Die Flottille und die Schule der Austreibung
Tümmler in der Darpatmündung


Kapitel 30

Tümmler in der Darpatmündung
Autor: DreiHund