Geschichten:Schäumende Wasser - Bei den Reshminianern II

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Burg Finsterbinge, Baronie Gluckenhang 14.Efferd 1043 BF

Miria schaute über das weit auslaufende, hügelige Tal. Ein Windhauch stob durch die saftig grünen Blätter der Esche, unter der sie saß und ließ ihre Haare tanzen. Sie schaute hoch in die Baumkrone und blinzelte gegen das Sonnenlicht an. Die Blätter erinnerten sie an das fließende Wasser des Darpat, wie sie so im Wind ununterbrochen, spielend aneinander stoben und beinahe zu einer Einheit wurden.

Miria durchfuhr ein stechender Schmerz in der Brust und sie wusste nicht ob es Wehmut oder die Bewegung ihres Armes war, der noch immer von einer Schlinge um ihren Hals stabilisiert wurde. Mit ihrem gesunden Arm stützte sie sich am breiten Stamm der Esche ab und versuchte aus ihrer sitzenden Position aufzustehen. „Warte, ich helfe Dir“, sagte Muritani, die ihren Versuch bemerkt hatte.
Muritani Nouachott war eine junge Frau, die fast noch ein Mädchen zu sein schien. Ihr Gemüt erinnerte Miria an das des sonnendurchfluteten Tales, ruhig, besonnen manchmal aber auch wie der Wind aufbrausend und voller Leben. Sie trug, wie Miria, eines der beigen Leinenkleider, das vor langer Zeit bestimmt einmal heller gewesen war. Zudem trug sie, im Gegensatz zu Miria, eine gemusterte Schürze, in der sie ihre Arbeitsutensilien und andere nützliche Dinge, wie beispielsweise Körner für die Hühner in einer der unzähligen Täschchen verstauen konnte. Ihr schwarzes Haar hatte sie unter einem schmutzigen Tuch damit es ihr beim Arbeiten nicht in die Augen fiel. Ein ungewöhnlicher Anblick für die Reshminianer, waren diese doch bisher bekannt dafür gewesen hauptsächlich adelige Mitglieder zu haben. Und doch wirkte die dunkelhäutige Frau nicht fehl am Platz.


Sie schaute Miria fragend aus ihren stechend grünen Augen an. Sie war Miria als Hilfe zugeteilt worden und kümmerte sich aufopferungsvoll um sie. „Das ist nicht nötig, ich schaffe das schon.“, sagte Miria während sie einen zweiten Versuch startete und sich schließlich mühevoll aufgerichtet hatte. Seit einigen Tagen hatte man ihr erlaubt das Bett zu verlassen und Muritani bei ihren täglichen Arbeiten im Garten Gesellschaft zu leisten. Zwar saß sie die meiste Zeit nur unter der großen Esche im Schatten und schaute Muritani dabei zu, wie sie sich liebevoll um das stetig wachsende Obst und Gemüse kümmerte, wie sie die Schafe auf die Herde trieb und die Hühner fütterte.
„Ich werde mir kurz etwas Wasser vom Brunnen holen, die Sonne war wohl etwas zu heiß für mich“, verkündete Miria.
„Das kann auch ich übernehmen. Lass mich Dir helfen“, bot Muritani schnell an, doch Miria schüttelte entschlossen den Kopf.
„Ich schaffe das schon. Danke, Muri.“.

Sie lief langsam los, noch immer etwas wackelig auf den Beinen, aber kein Vergleich zu den Tagen, wenn nicht sogar Wochen, die sie im Bett verbracht hatte. Sie lief vorbei an den hochgewachsenen Bohnenstangen, die sich der Sonne entgegen reckten, vorbei an den Ställen, in denen das Vieh in der Nacht untergebracht war und stockte, als sie ein Geräusch hinter der Scheune hörte. Das Summen der Bienen schien heute lauter zu sein. Einen kurzen Moment überlegte Miria es zu ignorieren, doch dann entschloss sie sich doch kurz nachzusehen.
Vor den vier Bienenstöcken am östlichen Ende der Scheune stand Malina von Niederriet. Miria hatte sie nur ein einziges Mal zuvor gesehen. Als sie kurz nach ihrer Ankunft auf ein Gespräch mit von Niederriet gebeten wurde, an das sie sich kaum noch erinnern konnte. Aber auch jetzt strahlte sie so viel Achtung und Anerkennung aus, wie ihr das der Titel als Erste Feldrittmeisterin dieser Gruppe Einsiedler eben geben konnte. Im Gegensatz zu den beiden anderen trug sie nicht das übliche, einfache Leinenkleid, sondern eng anliegende Hosen aus glänzendem Stoff, ein besticktes Oberteil und einen uniformartigen Mantel, der selbst im Schatten zu warm zu sein schien.
Als sich der Blick der Feldrittmeisterin zu Miria wandte, schreckte diese auf. Die Verwundete trat leicht zögerlich aus dem Schatten der Scheune hervor, den Kopf leicht geduckt, als wäre sie bei etwas ertappt worden. Einen Moment darauf erinnerte sie sich daran wer sie einmal gewesen war - Miria von Gaulsfurt - und sofort hob sie ihren Kopf wieder.
„Was wollt Ihr, Miria die aus dem heiligen Darpat gekommen ist.“, ihre Hände ruhte auf dem Deckel eines der Bienenstöcke, ganz ungeachtet der summenden Bienen, die sie zahlreich umschwirrten. Sie wirkte entrückt.
„Ich war auf dem Weg mir etwas Wasser vom Brunnen zu besorgen. Es ist sehr warm“, antwortete diese schnell.
„Hier werdet Ihr es nicht finden.“, sagte von Niederriet ruhig. Fast so ruhig, dass ihre Stimme im Summen untergegangen wäre.
„Ich weiß, ich habe nur die Bienen gehört. Sie sind heute sehr laut.“, stellte Miria fest und Malina nickte bedenklich.
„Ja, Ismalir ist heute ganz besonders unruhig.“
„Wer ist Ismalir?“, fragte Miria verwundert, da sie sonst niemanden in ihrer Nähe entdecken konnte.
„Sie ist unsere Bienenkönigin. Die Größte unserer vier Völker um genau zu sein. Und sie ruft nach Dir. Sie bereiten sich darauf vor. Ich kann es spüren und Du kannst es hören.“


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Texte der Hauptreihe:
14. Eff 1043 BF
Bei den Reshminianern II
Ach, mein alter Darpat


Kapitel 32

Bei den Reshminianern III.
Autor: Laura S.