Geschichten:Sagen und Legenden aus Waldstein - Die Macht der Erde

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Königlich Neerbusch, Junkertum Eibenhain, Gut Eibenheim, Namenlose Tage 1033 BF


Dramatis Personae


Gut Eibenheim, Namenlose Tage 1033:

Elaya von Feenwasser stand mit ihren beiden Urenkeln Allessandrian und Duridanya am Fenster des kleinen Salon und schaute über die rußgeschwärzte Burgruine im Feenwasser hinweg zum Reichsforst. Während der Namenlosen Tage war es auf dem heimatlichen Gut noch ruhiger als sonst, kaum einer wagte sich nach draußen. Auf einmal hörten sie ein lautes Rumpeln aus dem oberen Stockwerk, das die beiden Kinder zusammen zucken ließ. „Habt keine Angst, meine Lieben, das ist nur euer Vater beim Versuch den Speicher aufzuräumen.“ Die alte Dame lächelte ihre Urenkel an. „Kommt, wir gehen in den unteren Salon zu Firuna und Salin und dann erzähle ich euch eine Geschichte...!“ „Au ja!“ rief Allessandran und auch Duridanya schien sichtlich froh über diese Ablenkung zu sein.

Im unteren Salon angekommen, setzte sich Elaya in einen breiten Ohrensessel und die vier Kinder ließen sich vor ihr auf dem Boden nieder. Auch Firuna und Salin waren hoch erfreut nun eine Geschichte zu hören.

„Vor vielen hunderten von Götterläufen, in einer Zeit die die Menschen die Dunkle Zeit nannten, waren die menschlichen Reiche schwach, die Götter hatten sich von ihnen abgewendet. Von überall drohten Gefahren, so wie die Schwarzpelze, die die Lande verheerten die wir heute Greifenfurt nennen. Es herrschten finstere Götter und das Leben der Menschen war erfüllt von tagtäglichen Qualen.“ Schauder lag in den Augen der Kinder, die gespannt jedes Wort aufgesogen hatten. „Unser stolzes Gareth lag in Trümmern nachdem der Kaiser von Bosparan finstere Dämonen auf die Stadt gehetzt hatte. Eine Gruppe Flüchtlinge macht sich auf den beschwerlichen Weg gen Norden, nichts ahnend, dass sie dadurch einem anderen Feind direkt in die Arme liefen...“

„Den Schwarzpelzen!“, rief Duridanya abgeklärt.

„Ganz richtig mein Kind, auf der Flucht vor den Schwarzpelzen mussten sich die Menschen, die meisten von ihnen waren Frauen und Kinder, im Reichsforst verstecken, der damals wie heute als verwunschen galt. Ihr Anführer war Sarion, ein Töpfermeister aus Gareth. Die Menschen waren am Ende ihrer Kräfte und Sarion wusste nicht, wie er sie vor dem sicheren Tod bewahren sollte, war ihnen das Jagdglück doch ausgeblieben. Die erschöpfte und verzweifelte Gruppe schlug schließlich ihr Nachtlager in einem von Eiben bewachsenen Hain auf...“ Die alte Frau machte eine kurze Pause um ein Schluck Wasser zu trinken.

„Bitte erzähl weiter!“ rief Firuna ungeduldig. Die Kinder hingen förmlich an den Lippen ihrer Urgroßmutter und schauten sie mit großen Augen an.

„Des Nachts erschien Sarion im Traum ein Schwarm Schwalben der ihm den Weg zu einer Lichtung zeigte... als er am frühen Morgen erwachte, machte er sich so gleich auf die Suche nach dieser geheimnisvollen, Nebel verhangenen Lichtung. Wie von einem inneren Drang getrieben erreichte er diesen geheimnisvollen Ort und betrat den Jahrhunderte alten, wenn nicht gar Jahrtausende alten Steinkreis und blieb vor dem Altar stehen. Nebelschwaden hingen in der Luft, die den gestandenen Mann erschauern ließ. Wie ein Blitz fuhr auf einmal etwas in ihn hinein und eine dreifach klingende Stimme sprach zu Sarion `Ich bin das Leben...der Tod...und die Wiedergeburt - der heilige Kreislauf der Erdmutter. Lebt nach den Gesetzen des Waldes und der Wald wir auf euch Acht geben´. Als der Blitz wieder aus Sarion hinaus fuhr, wusste er was er zu tun hatte... seine neue Herrin hatte ihm im Geiste ein wunderschönes, fruchtbares Tal gezeigt, wohin er die Seinen führen sollte.“

„Das soll sie gesagt haben?“, entfuhr es aus Duridanya skeptisch, „woher weißt du dass denn so genau nach all den vielen Götterläufen?“

„Die Götter haben dich wahrlich mit einem klugen und alles stets hinterfragenden Geist beschenkt, meine Kleine“, Elaya lächelte ihre Urenkelin an, „Diese Legende erzählt man sich schon seit vielen Generationen... aber passt weiter gut auf, ich bin noch nicht fertig.“

„Warum soll es so nicht passiert sein?“, erwiderte Allessandrian, der gebannt der Geschichte gelauscht hatte, „der Wald ist voller Sachen die wir nicht verstehen... auch du nicht, Duri.“

„Sehr richtig. Also führte Sarion die Menschen in das Tal, das er in seinen Visionen gesehen hatte und sie ließen sich dort nieder und nannten es Njertal, das so viel bedeutet wie `fruchtbares´ oder `nährendes Tal´. Doch lange währte die Freude der Menschen nicht, berichteten doch ihre Späher, dass die Schwarzpelze ihnen auch hierher nachstellen würden... Verzweiflung machte sich breit. Sarion zog sich zurück und folgte dem Verlauf des Baches stromaufwärts bis zur Quelle. Dort ließ er sich zu Boden fallen um die urtümlichen Kräfte der Erde zu spüren und so seiner Göttin ganz nah zu sein.... auf einmal spürte er wieder diese Verbundenheit, wie er sie bei ihrer ersten Begegnung gespürt hatte und es war ihm so, als führe sie seine Hand, als spräche sie die Worte aus seinem Mund, die für ihn keinen Sinn machten... Noch vollkommen benommen von dieser göttlichen Erfahrung, kehrte Sarion spät in der Nacht zu den Seinen zurück und alle hatten einen unruhigen Schlaf, wusste doch keiner was der neue Tag bringen würde... Am nächsten Morgen, herrscht Unruhe unter den Menschen und Sarion wurde unsanft aus dem Schlaf gerissen.... einige um ihn herum sprachen von einem Wunder.“

„Was war passiert?“, wollte Firuna wissen und auch die anderen Kinder konnten ihre Aufgeregtheit kaum verbergen.

„Über Nacht war ein dichter Wald am Eingang des Tales gewachsen und hatte den Zugang zum Njertal verschlossen... es gab kein Durchkommen – die Menschen waren nun sicher vor den Nachstellungen der Schwarzpelze.“

„Aber sie waren auch im Tal gefangen“, merkte Duridanya kühl an. „Ach, sei doch ruhig, sie waren erst mal sicher, das ist das wichtigste“, führ Allessandrian seine Schwester an.

„Ihr habt beide Recht, die Menschen waren sicher vor den Schwarzpelzen, aber sie konnten das Tal auch nicht verlassen... aber das störte sie nicht, wichtiger war ihnen ein Leben in Frieden leben zu können, denn sie hatten im Tal alles was sie zum Leben brauchten.“

„Wie ging es weiter?“, wollte Firuna wissen.

„Sarion offenbarte den Seinen seine Visionen, die er im Eibenhain erlebt hatte, auch erzählte er von der Macht der heiligen Erde und von nun an verehrten die Menschen im Njertal die Dreigesichtige Erdmutter, den so nannte Sarion sie, als ihre Retterin in der Not und die Menschen schworen den Wald zu achten... Viele Jahre und Jahrzehnte vergingen, die Menschen hatten nun fast das ganze Tal besiedelt. Als Sarion schließlich - nach einem langen und glücklichen Leben - dem Tode nahe war, ging er wieder zur Quelle des Baches um seiner Göttin ein letztes Mal nahe zu sein und hier schlief er dann auch friedlich ein um nun endgültig in ihren Schoß zurück zu kehren.“ Elaya nahm einen weiteren Schluck Wasser zu sich. „Die Njertaler errichteten Sarion ein Grabmal an der Quelle des Baches und bauten eine prächtige Stadt darüber, die sie Eibingen nannten. Als die Bevölkerung so hoch anstieg, dass das Tal sie nicht mehr alle ernähren konnte, beteten sie am Grabe Sarions und am nächsten Tage tat sich ein Pfad auf durch den nördlichen Wald aus dem Tal...“

„Und die Schwarzpelze? Was ist mit denen?“, wollte Duridanya wissen.

„Die Schwarzpelze waren zu dieser Zeit keine Gefahr mehr, auch waren die Menschen nun viele und wehrhaft. So zogen einige von ihnen aus und siedelten längs der Breite. Die Nachkommen vom Blute Sarions wurden sogar von den Luringer Königen geadelt und zu Freiherren erhoben und herrschten fortan über die Freiherrschaft Eibingen, die so groß war wie Neerbusch und Serrinmoor zusammen.... Als Familiennamen wählten sie den Ort, an dem Sarion das erste mal ein Zeichen von seiner Göttin bekam.“ Elaya blickte die Kinderschar auffordernd an.

„Der Eibenhain.... sie nannten sich von Eibenhain“, brach es aus Duridanya heraus.

„Sehr richtig und noch heute kündet der Name dieses Junkertums von der Familie Eibenhain.“

„Und warum verehrt man die Dreigesichtige Erdgöttin hier heute nicht mehr?“ wollte Allessandrian wissen.

„Als die Kaiser in Bosparan wieder mächtig waren, legte einer von ihnen, Silem-Horas per Gesetz fest, welche Götter nun fortan zu verehren waren und die andern Kulte wurden verboten... So vergaßen die Menschen irgendwann die alten Geschichten um Sarion und das Wunder vom Njertal. Man sagt aber, dass die Familie Eibenhain weiterhin heimlich zu der Erdgöttin betete und das alte Wissen bewahrte...“

„Was passierte mit der Stadt Eibingen?“ wollte Firuna neugierig wissen.

„Das, meine Lieben, erzähle ich euch ein anderes Mal.“ Die alte Dame lächelte sanft, erhob sich von dem Sessel und ging zum Fenster. Allessandrian folgt ihr und er konnte einen Anflug von Trauer in den Augen seiner Urgroßmutter erkennen, als diese über den Feenwasser hinweg zum Reichsforst hin schaute...



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Texte der Hauptreihe:
1. Nam 1033 BF
Die Macht der Erde


Kapitel 1

Autor: Bega