Geschichten:Rot und Schwarz 24 – Hinterlassenschaften

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Burg Nymphenhall, am 27 Travia 1037BF.

Feucht modrige Luft durchzog den Raum, die gewölbte Decke war schwarz vom Ruß unzähliger Kerzen die hier gebrannt hatten. Er hatte die Keller von Nymphenhall betreten, die es zumindest unter dem Gesindehof tatsächlich gab, von deren Existenz aber nur die wenigsten etwas ahnten. Selbst die Schatzkammer befand sich in einem der Türme. Sorgfältig schloss er hinter sich wieder die Tür, denn er wollte nicht gestört werden. Spinnweben hingen allenthalben herum, schon lange hatte sich niemand mehr in dem Gewölbe aufgehalten. Eigentlich fünfzehn Jahre nicht mehr. Alles was von den alten Herren der Burg übriggeblieben war hatte er gleich zu Beginn seiner Herrschaft hier runter bringen lassen, und so moderte es nun vor sich hin. Alte Banner, aber auch Rüstungen, Kleider, Tand von denen die Nymer reichlich gehortet hatten. Auch Möbel, die mit deren Wappen, Sprüche etc. verziert waren, hatte er hierhin schaffen lassen. Davon hatte er keinem der Familie je etwas erzählt. Und die Söldner die damals anpacken mussten waren schon lange außer Landes oder Tot. Es war auch nicht wirklich wertvolles darunter, zumindest nicht auf den ersten Blick. Seine Gemahlin hätte mit Sicherheit insbesondere einige der Möbel wieder in der Burg aufgestellt, weswegen er ihr bis heute nichts von dem Gewölbe erzählt hatte. Es galt als feucht und unbenutzbar.

Gerettet damals hatte er nur die Dokumente, Bücher, Chroniken, Kontrakte, die er allesamt in die sicheren Archive der Helburg hatte verbringen lassen, wo sie noch heute darauf warteten gelesen und sortiert zu werden.

Beinahe wäre er über den alten Gobelin gestolpert, er wusste das sich darauf ein glorifizierte Stammbaum der Nymer befunden hatte, ein Grund mehr ihn hier vermodern zu lassen.

Dann endlich, in einer der hintersten Ecken, unter alten Fahnen und Bannern begraben, hatte er sie gefunden. Eine große Truhe aus bestem Eichenholz trotze den feuchten Bedingungen, auf ihrem Deckel war prunkvoll das Nymer Wappen geschnitzt und angemalt. Das Weiß des Einhorns war an einigen Stellen abgeblättert, und sein Auge schaute ihn vorwurfsvoll an. Gesichert war die Truhe mit einem massivem wenn auch verrostetem Schloss zu dem nur er den Schlüssel besaß, ebenso wie zu dem Keller.

Er öffnete das Schloss und hob den schweren Deckel an. Im Licht seiner Lampe erkannte er allerlei Krimskrams der Nymer. Überreste deren persönlicher Habe. Von Mammuton-Kämme, über emailverzierte Döschen, alte Orden, das goldenen Tintenfass, all der Plunder eine alten Dynastie. Sein Aufenthalt im letzten Jahr bei dem Konkordat, und vor allem die Suche nach diesen seltsamen Reliefsteinen, welche ihm in den Thermen zu Gareth Hausverbot eingebracht hatten, lies ihn nun hier drin stöbern. Er erinnerte sich an den Brief und das es einst eine Verbindung der Nymer zum Haus Falkenstein gegeben hatte. Wer weiß, vielleicht war einer dieser Bruchstücke noch in ihrem Besitz gewesen. Umso mehr er herumstöberte umso zorniger wurde er. Wie konnte eine dermaßen alberne Familie sich nur so lange halten. Beinahe achtlos warf er ein gewickeltes Samtröllchen zur Seite, woraus etwas herausfiel und klirren auf einen alten Pokal landete. Er nahm den Gegenstand, und musste laut auflachen. Warum in aller Welt bewahrte man einen Löffel auf. Bei näherer Betrachtung im Licht der Lampe war dieser kleine Löffel jedoch ein wenig seltsam. Am Kopf klebte eine dunkle Substanz, altes getrocknetes Blut. Am Stielknauf befand sich auf dem Blatt ein graviertes M mit einer Krone darüber. Und er war sich sicher, dass es sich um echtes Silber handelte, zumindest eine für Speisen gebrauchsfertige Legierung. Nun nahm er doch das Tuch zur Hand, im blauen Samt der Innenseite fand sich da Monogam LN und die Angabe 5G.II. Löffel, das Motiv dieses Löffels fand sich überall in der Burg wieder. Vor allem in den älteren nicht renovierten Bereichen. Er erinnerte sich an einige der alten Bilder, und begann diese zu suchen. Ihr Zustand war inzwischen recht jämmerlich, doch das eine oder andere konnte man noch erkennen. Jedem Porträt war entweder als Amulett an einer Kette, als Stickerei der Gewandung, oder sonstigem Beiwerk, das Symbol eines Löffels beigefügt. Meist sehr klein und kaum auffällig. Warum?

Er würde sich in die Archive begeben müssen, das nächste Treffen stand an, und es konnte nicht schaden gewappnet zu sein. Nicht das eine Nymer Tat noch fatale Auswirkungen hatte. Ein weiteres Bruchstück dieser seltsamen Steine hatte er leider nicht gefunden, zumindest nicht in dieser Truhe.