Geschichten:Ritter Hagen - Auf dem Großen Kabinett zu Grambusch

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Grambusch, 25. Ingerimm 1035 BF

Das kaiserliche Turnier war überhaupt nicht nach Ritter Hagens Vorstellung verlaufen. Bereits in der ersten Runde hatte der junge Mann schmerzhaft Bekanntschaft mit dem Boden der Tjostbahn machen müssen. Dabei hatte er sich doch fest vorgenommen seinem Schwertvater Ehre zu machen und auch seine anwesende Greifenfurter Verlobte zu beeindrucken. Stattdessen war er ausgerechnet gegen deren Vater Alwin von Kieselholm ausgeschieden. Den Rest des Turniers hatte er auf der Tribüne neben Linnart von Hartweil inmitten der anderen niederadligen Gäste verbracht, während Mechthild ihrem Schwertvater auf dem Turnierplatz zur Hand ging.

Nachdem der Baron zu Kressenburg dann am ersten Tag der Endrunde auch ausgeschieden war, bekam Hagen die Knappin für zwei Tage überhaupt nicht mehr zu Gesicht. Er versuchte ihren Schwertvater nach dem Verbleib zu fragen, doch wann immer er den Greifenfurter einmal zu Gesicht bekam, war dieser in ernste Gespräche vertieft, die zu stören mehr als unhöflich gewesen wäre. Erst als am Abend des dritten Turniertages der Sängerwettstreit ausgetragen wurde, erschien Mechthild wieder auf der Bildfläche. Nachdem alle gedungenen Barden und Dichter ihre Lobpreisungen für die jeweiligen Marschalls- oder Staatsratskandidaten beendet hatten, trat zu Hagens Erstaunen die Knappin in die Mitte der versammelten Adelsschar. In ihr Praiostagsgewand gekleidet, die langen blonden Haare zu zwei Zöpfen über ihre Schultern nach vorn fallend gebunden, huschte ihr eine leichte Röte der Verlegenheit über das hübsche sommersprossige Gesicht. Dennoch entrollte sie ohne Zaudern eine dicke Pergamentrolle und trug ein 65-strophiges Lobgedicht auf den Greifenfurter Marschallskandidaten Urion von Reiffenberg vor. Die Verse waren eine überraschende Mischung aus Lobgesang, Hoher Minne und mädchenhafter Schwärmerei. Wie bei keinem anderen Vortrag trat die Wahrhaftigkeit der Worte zu Tage und wo die bezahlten Dichter meist nur höflichen Applaus geerntet hatten, folgte auf Mechthilds Vortrag erst gebannte Stille und dann beinahe tosender Jubel. Hagen war sich sicher, dass sie mehr als ein Herz an diesem Abend erobert hatte und er war froh und stolz, dass er der Glückliche sein würde, mit dem die junge Frau bald den Travia-Kreis beschreiten würde.

Die Wahl des zukünftigen Garetischen Marschalls wenige Tage später brachte ein sehr eindeutiges Ergebnis, was Ritter Hagen nicht mehr weiter verwunderte. Er hatte die Greifenfurter, allen voran seine Braut und ihren Schwertvater, beobachtet und hatte gesehen, wie es ihnen mit Geschlossenheit und dem tiefem Glauben den richtigen Kandidaten zu unterstützen gelungen war, einen großen Teil des anwesenden Adels auf ihre Seite zu bringen. Hagen, mochte seine Stimme als landloser Ritter auch wenig gelten, hatte sich ebenfalls für Urion ausgesprochen, woran Mechthilds Gedicht nicht wenig Anteil hatte.

An diesem letzten Abend des Großen Kabinetts gelang es dem jungen Schlunder auch endlich durch die Reihen der feiernden Greifenfurter bis zu Baron Ardo vorzudringen. Zu seiner Freude stand Mechthild direkt hinter ihm und verrichtete mit einem jungen Burschen die Pagendienste bei Tisch. "Euer Hochgeboren. Es ist mir eine große ehre Euch kennenzulernen. Erlaubt mir, dass ich mich vorstelle. Mein Name ist Hagen von Hartwalden-Hartsteen, Ritter aus der Grafschaft Schlund."

"Tretet näher Ritter Hagen." Mit einem Seitenblick auf seine Knappin winkte der Baron den jungen Mann heran. "Ich habe bereits von Euch gehört. Doch war ich mir nicht bewusst, dass Ihr bereits den Ritterschlag erhalten habt, sonst hätte ich Euch dieser Tage eher einmal an meine Tafel geladen. Ich bitte das zu entschuldigen."

"Dass Euch mein Name bekannt ist ehrt mich und es besteht kein Anlass für eine Entschuldigung." Obschon Hagen mit dem Baron sprach, wanderte sein Blick immer wieder zu Mechthild, die ihn neugierig und ohne Scheu ansah. "Ich erhielt meine Sporen erst vor wenigen Wochen auf dem Eslamsgrunder Frühlingsturnier. Es verwundert mich also nicht, dass diese Kunde Euch bisher nicht erreicht hatte."

"Wohlan, gehe ich recht in der Annahme, dass Euch weniger meine Gesellschaft, als vielmehr die meiner Knappin in unseren Kreis gelockt hat?" Ardo hatte ein wenig lauter gesprochen und seine Lippen umspielte ein leichtes Lächeln, als die nahem Gespräche verstummten und der junge Schlunder ob der plötzlichen Aufmerksamkeit für einen Moment verlegen die Augen niederschlug.

"Dies entspricht in der Tat zum Teil der Wahrheit und wenn Ihr erlaubt, würde ich gerne einige Worte an sie richten." Hagen wartet mit festem Blick bis der Kressenburger ihm mit einer Geste zu verstehen gab, dass er nichts dagegen einzuwenden hatte. Dann sah er seiner Verlobte zum ersten Mal direkt von Angesicht zu Angesicht in die Augen. Er spürte wie seine Knie weich wurden und musste sich räuspern bevor er sich getraute erneut zu sprechen. "Edle Dame. Ihr seht mich erfreut, Euch endlich von Angesicht kennenzulernen. Seit dem Tag da mir die Verabredung der Verlobung mitgeteilt wurde, wartete ich voll Ungeduld auf diesen Moment. Nun, da ich während der letzten Tage einige Blicke auf Euch erhaschen durfte und da ihr leibhaftig hier vor mit steht, keimt in mir die Furcht Eurer nicht würdig zu sein. Deswegen bitte ich Euch um die Gunst und Euch, Hochgeboren", wendete er sich an Ardo, "um die Ehre, Euch in Eure Heimat zu begleiten und mich in Eurem Dienste beweisen zu dürfen, damit Ihr, edle Mechthild, am Tage unseres Traviabundes ebenso von Stolz und Glück erfüllt seid, wie ich es bei dem Gedanken daran bereits bin."

Der Schlunder erntete von den nebenbei sitzenden Greifenfurtern anerkennende Blicke und gar einen aufmunternden Zuruf. Am Ende seiner Worte hatte Hagen wieder auf die junge Knappin geschaut und diesmal war sie es gewesen, die mit deutlicher Schamesröte im Gesicht den Blick gesenkt hatte. Die artigen Worte mit denen der Ritter um sie warb, obgleich er ihrer Hand durch die Verabredung der Familien bereits sicher sein konnte, hatten ihr wohl gefallen. Mit einigen Augenblicken Verspätung bemerkte sie den fragenden Blick ihres Schwervaters auf sich ruhen. Mit hochrotem Kopf rang sie sich ein kaum sichbares Nicken ab.

"So sei es denn, Ritter Hagen! Eure zukünftige Braut wünscht Euch augenscheinlich in ihrer Nähe zu wissen und ich freue mich über jeden Schwertarm der mir hilft Kressenburg und die Greifenfurter Lande sicherer zu machen." Bei diesen Worten zeigte Ardo auf einen freien Schemel am Tisch. "Nehmt Platz und seid willkommen unter Freunden."


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25. Ing 1035 BF
Auf dem Großen Kabinett zu Grambusch
Auf dem Ingerimmsturnier zu Eslamsgrund


Kapitel 2

Autor: Keilholtz