Geschichten:Reise und Ankunft in der Baronie Hartsteen - 28. Tsa 1029 BF

Aus GaretienWiki
Zur Navigation springen Zur Suche springen

Reise und Ankunft in der Baronie Hartsteen - 28. Tsa 1029 BF


Trotz der Kälte schwitzten die Pferde vor Anstrengung und ihr Atem bildete große Wolken. Der Trupp bestehend aus fünf Reitern und zwei Packpferden kam nur langsam voran, der neu gefallene Schnee der letzten Nacht bedeckte das Land und ließ die Hufe der Tiere tief einsinken. Den Hohenstein hatte der Trupp von Rommilys kommend am Mittag erreicht, dort gerastet und anschließend die Brücke über die Natter überquert. Zumindest auf der Reichsstraße waren sie trotz des Wetters leidlich vorangekommen, doch der Abzweig in Richtung Ennetbrück und Oberhartsteen war noch tief verschneit. Aber zumindest die alles drückenden grauen Wolken waren gewichen und hatten einem strahlend blauen Himmel Platz gemacht. Myriaden von Eiskristallen blitzten im Licht der Praiosscheibe, doch die Luft war schneidend und klar. Die Reiter waren gut gegen die Kälte geschützt und offensichtlich bewaffnet: zwei von ihnen trugen Lanzen und ein weiterer eine träge flatternde Fahne, welche eins rote Gans mit ausgebreiteten Flügeln auf Gold und darunter zwei über einer goldene Rosenblüten auf rotem Grund zeigte. Die weithin sichtbaren Wälle, Dächer und Türme von Burg Oberhartsteen ragten in ca. zwei Meilen Entfernung vor ihnen auf.

„Nana, keine Hast Hitta. Die Tiere sollen uns auch für den Rückweg noch erhalten bleiben.“ Helmar von Fuchsbach blickte sich nach der tief vermummten Reiterin hinter sich um, die an den Zügeln eines der beladenen Lastpferde zerrte, in der Hoffnung, das erschöpfte Tier zu einem schnelleren Gang zu bewegen.

„Die werden uns schon bemerkt haben, als wir über die Natterbrücke geritten sind. Jede Wette darauf, dass man von diesen Türmen bis zum Hohenstein blicken kann“, meldete sich der Reiter neben Helmar zu Wort, das von Pockennarben entstellte Gesicht halb unter einem von gefrorenem Atem steif gewordenem Tuch verborgen.

„Wohl wahr, Dankwart. Überraschen werden wir sie nicht, selbst wenn wir das gewollt hätten. Und da wir wissen, dass ein warmer Kamin auf uns wartet, können wir uns getrost Zeit lassen.“

„Du hast dich immer noch nicht entschieden, stimmt’s Bruder?“ Der Pockennarbige neigte sich leicht zu Helmar herüber.

„Nein. Meine Güte, wenn ich ihn mit Hochgeboren anrede, dann bin ich auf sicherem Boden, denn er ist nun mal Baron dieses Fleckens Dere hier. Und eigentlich wenden wir uns ja nur in einer Angelegenheit die Baronie betreffend an den Hartsteener. So wahr mir Praios helfe, ich will mit einem 'Hochwohlgeboren' keiner Entscheidung des Reichsgerichtes vorgreifen und Gewohnheiten einführen, auf die er sich später berufen kann und die uns schaden. In diesen garetischen Händeln Stellung zu beziehen, ist das Letzte, was ich derzeit vorhabe. Andererseits könnte es unserem Anliegen nützen, ihm ein wenig Honig ums Maul zu schmieren. Es fragt sich nur, ob er so etwas erwartet und wir uns damit vor seinen Karren spannen lassen, beziehungsweise vielmehr uns freiwillig ein Joch aufbürden, das wir dann so schnell nicht wieder loswerden.“

„Nunja, wir haben unsere eigenen Probleme mit Thyria von Mersingen. Die könntest du vorschieben, falls er etwas Handfestes haben will.“

Helmar brummte etwas unwillig in seinen Bart. „Natürlich kann man Zusagen als unverbindlich ansehen und Worte als Schall und Rauch. Aber ich habe die Absicht zu meinem Wort zu stehen. Wo wären wir denn heute, wenn jeder alle Abmachung so bald es ihm passt, für null und nichtig erklärt? Wo, in Travias Namen? Ich glaube nicht, dass wir sonst hier oder am Leben wären. Die tobrischen Schatten hätten alles verschlungen, denn nur ihnen nutzen Eidbruch und Verrat, möge Travia das verhüten!“

„Zum Glück soll es bei den Verhandlungen aber nur um eine Fährstation und nicht um die Zukunft der ganzen Welt gehen.“

„Ja natürlich. Und wir werden ja sehen, was der Hartsteener für Vorstellungen hat. Vielleicht erübrigt sich dann die eine oder andere Grübelei.“

Helmar von Fuchsbach blickte auf und sah, dass die Burg Oberhartsteen schon um einiges näher gerückt war. Bewundert glitt sein Blick über die Mauern, Zinnen und schneebedeckten Dächer. So groß würde Feste Zapfenschlag lange nicht ausfallen, selbst wenn die Erträge aus der Fährverbindung höher als gedacht wären. Aber er war entschlossen. Der Mersingen und niemandem sollte es erneut gelingen, in Zapfenschlag einzudringen und seine Familie zu vertreiben. Helmar blickte sich kurz um und gab dem Trupp einen Wink. Die Leute gaben ihren Tieren die Sporen. Die Fahne flatterte im durch die Hufe hoch aufgewirbelten Schnee und der Vogt von Markherrlich Neufelden ritt auf Burg Oberhartsteen ein.