Geschichten:Rahjas Tränen - Travias Diktat

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Perrinmarsch, Jagdgut Salcaprea, Mitte Hesinde 1036 BF


"Oh nein. Nie und nimmer. Nicht mit mir! Das kannst du nicht verlangen, Tante.... das kann nicht dein Ernst sein!" Das Kinn der Jüngeren bebte und es schien beinahe, als wenn die seidenen Vorhänge im Wind ihres Atems bebten, auch wenn es tatsächlich der kühle Winterhauch war, der an diesem Morgen frische Luft in die herrschaftlichen Räume von Salcaprea drückte. Die Stimmung indes war deutlich hitziger, nachdem Leodane von Firunslicht ihrer Nichte Ciarda eröffnet hatte, dass es endlich an der Zeit sei zu heiraten und man eine Partie aufgetan habe, die zwar nicht vollständig Ciardas Abstammung angemessen war, aber dem Hause dennoch von Nutzen wäre.

Doch nicht der Umstand, dass es sich um einen bürgerlich Geborenen handelte, erzürnte die Verlobte wider Willen. Das wußte Leodane nur zu gut. "Doch es ist mein Ernst. Du kannst toben, wie du willst, aber jünger wirst du davon nicht. Und wer bitte schwebt dir denn als Alternative vor?" In einem Akt von überwallenden Gefühlen wurde einer der schweren Stühle mit einem Schwinger des rechten Armes umgefegt und knallte mit der Lehne schwer auf die Platten des Bodens. "Aber doch nicht dieser Idiot!" Tränen stiegen in Cairdas Augen. Leodane seufzte, stand auf und nahm ihre Nichte vorsichtig in den Arm. "Schhh... beruhige dich. Du schaffst das. Hochzeit hat nichts mit Sympathie zu tun. Ich habe deinen Onkel vor der meinigen auch nicht gekannt."

Ciardas Antwort war eine Mischung aus Schluchzen und Knurren. "Nicht gekannt, ja, aber ich kenne den Kerl. Das wird nichts. Er ist unfähig, faul, selbstverliebt, geistig zurückgeblieben, hochnäsig, heimtückisch... der ist nichtmal wirklich beeinander, glaub ich. Ihr könnt mich nicht an den verschachern. Wenn ich mit dem das Haus teilen muss, bring ich ihn irgendwann um. Er wird mich dazu..." - "Sch! Kein Wort darüber! Du wirst deinem vor Travia Angetrauten kein Leid antun! Aber du mußt ihn ja auch nicht ständig ertragen. Kümmer dich nicht um ihn, kümmer dich um die Wasserburger. Den Rest wird die Zeit zeigen."

Mit Nachdruck schob die Nichte ihre Tante von sich. "Ich kann ihm aber auch von vornherein aus dem Weg gehen. Ich gehe gar nicht erst zum Altar. Ich kann das sowieso nicht... meine Pflichten... und Haffax...! Der Heermeister..." - "...hat schon zugestimmt. Glaubst du, ich spreche das nicht zuerst mit ihm ab?", unterbrach Leodane Ciarda und zerstörte gleichsam deren aufkeimende Hoffnung, dem Verderben noch zu entrinnen. Dann atmete sie einmal tief durch und setzte nochmal an.

"Ich verstehe, dass du das nicht gutheißt. Unter uns, ich kann Zordian auch nicht leiden." Entgeistert sah Ciarda auf und wollte etwas erwidern, wurde aber von einem erhobenen Finger und Leodanes fester Stimme daran gehindert. "Aber diese Ehe wird geschlossen werden. Wie es weiter geht, wenn du Baronin von Wasserburg bist und es einen Erben von adligem Blut gibt, steht auf einem anderen Blatt. Meinethalben brauchst du ihn dann nie wieder sehen. Nach allem, was ich weiß, wird er es vermutlich ebenso halten. Es hat einigen Aufwand gekostet, ihn überhaupt zu dieser Verlobung zu bewegen... Ciarda, ich verlange nicht, dass du anfängst, ihn auf ewig zu lieben und mit ihm zu leben. Tu deine Pflicht und danach, was du willst. Aber deine Pflicht dem Haus gegenüber wirst du erfüllen."

Einige Augenblicke lang starrten die beiden Frauen sich an - die Jüngere wütend und hilflos, die Ältere fest, aber mit einem ermunternd gedachten Lächeln. Schließlich wandte sich Ciarda ruckhaft um und stürmte aus dem Raum. Hinter ihr schloss sich die Tür mit einem lauten Krachen. Leodane schüttelte seufzend den Kopf, das Lächeln vertiefte sich allerdings.