Geschichten:Rahjas Tränen - Des Barons Besuch

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Wasserburg, Boron 1036 BF

„Nein! Das wird niemals passieren!“ Wütend knallte der Baron seinen Becher auf den kleinen Tisch in seinem Schlafgemach. Etwas von dem schweren Wein schwappte auf die dunkle Platte und bildete einen See um den Fuß des mehrarmigen Kerzenleuchters, der Licht in den Raum warf. Es war das erste Mal, dass er während einer dieser abendlichen Treffen mit seiner Besucherin laut geworden war. Zornig blickte er zu ihr hinüber.

Demeya saß im Schneidersitz auf seinem Bett. In ihrem Schoß ruhte die langstielige, tulamidische Laute, die sie jedes Mal dabei hatte, wenn sie ihn nachts besuchte. Er hatte den Verdacht, dass sie auf dem Instrument nicht nur verstand, liebliche Töne zu erzeugen – doch nachprüfen hatte er es nie können, denn bei jeder ihrer Ankünfte und Abreisen hatte er tief geschlafen. Nun jedoch hatte sie aufgehört, die Saiten zu zupfen und sah ihn aus spöttisch blitzenden, grünen Augen an. „Und warum nicht? Irgendwann wirst du eine Stute brauchen, die deine Saat austrägt, um einen Erben groß zu ziehen. Deine Mutter würde nicht wollen, dass ihr Werk nach dir völlig vertan wäre.“ Unwirsch griff er wieder nach dem Becher. „Hör mir auf damit. Sie ist bei Boron und bleibt da und das ist gut so. Von da kann sie mir nicht mehr hineinreden, wie ich mein Leben zu führen habe. Ich hasse es, wenn man glaubt, mir gute Ratschläge geben zu müssen. Ich habe es bei ihr gehasst, ich rate dir, es nicht zu versuchen – und ich brauche auch keine andere Frau an meiner Seite, die sich dazu erdreistet. Und vor allem diese… sie würde, das steht fest. Nein, danke. Spiel lieber etwas fröhliches und vertreibe diese Gedanken…“

Seine Besucherin indes schüttelte nur den Kopf. Ein gewinnendes Lächeln breitete sich auf ihren Lippen aus. Ihre Augen funkelten in einem dunklen Feuer und ihre Stimme sank in einen beschwörerischen Ton ab. Zordian fröstelte. Immer, wenn sie so anfing, konnte er ihr auf Dauer keinen Wunsch abschlagen. „Nein, Liebster. Noch nicht. Überleg einmal… gerade sie! Sie war immerhin eine von denen, die dir auf der Nase herumgetanzt sind, dir als Baron. Du weißt, woher die Jungspunde die Bewaffneten hatten?“ Er schüttelte den Kopf. Wie in Trance stellte er die Gegenfrage: „Nein. Ist das nicht egal?“ Ihr Lächeln wurde abgründiger. „Sag du es mir – war es dir egal? Hast du nicht einmal daran gedacht, sie für das zur Rechenschaft zu ziehen, was geschehen ist? Hast du es nicht nur aus Bequemlichkeit beiseite geschoben, aus der Erkenntnis, dass es nichts bringe, sich wegen so etwas Kleinlichem zu echauffieren?“

Nun hatte sie ihn. Es war deutlich zu sehen, dass der Baron von Wasserburg nachdachte. Zordians Züge zeigten klar, dass er tatsächlich noch einen gewissen Groll hegte gegen Keres, seine Spießgesellen und Gönner. Sie lehnte sich leicht vor und gab ihm dabei wie unbedacht einen guten Einblick in den Ausschnitt ihres tulamidischen Gewandes. „Es waren ihre Soldaten. Sie hat sie mitgeschickt. Du kannst hinausreiten und nachsehen, wen du wiedererkennst oder mir glauben.“ Er winkte ab und starrte hinüber zu ihr, auch wenn seine Blicke ihr Gesicht verfehlten, zu tief auf ihren Körper trafen. „Aber warum sollte ich dann ausgerechnet sie zur Baronin machen?“ „Weil sie dir dann ausgeliefert ist? Mach sie zu deinem besten Pferd im Stall: Stets um dich, verfügbar, bereit…“ Sie machte sehr bewußt eine kurze Pause. „…gebrochen und von dir zugeritten zu werden?“

Zordians Blick wanderte leicht nach oben, seine Augen wirkten leicht glasig aber ein grausames Lächeln machte sich in seinem Gesicht breit.