Geschichten:Rabenschar - Eindringliche Worte

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Burg Angareth, Markgräflich Arvepass, am Abend des 25. Peraine 1045 BF

Bärfried von Hardenstatt legte den Brief auf den Tisch und wischte sich abermals durch das Gesicht. Er hatte das Schreiben nun schon fünf Mal gelesen und immer wieder verwirrt innegehalten und an die Nacht in der Reichsstadt zurückgedacht. Immer wieder war er die Geschehnisse durchgegangen und überlegte, was wie und wo geschah. Sicher, er hatte mitbekommen, dass Baronin Rondira von Sturmfels frühzeitig das Fest verlassen hatte. Auch, dass sie mit dem Oberhaupt der Familie Alxertis gesprochen hatte aber gestritten? Daran konnte er sich nicht erinnern. Vielleicht hatten die beiden Frauen angeregt miteinander diskutiert, aber gestritten, wie in der Postille beschrieben, das sicher nicht.

Und doch hatte die Baronin ihm einen gehörigen Brief geschickt. Darin hatte sie ihm nochmals zu seiner Bestallung gratuliert. Doch erinnerte sie ihn auch unmissverständlich daran, dass er nun ganz genau auf die Leute achten sollte, die ihn umgaben, ihm Geschenke machten oder Wünsche an ihn herantrugen. Er gehörte nun zum Hochadel der Markgrafschaft und als solcher tanzte er in den ersten Reihen der Politik mit.

Bärfried seufzte ernüchtert. Das Politische war ihm beinahe entglitten. Als Ritter, Junker oder Leutnant in der Armee kannte er seine Aufgabe. Auf dem Schlachtfeld sah er seinen Feind, doch nun? Dass Ginaya von Alxertis nicht nur aus Nächstenliebe diesen Abend mitfinanziert hatte, war ihm erst durch diesen Brief wirklich bewusst geworden. Er wollte es sich nicht eingestehen, doch schämte er sich nun etwas für seine Naivität. Das würde ihm nicht mehr passieren. Nahm er sich jedenfalls vor, doch er wusste, dass er die Schrittfolge des politischen Tanzes schlechter kannte als die der meisten echten Tänze und das lag nur bedingt daran, dass er diese als begeisterter Tänzer auswendig kannte.

Er schaute zu dem Stapel aus Papier, der sich an der linken, hinteren Ecke des Tisches auftürmte. Vielleicht würde etwas Verwaltungsarbeit ihn ja ablenken? Doch so wirklich Muse wollte er dafür auch nicht finden. Wie konnte ein solch abgelegenes Stückchen Dere so viel Papier produzieren? Und wie sah es denn dann in Baronien aus, die wesentlich lebendiger waren als der Arvepass? Bärfried schüttelte den Kopf, nicht aus Unglaube, vielmehr wollte er seine Gedanken befreien. Was aber nicht gelingen wollte, noch immer waberten sie zwischen Papierstapel und dem Brief der gluckenhanger Baronin umher. Vielleicht würde ein kurzer Spaziergang ihm helfen…

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Er war ein gutes Stundenglas durch die große Burg geschlendert, hatte hier und dort innegehalten, mit dem ein oder der anderen Bewohnerin gesprochen und war schließlich in sein Arbeitszimmer zurückgekehrt. Tatsächlich war der kleine Spaziergang äußerst hilfreich gewesen. Er hatte sich an sein Erlebnis im Hesinde dieses Jahres erinnert und dazu entschlossen, sich damit zu beschäftigen.

Die Worte des Trolls waren wieder in sein Gedächtnis gekommen und schienen sich nun einzubrennen. Doch wirklich Sinn wollten sie nicht ergeben, zu fremd war das Gemüt dieser alten Wesen für den Einäugigen. Doch glücklicherweise wusste er, wer ihm bei seiner Suche nach Antworten helfen konnte. Damals hatte er sich nicht an ihn gewandt weil die Wege in den Zacken zu dieser Zeit zu unpässlich gewesen waren. Doch nun war Sommer und die Hügelpfade und Wege waren passierbar (wenn man von ihrem eigentlichen Zustand abblickte).

Entschlossen griff sich Bärfried ein Stück Papier sowie seine Feder und das Tintenfass und setzte sich an einen Brief, in dem er sein Erscheinen ankündigte, sowie den Grund für seinen Besuch. Er achtete natürlich penibel darauf, den Empfänger richtig zu titulieren, wusste er doch, dass dieser auf seinen korrekten Titel bestand. Der einäugige Landvogt wollte sich unter keinen Umständen den Weg verbauen, bevor er auch nur einen Schritt auf ihm gegangen war.