Geschichten:Rabenhorster Gespräche - Bries

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"Wo wir gerade bei Kren waren..."

Die Sonne hatte den Zenit verlassen und strebte unaufhörlich den in der Ferne schimmernden Gipfeln entgegen. Noch war das Licht hell, doch schon bald würden die nahen Gipfel erst golden, dann rot aufschimmern, um sich anschließend in ein dunkles Cape zu hüllen. Und er würde es ihnen nachtun und die Burg verlassen. Obwohl es draußen heiß war, fröstelte ihn ein wenig. Doch lag dies sicherlich nicht ausschließlich an den dicken Mauern.

"... es geht meines Erachtens nach nichts über eine gute Auswahl exzellenter Kräuter und Gewürze, das könnt, ja das müsst Ihr mir glauben. Kein Gericht kommt ohne Kräuter aus, ja manchmal sind erst die Kräuter und Gewürze das, was aus einem lapidaren Fleischklotz ein echtes Geschmackserlebnis macht. Seht euch nur die Breitenbrucker Grüne Soße an. Erinnert Ihr euch an das Jahr 14, als es in der ganzen Breitenau kein Kurkumerkraut gab? Eine Katastrophe!"

"Sicherlich, ich..."

"Und nur hier trifft das Sprichwort nicht, dass das Gute so nah liegt. Glaubt mir, Kochen ist ein wenig wie Malen. Man zerstößt ganz vorsichtig die Grundsubstanzen, reinigt sie, baut sie in Töpfchen und Tiegelchen vor sich aufd und dann beginnt man sie erst vereinzelt, dann in immer größeren Mengen miteinander zu verschmelzen. Duftnoten legen sich übereinander und lassen Grundtöne hervorschimmern: Da haucht die Schärfe des Pfeffers dem süßlichen Zimt Leben ein, da ergänzt der zerstoßene Koriander die Bitterkeit des Fenchels, da umschmeichelt die Zitronenmelisse den Knoblauchhederich. Und wenn sich Euch dann irgendwann die Duftgärten des Südens offenbaren, wenn ihr zum allerersten Mal über die Basare von Fasar oder Jergans geht, dann werdet ihr das Gefühl eines Blinden haben, der bislang überzeugt war, zu sehen, und dem man mit einem Male das Tuch von den Augen nimmt, wie es seinerzeit Dschindziber von Cavazoab in seinem Höhlengleichnis beschrieb."

"Aber..."

"Und seid gewiss: Die exakte Kenntnis des richtigen Krautes ist ein größerer Schatz, als es Gold oder Silber jemals werden können. Vertraut mir. Damals, in meinen Jahren als Herrscher über die Feldküche, kannte ich jeden Offizier anhand seiner Vorlieben und seiner Ressentiments. Ich wusste, wer auf welches Gewürz, wer auf welche Speise mit Winden, wer mit Magenbeschwerden und wer gar mit schlimmeren Nebenerscheinungen reagiert. Ja selbst der Marschall hatte so manche Schwäche, was das Essen angeht, und es lag an mir, für eine reibungslose Versorgung des Heeres zu sorgen, selbst als unsere eigenen Vorräte aufgebraucht und nichts Anderes zu bekommen war als das einheimische Getier und die Pflanzen, die all überall wuchsen. Ich hatte beständig eine Ladung Eingeborener in einem Käfig hinter dem Küchenzelt, die mir als Rat und Ideengeber und manches Mal auch als Vorkoster dienten. Oh ja. Kräftige Männer und Frauen allesamt, von seltsamen Pflanzen und Tieren genährt und gleichzeitig Wilde und Weise. Niemals später habe ich so köstliches Bries gehabt wie damals; ich weiß nicht, was die Menschen hier so alles im Kopf haben, aber das Essen, das war damals von unvergleichlicher Köstlichkeit. Und mehr als ein Gewürz wirkte nicht nur auf den Gaumen..."


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Texte der Hauptreihe:
K2. Bries
14. Bor 1038 BF zur abendlichen Hesindestunde
Bries
Tafelspitz


Kapitel 2

Falscher Hase
Autor: Wertlingen