Geschichten:Plitzenbergs Fallen - Auffällig

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Kordian, Ihr habt es gehört, Ihr ward dabei, als er zu dieser verrückten Wallfahrt aufgebrochen ist. Warum kommt er nicht zurück?“ Doch Kordian von Cronenfurt schwieg. Er wusste es nicht und war schon lange nicht mehr auf der Burg gewesen.

Rumhilde rang die Hände und wirkte sehr zerknirscht. Barnemund musterte sie. Er hatte sie von Luringen hierher begleitet, weil er eingesehen hatte, dass sie nicht länger dort durch die Gänge schleichen konnte. Niemals zuvor hatte er die starke Gräfin so nervös gesehen, so angreifbar und so angegriffen. Wie hatte sie es vor ihrer Abreise nach Cronenfurt ausgedrückt?

Sie fühle sich nicht mehr als Herrin im eigenen Haus.

Gut, hatte er geantwortet, das sei sie ja auch gewissermaßen nicht mehr, da ja Drego schon fast zwei Jahre Regent wäre.

Das sei es nicht, hatte sie geantwortet, Ihr Sohn sie immer lieb zu ihr und würde ihr jeden Wunsch erfüllen. Er habe einige dieser teuren und unsinnigen feste nur veranstaltet, damit sie sich dran erfreuen könnte. Pah! Dabei würde sie es nur erfreuen, wenn wieder Ehre und Verlässlichkeit auf Burg Luringen herrschen würden und nicht dieser falsche Glanz verlogener Heiterkeit.

Barnemund hatte sie beschwichtigt: Danos würde ja bald zurückkommen, nach den Zwölfgöttertjosten im Spätsommer und der Hochzeit der Kaiserin, bei der der Graf nicht fehlen dürfte, würde Danos doch zurückkommen.

Und dann? Hatte Rumhilde gefragt. Ob Barnemund glaube, dass dann wieder alles gut werde? Ob Danos dann die gecken vor die Tür setzen würde, die ihr immer die scheelen Blicke zuwürfen? Dregos Bande, die sich die halbe Woche im Luringer Puff aufhielten oder bei der verstoßenen Brut Odos im Zwinger?

Ja, genau das glaub er, hatte Barnemund geantwortet. Genau das. Er freue sich jetzt schon darauf, schließlich könne er dann auch die vielen Spottlider auf Dregos Bande endlich singen, die er schon auf Halde gedichtet hatte.

Warum er sie bisher nicht gesungen hätte, wollte Rumhilde wissen.

Tja, warum nicht? Dieser Teil des Gesprächs, ehe sie nach Cronenfurt aufgebrochen waren, hallte noch eine ganze Weile nach. Warum hatte er das herrliche Spottlied auf Rudon Langenlob nicht gesungen? Barnemund hätte sich gern gesagt: weil ein Bügerlicher es nicht verdient hätte, dass ein Barnemund von Plitzenberg ein Lied über ihn machte. Doch die Wahrheit war: Er hatte sich nicht getraut. Langenlob war ihm unheimlich, und das aus gutem Grund. Er schien der heimliche Anführer der Bande zu sein, die um Drego herumscharwenzelte. Rudon mochte sich genial verstellen, aber Barnemund hatte sein Leben damit verbracht, die Schwächen von Menschen zu entdecken, um dann darüber spotten zu können.

Ihm war aufgefallen, dass Drego oft seine Meinung von einem Tag auf den anderen geändert hatte, wenn Langenlob am Abend mit ihm gesprochen hatte. Ihm war aufgefallen, dass Drego immer wieder zu Langenlob hinsah, wenn er etwas öffentlich verkündete, entschied, verhandelte. So als suchte er des Bürgerlichen Bestätigung. Drego war immer schon zu weich gewesen, Danos wusste das. Mehr als einmal haben wir darüber gesprochen, dass er als Vater dem Sohn zu wenig Raum gelassen hätte. Dass ein Vater, der König der Ritter ist, seinem Sohn im Weg steht, ein selbstbewusster Ritter zu werden. Wer sollte daneben bestehen? Danos hatte mal gesagt, Wellmar wäre ihm ein guter Nachfolger gewesen, aber Wellmar war gefallen. Aber auf den kleinen Adhemar, das gräfliche Mündel, da müsste man jetzt aufpassen – oder so ähnlich. Und überdies: Habe Danos nicht selbst einen übermächtigen Vater gehabt? Habe Rondger nicht auch als ritterliches Vorbild gegolten, neben dem sich Danos erst seinen Platz hatte erkämpfen müssen?

Drego hatte es nicht einmal versucht, er war ausgewichen, war nach Gareth gegangen und hatte sich erst zurückgetraut, als sein Vater nicht dagewesen war.

Sollte es jetzt immer so sein? Stand ihnen allen das bevor: ein Graf Drego, der ein Spielball seiner Launen und der Aufmerksamkeit seiner Kumpanen war?

Auffällig war doch auch die Wahl seiner Gemahlin. Rumhilde und Danos hätten sich sicherlich eine andere Schwiegertochter gewünscht, auch wenn Rumhilde sich alle Mühe gab, immerhin stand die Geburt des Enkelkindes unmittelbar bevor. Andererseits – ein Zeichen, dass Rumhilde abreiste, obwohl es klar war, dass sie dann abwesend sein würde, wenn der Graf der Erbe geboren werden würde.

Korwinne war spröde, sehr spröde. Und Drego hatte sich sonst eher dem fröhlichen Mädchen hingewendet, den Lustigen und immer Gutgelaunten.

Als Barnemund einmal eine Bemerkung hierzu gemacht hatte, war es – stimmt! Dass ihm das erst jetzt aufgefallen ist! – war es ausgerechnet Langenlob, der gezischt hatte, Barnemund solle sein Lästermaul halten, aber subito.

Was war dem eingefallen? Und wieso hatte Barnemund sich so auffällig einschüchtern lassen? Wie gut, dass Adhemar – der Geweihte Adhemar, mannomann! – beschlossen hatte, auf der Burg nach dem rechten zu sehen.

Er hatte vor, bei der Rückkehr nach Luringen ein bisschen für Stimmung zu sorgen. Die Burg, die so klamm geworden war, würde hell erstrahlen vor Lichtern und Lautenspiel, weil das Kind geboren sein würde, und dann konnte man alle Sorgen einfach vergessen. Er würde mit Adhemar darüber reden und mit Odo – der hasste die Bande sowieso wie sonst keiner. Das nahm Barnemund sich vor für nach den Namenlosen Tagen.

Die schlimme Zeit zwischen den Jahren aber würden sie auf Cronenfurt bei Kordian verbringen, einem alten und ehrlichen Freund der Gräfin. Und dann würde das neue Jahr auch neues Glück bringen.



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Texte der Hauptreihe:
K8. Fall
Autor: BB