Geschichten:Pfalzfürst auf Reisen – Die letzte Schlacht

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Anfang Efferd 1040 BF, nahe Burg Zwingstein

»Und da, hoher Herr, da sieht man noch die Fußstapfen von dem Stachelfanten, der beinahe den Baron von Hirschfurten über das NIrgendmeer geschickt hätte.«

Der völlig durchnässte Bauer zeigte auf eine große Schlammkuhle, in der die seit dem Morgengrauen prasselnden schweren Regentropfen spritzend zerplatzten. Die beiden Adligen wussten nicht, ob der Mann ein Aufschneider oder ob tatsächlich an seiner Geschichte etwas dran war. Es war ihnen allerdings auch ziemlich egal.

»Und da oben auf dem Hügel hat der Marschall Hinn gestanden und die Schlacht geleitet. Und dann ja schliesslich auch irgendwie gewonnen.«

Sie hatten den Mann in einer Taverne am Wegesrand getroffen und ihm eine Hand voll Münzen versprochen, wenn er sie zum Schlachtfeld führen würde, wo der tapfere Adel Großgaretiens die Kaisermetropole vor dem Untergang bewahrt hatte. So jedenfalls erzählte man sich landauf in der Kaisermark – und die beiden Reisenden verspürten keine Lust den freudig aufgewühlten Leuten zu widersprechen.

Nun standen sie auf einem schlammigen und zerwühlten Acker, der nahe dem Waldrand lag, wo die Brache begann, und Efferds Gaben tröpfelte ihnen in den Kragen.

»Guter Mann, lasst uns doch einen Moment allein, wir wollen ein Zwiegespräch mit der Herrin des Sturmes halten und den Gefallenen gedenken.« Mit einer lässigen Handbewegung schickte Trisdhan von Hartsteen den Gemeinen aus ihrer Reichweite. Der Geruch von billigem Fusel und Schweinekot, der eine unheilige Allianz eingegangen war, wurde schwächer, je weiter sich ihr Führer entfernte.

»Meinst du, wir finden hier noch etwas Wertvolles?« Mohnfeld schaute sich neugierig um.

»Nee, glaube ich nicht. Die Bauern in der Umgebung haben den Acker hier bestimmt schon dreimal umgegraben und alles aufgesammelt, was sie an die Andenkensammler für Gold verkaufen können. Wenn das hier überhaupt der tatsächliche Ort der Schlacht und nicht einfach Bauer Retos Gerstenacker ist.« 

Der designierte Pfalzgraf aus Waldstein schaute verträumt in die Ferne. Je näher sie Beilunk kamen, desto nervöser wurde er. In all den Jahren hatte er ein Ziel verfolgt, von dem er wusste, dass er es nicht erreichen würde und hatte trotzdem daran festgehalten, nur um die Ritter der albernischen Krone zur Weißglut zu treiben. Nun allerdings wurde es tatsächlich ernst und es ging um seine Zukunft, deren Umrisse ihm undeutlich und fremd war.

»Meinst du, Trisdhan, dass dies die letzte Schlacht in unserer Zeit gewesen ist?«, riss ihn Mohnfeld aus seinen Gedanken. »Wäre doch eine Schande, wenn nun der ewige Frieden ausbrechen würde, oder was meinst du?«

»Ich glaube, das hier war die letzte Schlacht, in der für jeden eindeutig klar ist, welche Seite die Guten und welche die Bösen sind. So sehr man Haffax und seine Brut auch verachten konnte, sie haben unsere Reihen geschlossen und uns zusammengehalten. Wie eine dämonische Klammer…« 

… die man entfernt hatte, um alles zusammenfallen zu lassen. Sicher würde es Kämpfe und Kriege geben, und sicher würde es mehr als eine Gelegenheit geben, sich auf dem Schlachtfeld zu beweisen. Aber Trisdhan hatte eine Ahnung, dass die Kriege der Zukunft keine klaren Lager haben würden. Dass beide Seiten jeweils einen berechtigten Anspruch haben würden, wenn man sie von einer unparteiischen Seite aus betrachten würde. Und dass dann Freunde gegeneinander kämpfen und sogar Familien sich gegenseitig vernichten würden.

»Schau mal hier, das ist Metall!« Der andere Ritter hatte den Ausführungen seines Gefährten nicht zugehört und stattdessen mit der Stiefelspitze im Matsch herumgestochert.

»Lass mal sehen«, beugte sich Trisdhan herab und zog einen länglichen Gegenstand aus dem Boden.

»Das könnte… mhh… Metall ist das nicht. Keine Ahnung, sieht seltsam aus. Komm, wir nehmen das mit und erzählen, dass es ein Stachel der Chimäre ist, die den Hirschfurter fast zermalmt hätte.« Mohnfeld betrachtete das seltsame Ding genau. »Hihi, wir lassen eine Figur daraus schnitzen und schenken sie ihm zu seinem nächsten Tsatag.«

»Ich glaube nicht, dass er das goutieren würde. Komm, lass es uns dem Bauern geben, soll er es zu Gold machen. Mir ist es nicht geheuer, mit solchen Dingen herum zu spaßen. Entweder ist es irgendein gewöhnlicher Gegenstand, den man in Kaisermärker Feldern halt so findet. Dann machen wir uns nur zum Narren. Oder es ist tatsächlich ein Chimärenrelikt. So oder so will ich es nicht haben.«

»Ach, du bist ein Spaßverderber«, knuffte Mohnfeld ihm in die Seite. »Und wir können es nicht einfach einem Bauern geben, wer weiß in wessen Hände das Ding dann gelangt.«

Trisdhan seufzte und steckte sich den vermeintlichen Stachelfantenstachel unter den Wams. Was, wenn es seiner Gesundheit schädlich wäre? Man hatte ja von allerlei Krankheiten gehört, die man auf den Schlachtfeldern bekommen konnte. Ein dämonoides Relikt wäre sicherlich nicht sehr gesundheitsfördernd.

Ein lauter Pfiff neben ihm riss ihn ein weiteres Mal aus seinen Gedanken. Mohnfeld winkte dem Bauern, der einige Schritt abseits von ihnen unter einer einzelnen Weide Platz genommen hatte, um sich vor dem Regen zu schützen. Nun stand er auf und näherte sich den beiden Rittern.

Zu Trisdhan gewandt sagt Mohnfeld: »Los, komm! Wir haben noch das Schlachtfeld von der Gaulsfurt, wo wir nach Andenken suchen können! Vielleicht finden wir ja die Ehre des Kanzlers im Uferschlamm des Darpats!«



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5. Eff 1040 BF zur mittäglichen Praiosstunde
Die letzte Schlacht
Abschied aus der Stadt der Fische


Kapitel 2

Traviabund im Märchenschloss
Autor: Hartsteen