Geschichten:Nie Wider Fron und Lehen - Im Buchenhain

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Einige Meilen östlich vom Gut Yossen

Der Regen lag über dem Land wie ein Vorhang. Beständig fielen die Tropfen herab wie Bindfäden und unterdrückten jedes Geräusch außer einem immerwährenden Prasseln. Die Felder waren abgeerntet und die grünen Wiesen wirkten wir zerdrückt unter der zusätzlichen Last des ständigen Wassers. Alles was Beine hatte, hielt sich irgendwo verborgen und versuchte trocken zu bleiben. Und so herrschte rege Betriebsamkeit in einem kleinen Buchenhain inmitten der grünen Flur. Immer waren Gestalten zwischen den buntgefärbten Bäumen auszumachen, die sich kurz bewegten, um vielleicht eine doch etwas trockenere Stelle zu finden. Doch diese Wesen wirkten fehl am Platz. Sie hielten sich zwar zwischen den Stämmen verborgen, aber das Rot das ihren Leib umgab gehörte nicht in einen Wald. Bei näherer Betrachtung offenbarte sich, dass es sich um gerüstete Menschen handelte die hier Deckung suchten und nicht nur vor dem Wetter. Sie alle trugen in irgendeiner Form ein rotes Symbol bei sich, das geziert wurde von drei goldenen Sternen. Inmitten unter ihnen stach ein Mann hervor, im Gegensatz zu den Kettenhemden und Lederharnischen der anderen, trug er eine Garether Platte und besaß als einziger ein Pferd, welches er gerade striegelte. Sein Verhalten ließ annehmen, dass es sich bei ihm um den Anführer handelte.
Während die meisten damit beschäftigt waren zu warten, dabei missmutig drein zu schauen und vielleicht auf ein paar Kräutern zu kauen, stand eine Frau am Rand der Bäume und hielt ihren Blick in Richtung Westen gerichtet. Sie hielt Ausschau und war mittlerweile sehr ungeduldig. Ihr kurzes dunkelblondes Haar war völlig durchnässt und das Wasser suchte sich jetzt immer wieder einen Weg, um in ihre braunen Augen zu laufen, was ihre Stimmung nicht gerade hob. Sie war gerade dabei eine Verwünschung auszustoßen, während sie sich zum wiederholten Mal das Wasser aus dem Gesicht strich, als sie am durch den Regen beschränkten Horizont, eine Bewegung ausmachte. Ein einzelner Mann kam mit schnellen Schritten auf den Hain zugelaufen. Er trug ein einfaches braunes Wams und eine rötliche Gugel, so wie es bei Bauern üblich war. Man konnte erkennen, dass seine Kleidung komplett mit Wasser getränkt war. Es gab eigentlich für niemanden einen Anlass bei solch einem Wetter draußen zu sein - auch nicht für einen Bauern, erst recht nicht nach erbrachter Ernte. Darum wandte die Söldnerin ihren Blick von dem Laufenden ab und eilte zum Zentrum des Hains, zum Mann mit dem Pferd.
Dieser war immer noch damit beschäftigt es zu striegeln und tat dies mit einer fast meditativen Gelassenheit. Die Söldnerin nahm hinter ihm Haltung an und sprach: „Herr Hauptmann!“
Ohne sich umzudrehen oder seine Tätigkeit einzustellen erwiderte der Angesprochene: „Was gibt es Soldatin, sprecht!
„Der Späher ist auf dem Weg zurück.“
Nun drehte sich der Hauptmann endlich um. Unter einer Kettenhaube sah man ein schmales Gesicht mit einem ausgeprägten Kinn und braunen Augen. Mund und Kinn waren von einem fein gestutzten Bart braunen Haares umgeben. Er war noch keine dreißig Jahre alt. Mit einem „Ihr könnt wegtreten, Gemeine“ entließ er die Botin. Danach wandte er sich lauter an die übrigen im Lager: „Weibel, zu mir!“
Daraufhin erhoben sich zwei Personen an unterschiedlichen Punkten des Lagers. Ein Mann, der seine Jugend sicherlich schon einige Zeit hinter sich hatte, zeigte viele Spuren des Kampfes. Am auffälligsten war die große Narbe, die sich längs durch sein Gesicht zog. Von der linken Augenbraue bis zu seinem Kinn. Sein linkes Auge hatte durch diesen Schlag wohl die Sehkraft verloren, jedenfalls stach es grau aus seinem Gesicht heraus. Außerdem trug er einen längeren Bart, der bereits viele Spuren von grau zeigte. Auf seinem Kopf trug er einen Schaller, dessen Visier hochgeklappt war. Die andere Person war eine Frau. Sie war etwa im gleichen Alter wie der Hauptmann, von kräftiger Statur und hatte dunkles Haar, das sie nach Wehrheimer Art kurz trug. An ihrem Gürtel baumelte neben ihrem Kurzschwert eine Sturmhaube.
Der Hauptmann beriet sich zunächst mit den Weibeln über die bisher bekannte Lage und fertigte mit Ihnen einen Lageplan aus kleinen Ästen an. Als der Späher endlich das Lager erreichte, war auch der Plan fertig. Der Späher nahm vor den dreien Haltung an und sprach: „Herr Hauptmann, ich melde mich von meiner Erkundung zurück!“
„Gut, was habt ihr zu berichten.“ entgegnete der Hauptmann.
„Im Gut Yossen konnte ich mehrere Bewaffnete ausmachen, die um die Gebäude streifen.“
„Wie viele?“ wollte der ältere Weibel wissen.
„Deutlich mehr als ein Dutzend.“
Die Gesichtszüge des Alten umspielte ein spöttisches Grinsen: „Nun, Helmbrecht…“
„Du hast es mir ja gesagt“ unterbrach ihn der Hauptmann. „Ja der Yossensteiner hat geahnt was wir vorhaben. Aber deswegen haben wir ja den Späher ausgeschickt.“ Der Hauptmann deutete auf den Lageplan. „Korporal, wo befinden sich die meisten Leute?“
Der Korporal hockte sich hin und nahm sich einen kleinen Zweig vom Boden auf mit dem er auf den Plan zeigte. „Die meisten Leute formieren östlich des Gutshauses. Zwei kleine Gruppen von zwei bis drei Leuten umlaufen das gesamte Gelände und behalten die Umgebung im Auge.“
Der Hauptmann schien zufrieden mit den Ausführungen zu sein. „Danke Korporal. Heute Abend könnt ihr euch beim Zeugwart eine extra Flasche Branntwein abholen. Wegtreten.“
„Vielen Dank Herr Hauptmann!“ entgegnete der Späher und eilte zu seiner Truppe zurück, um sich vor ihnen mit seiner Belohnung zu brüsten.
Der Hauptmann beriet sich unterdessen mit den beiden Weibeln. „Was meint ihr? Wie wollen wir vorgehen?“
„Ich bin jedenfalls froh, dass der Yossensteiner nicht direkt zum Angriff angesetzt hat. Sonst stünde Nimmerjoch jetzt ganz schön dumm da“ meinte die Weibelin.
„Ja mein Großvater ist auf seine alten Tage eindeutig nicht weniger impulsiv geworden. Aber anscheinend, kann er seine Untertanen noch ganz gut einschätzen.“ entgegnete der Hauptmann. Er wandte sich dem alten Weibel zu: „Was meinst du Koris?“
„Nun, kannst du dich noch erinnern was wir bei Friedwang gemacht haben?“
„Die Kusliker Finte? Beim letzte Mal hat es aber nicht geklappt.“
„Wahrscheinlich weil du diese Techniken immer mit deinen albernen liebfeldischen Namen belegen musst. Und diesmal wird sie funktionieren, glaub mir. Es sind schließlich keine fliegenden Magier anwesend.“
„Aber Patrouillen mit Augen im Kopf. Na gut aber vielleicht klappt‘s ja diesmal.“
Die Weibelin schaute irritiert zwischen den beiden hin und her „Friedwang, Kuslik? Wovon redet ihr.“
„Das wirst du schon sehen, Mythraelis“ entgegnete der Hauptmann. „Nehmt eure Haufen und platziert sie so, wie es Koris möchte. Lasst euch von den Patrouillen nicht erwischen und falls doch, versucht sie umzuhauen bevor sie zum Gutshof kommen. Ich nehme derweil meinen Haufen und begebe mich in Verhandlungsposition mit den Yossensteinern.“
„Verstanden“ äußerten die beiden Weibel unisono.
Der Hauptmann wandte sich noch einmal dem Älteren zu „Und Koris, ich verlasse mich auf dich. Die Yossensteiner sollen nicht noch einen Norden in die Finger bekommen.“
„Das wird schon“ meinte Koris und gab seinem Hauptmann einen Klaps auf die Schulter. Mythraelis sah wieder verwirrt aus. „Ich dachte du wärst ein Schartenstein?“ „Nur nominell", entgegnete ihr Hauptmann "nur nominell.“
Nach der Besprechung gingen alle drei zu ihren Leuten und machten sie mit ihren Aufträgen vertraut. Dann machten sich die Söldner auf den Weg und mit einem Mal war es wieder ruhig in dem Buchenhain. Die Farben waren wieder wie gewohnt und alles was man hören konnte, war das Prasseln des Regens.