Geschichten:Nicht mit leeren Händen - Das Zusammentreffen II

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Nur kurze Zeit später erreichte auch Leonore von Vairningen ihren Treffpunkt. Für die Reise hatte sie eng anliegende und eher schlicht geschnittene Gewandung gewählt, deren blutrote Farbe und goldene Akzente an ihre Herkunft aus dem Hause Leuenwald erinnerten. Als sie an den Tisch heran trat, tat sie das aufrecht und mit gestrenger Miene. Leonore war hart, vor allem zu sich selbst. Eiserne Disziplin war ihr wichtig, ebenso wie das Wohl ihrer Familie und um eben jenes Wohl ging es ihr. Die große Fehde barg Chancen, aber auch großes Risiko für ihre Lieben, und die erfahrene Hofdame wollte all das Blutvergießen zu einer Chance für ihre Familie machen. Ihre Kinder sammelten im Feld Ruhm, während sie im Hintergrund Vorbereitungen traf. Ihre größte Chance bestand dabei im Bund der vier Eichen, einem Bündnis, das sie sich vor zwei Götterläufen nicht hätte vorstellen können. Als Dienstritter in der Gerbaldsmark hatte Savertin dieses Tor aufgestoßen, während seine Anstellung eigentlich durch die bisher verleugnete Verwandtschaft hergestellt worden war. Auf ihrer Reise an den Kaiserhof würden sie also nicht nur die Interessen der Kaisermark vertreten - geschwächt durch die Krankheit des Markvogtes beduften sie dringend eines einflussreichen Rückhaltes. Nein, sie würde auch für den Bund arbeiten. Ihre Familie gehörte zum Raulsmärker Stadtadel, weshalb Leonore durchaus um die Kaisertreue der Weyringhauser wusste. Doch wo diese sicherlich ein schnelles Ende der Fehde herbeisehnten, so musste der Bund sie lang genug aufrechterhalten, um ihr Ziel zu erreichen, während sie gleichzeitig verhindern mussten, dass Vierok übermäßig Schaden nahm.

“Die Zwölfe zum Gruße.”, richtete sie ihren Gruß initial sowohl an Sigman als auch die ihr wohlbekannte Sibela. “Wohlgeboren.”, nickte sie anschließend dem Weyringhaus zu. “Ich bin Leonore von Vairningen, sehr erfreut, Eure Bekanntschaft zu machen.”

“Die Freude ist ganz auf meiner Seite”, erwiderte Sigman. “Nehmt nur Platz hier bei uns”, fügte er mit einem leichten Lächeln hinzu - ganz so, als schmunzele er noch einmal über seinen kleinen Scherz von vorhin.

Dankend kam die Hofdame der Einladung nach und setzte sich zu Sigman.

“Auch ich bin hocherfreut eure Bekanntschaft zu machen, Euer Edelgeboren. Mein Name ist Sibela von Pfiffenstock, ich denke dies wird ein feines Unterfangen, bei solch interessanter Gesellschaft.”

Nach einigem freundlichen Geplänkel und dem üblichen Austausch von Höflichkeiten war es Sigman, der das Gespräch auf die bevorstehende Mission brachte: “Was genau ist denn unser Ziel, und wie wollen wir es erreichen? Wer von uns hat denn am ehesten das Ohr der Kaiserin, um ihr unser Anliegen vorzutragen? Ich für meinen Teil kann uns wohl bis zur Reichssiegelbewahrerin bringen. Ihren Schwiegersohn und den Vater ihrer Enkelkinder wird sie wohl empfangen.”

"Aufgrund der aktuellen Situation in der Kaisermark, der gesundheitlichen Beeinträchtigung unseres Markvogtes und der damit verbundenen politisch geschwächten Position im Königreich...", fasste Leonore kurz und knapp die, ihrer Meinung nach brenzlige Lage ihrer Heimat zusammen, "... müssen wir unsere politische Stellung festigen und Stärke demonstrieren, andernfalls sind wir durch unsere zentrale Lage ein gefundenes Fressen für all jene, die sich an unseren Schatullen bereichern wollen."

“Da kann ich Euch absolut nur beipflichten”, erwiderte Sibela. Die Zustände sind verheerend und wir sollten in vollem Interesse einer Wiederaufwertung handeln. Das Herz des Reiches kann nur gesunden und voller Kraft schlagen, wenn es in seinem Kern stabil ist. Diese Essenz ist es dann doch auch, welche auf alles andere abstrahlt. Die Mitte muss gestärkt werden, damit der Rest genesen kann. Doch wenn ich uns so anschaue, erkenne ich geballtes Charisma und ein gewissen Esprit. Ich denke, sofern wir vor die Kaiserin oder eine Ihrer Vertreterinnen treten können, werden wir deren Ohren schon gewinnen können. Ich weiß allerdings nicht, Euer Wohlgeboren von Weyringhaus, ob wir für ein solches Anliegen nicht weniger auf Beziehungen als auf das Protokoll setzen sollten.”

“Das eine schließt das andere nicht aus”, erwiderte Sigman mit einem milden Lächeln. “Eher im Gegenteil. Beziehungen mögen uns Wege ins Protokoll hinein erst öffnen. Aber es spricht ja nichts dagegen, dass jeder und jede von uns einen Teil für das gemeinsame Ziel beiträgt. Die kluge Bäuerin legt nicht alle Eier in denselben Korb.”

Die offensichtliche Spitze ließ Sibela gekonnt liegen, es würde sich noch zeigen wer hier der Bauer sein würde. Statt einer Erwiderung nickte sie nur beiläufig. “Natürlich, Euer Wohlgeboren, unser aller Beziehungen können sicherlich dem Protokoll etwas nachhelfen.” Im Grunde hatte Sibela mit dem Einwand ohnehin nur abwenden wollen, dass es zu einer Selbstverständlichkeit verkommen sollte, dass der Weyringhauser seine Kontakte alleine anspielen würde. “Sicherlich können all unsere weiteren Begleiterinnen - von denen ich hörte - hier noch ein breites Aufgebot an hohen Namen und Posten bedienen. Dennoch wird es spannend sein, die Positionen mit eben allen Delegiertinnen abzugleichen und das Beste für alle heraus zu holen.” Sibela warf Leonore einen flüchtiges Lächeln dabei zu, ließ aber den Blick durch den Raum schweifen.

Viele Götterläufe lang hatte Leonore am Grafenhof in Luring verbracht und auch als sie die Grafschaft verlassen hatte, bedeutete dies keinen Abstieg. Schließlich war sie seither am Hof der Halsmark, erneut nahe bei den Mächtigen des Reiches. “Vermutlich trifft Edelgeboren mit ihrer Einschätzung den Nagel auf den Kopf”, pflichtete sie der Pfiffenstock damit bei, wohl wissend, dass ihre Kontakte nicht direkt in den hohen Positionen saßen, aber durchaus dieses Einflüstern konnten.

So tasteten sich die Anwesenden weiter ab, während man Vorbereitungen traf für das weitere Vorgehen.