Geschichten:Nicht mit leeren Händen - Das Zusammentreffen I

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Am Wegesrand, Abend des 12. Hesinde 1043 BF

Sigman von Weyringhaus blickte sich in der getäfelten Stube um. Ein gastliches Haus, durchaus ordentlich, aber nicht weiter erwähnenswert - gut genug für eine Übernachtung, aber nach dem Aufbruch am nächsten Morgen bald wieder vergessen. Immerhin gab es hier ein Separee, in dem man sich in Ruhe und geschützt vor lauschenden Ohren unterhalten konnte. Das prasselnde Feuer im Kamin wärmte seinen Leib von außen, der Becher Glühmost von innen. Beides war hochwillkommen nach dem Ritt durch die winterliche Kälte. Ohnehin bevorzugte Sigman hölzerne oder irdene Becher. Die metallene Prothese, die er statt der linken Hand trug, mochte ein Wunderwerk zwergischer Mechanik sein - aber trotzdem noch zu grob, um damit ein filigranes Glasgefäß sicher zu halten, ohne es zu zerbrechen. Wie gut, dass ihm das warme Getränk ungefragt in einem Tonbecher kredenzt worden war.

Als die Tür zur Stube sich nun öffnete, löste Sigman rasch mit der rechten Hand den Becher aus der linken, um ihn auf dem Tisch abzustellen. Er erhob sich, strich im Aufstehen sein Wams glatt und begrüßte die eintretenden Damen höflich. Sibela - ganz in ein herbstliches Gewand aus einem vortrefflich kombinierten Stil gekleidet - hatte den Weg zu dem Mann gefunden, der die Aufmerksamkeit der Bündlerinnen der vier Eichen und im weitesten Sinn ihres Vetters und seiner Entourage war. Eigentlich machte er einen wirklich sympathischen Eindruck, beinahe schade, dass er nur Gegenstand von Observation sein sollte. Ein bisschen Vorarbeit hatte sie schon getan und sich informiert über diese vermeintlichen Saubermänner und -frauen der Familie Weyringhaus, kein schweres Unterfangen, waren sie doch bekannt wie bunte Hunde. Doch würde sie noch mehr aus dem Exemplar vor ihr herauskitzeln müssen, um zu eruieren wie er tickte, ihm bei den kommenden Gesprächen möglichst das Heft aus der Hand zu nehmen und um ggf. einen weiteren Streich zu setzen. Weshalb sie ein äußerst freundliches und weltfrauliches Gesicht aufsetzte als sie ihr Ziel erreichte. “Seid gegrüßt, Euer Wohlgeboren, ist an Eurer Seite noch ein Platz für mich zu haben? Ich hörte wir werden zusammen auf eine Mission gehen, um diese Fehde in etwas zu gestalten, dass allen wohl gereicht. Mein Name ist Sibela von Pfiffenstock. Es ist mir eine Ehre.”

“Platz ist hier selbstverständlich genug”, erwiderte Sigman mit einem ebenfalls sehr freundlichen Lächeln und einladender Geste auf die leeren Stühle. “Meine Nanduriaten habe ich allesamt daheim in ihrem Versteck gelassen”, ergänzte er in scherzendem Tonfall. Offenbar ging er davon aus, dass auch Sibela schon das über ihn kursierende Gerücht zu Ohren gekommen war - aber es schien ihn nicht sonderlich zu stören.

Hätte Sibela Sigmans Gedanken vernommen, hätte sie sich ein Schmunzeln wohl nicht verkneifen können. Denn das sie es gehört haben könnte, wäre eine glatte Untertreibung gewesen. So war es doch eine der ersten Nadelstiche gewesen, die sie seit dem Treffen auf Sonnentor gesetzt hatte, damit das Licht etwas weniger auf den Mann scheinen würde bei der kommenden Mission. Mit diesem Thema - das wusste sie nicht zuletzt durch ihren Vetter - konnte man die Weyringhauser immer etwas ins Zwielicht rücken. Selbst wenn sie wohl einen sehr eigenen Standpunkt dazu hatte und Sigman es versuchte weg zu scherzen. Ganz ohne war dieser Punkt nicht, ebenso wenig wie die anderen kleinen Gerüchte und Halbwahrheiten die nun im Umlauf waren. NIcht, dass sie wirklich schon um eine tatsächliche Konkurrenz an ihm gewusst hatte, sicher war nur, er war keine(r) von ihnen, das reichte aus für ein paar bewusst gesetzte Spitzen. Trotz ihrer Unkenntnis über seine Gedanken lächelte sie dennoch seine Bemerkung weg und setzte sich elegant auf den Platz neben ihn.