Geschichten:Nicht mit leeren Händen - Die Hand der Zahlmeisterin

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Elea von Ruchin hatte die Blicke und die wortlose Verständigung zwischen den versammelten Damen mit der beiläufigen Aufmerksamkeit verfolgt, die sich aus langen Jahren am kaiserlichen Hofe speiste. “Wir sind vollzählig”, stellte sie lapidar fest - dass von den Eingeladenen sonst niemand mehr erscheinen würde, war ihr offenbar schon bewusst.

Sie stellte sich neben den aufgebahrten Leichnam ihres Schwiegersohnes und ließ ihren Blick über die Anwesenden schweifen, bis sie sich derer vollen Aufmerksamkeit versichert hatte. “Es ist nicht die Stunde für ein Totengedenken”, begann sie - nicht in einem salbungsvollen, sondern vielmehr geschäftsmäßigen Ton. “Es ist die Stunde für Verhandlungen.”

Sigmans Hände waren auf der Brust übereinander gelegt. Die Zahlmeisterin griff behutsam nach der linken, der Prothese. Sie hob sie mit ihrer rechten Hand ein wenig an, so dass sie ihre Linke waagerecht darunter halten konnte. Ein leichter Fingerdruck an der richtigen Stelle des mechanischen Wunderwerks, und es ertönte ein feines metallisches Scharren, gefolgt von einem Klimpern. Elea zog ihre linke Hand hervor und ließ die Hand des Toten wieder vorsichtig hinab. “Verzeih, mein Guter”, murmelte sie.

Dann trat sie zurück zu den Versammelten und zeigte den Gegenstand, der in ihrer linken Handfläche lag. Es war ein glänzender Silbertaler, das garetische Wappen blitzte im Halbdunkel des Gewölbes auf. Elea wendete wie eine Gauklerin die Münze mit ihren Fingerspitzen. So war eindeutig zu erkennen, dass das Silberstück das Bild des Fuchses trug - auf beiden Seiten.

“Ihr kamt nicht mit leeren Händen”, sagte die Zahlmeisterin mit einem Blick in die Runde.