Geschichten:Nicht mit leeren Händen - Der Trauerzug

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Am Reisenden Hofe, früher Nachmittag des 18. Hesinde 1043 BF

Die Gesandtschaft preschte nicht eindrucksvoll heran, sie näherte sich nur mit gemessenem Schritt. Vorneweg die Kutsche der Reichsedlen Rymiona von Aimar-Gor, dahinter zu Pferde die anderen adligen Mitglieder der Delegation. Ihnen folgte das Gefährt mit dem Leichnam Sigmans - man hatte für die letzte Etappe den einfachen Karren gegen ein würdigeres Fuhrwerk aus der kaiserlichen Remise ausgetauscht. Dahinter ritt das Gefolge des Verstorbenen: sein Leibdiener Edsor, die Raulsmärker Weibelin Ronhild und der Gardist Tobimor. Ihnen folgte der restliche Tross. Alle Pferde trugen Trauerflor an ihrem Zaumzeug.

Die Kastellanin und der Hofstaat standen Spalier und erwiesen dem Trauerzug mit geneigten Köpfen die Ehre. Selbst oben am Fenster der kaiserlichen Gemächer war eine Bewegung zu erahnen.

Lassan folgte seinem Bruder auf einem Braunen, das schmale Gesicht versteinert. Er hatte das silberbeschlagene Zaumzeug anlegen lassen, das er für repräsentative Gelegenheiten zurückhielt, bei der der Blick der Königin Garetiens und Kaiserin des Neuen Reiches auf ihren Vasallen und Aftervasallen ruhte. Obwohl Lassan für gewöhnlich mit leichtem Gepäck zum Tross reiste, war es nicht schwierig gewesen, darin ein schwarzes Gewand zu finden. Als junger Mann hatte er einige Zeit fast ausschließlich schwarz getragen. Nun war die Farbe Borons dem Anlass angemessen.

Sibela führte zusammen mit Leonore von Vairningen die Delegation an, die sich hübsch hinter die auffällige Kutsche mit dem Malmer-Wappen der Aimar-Gor und vor das Gefährt mit des Weyringhausers Leichnam reihte. ‘Ein tragisch-trauriges wie bittersüß-passendes Bild diese Reihenfolge doch ergibt.’, dachte sich die Pfiffenstockerin, die zum Glück immer dunkle und edle Kleidung in ihrem Reisegepäck mit sich führte - den Farben ihrer Familie entsprechend. Ergänzt wurde das schwarze und leichte Gewand - durchwoben mit goldenen Fäden - von einigen regenbogenfarbigen Bändern, die im starken Kontrast zum Trauerflor standen. Sie war eigentlich zu viel herum gekommen, um dem nebachotischen Glauben der Wiedergeburtszyklen tatsächlich anzuhängen. Doch empfand sie hier den Brauchtum ihrer Ahnen doch als eine sehr passende Analogie. Sigman war tot und somit sein Einfluss in der Delegation - und diese würde nun nahezu alleinig unter der Einwirkung des Bundes der vier Eichen stehen. Besser noch - die Bündlerinnen würden als Sigmans Trauertross in hoher Achtung stehen. Eine wahre (Wieder)Geburt.

Auch wenn Leonore nicht beabsichtigt hatte, an einem Trauerzug mitzuwirken, so kamen ihr die Farben ihrer Familie, schwarz und silber, nun zupass. Ihre Wahl war passend zum Anlass, auf schwarze, mit silbernen Verzierungen versehene, Kleider gefallen. Stolz, ernst und zugleich Trauer zur Schau stellend, lebte sie die Inszenierung ihres gemeinsamen Schauspiels, mit dem sie sich und ihr Anliegen in Szene setzten.

Sibela kam nicht umhin dies zu bemerken und wechselte kurz einen Blick mit Leonore, ehe sie nach hinten schweifte. Direkt hinter ihnen ritt Rimiona von Heiterfeld - ein schnell hergerichtetes Kondolenzbanner führend - sie als weitere Vier Eichen-Bündlerin und Abbild einer (politisch versierten) Ritterin bildete den perfekten Abschluss beziehungsweise die perfekte Trennung zwischen ihnen und den Nicht-Bündlerinnen in der Delegation - die eher ritterlich-unpolitische Fridega vom Berg und die Dame von Isppernberg. Letzterer Familie per se in traditionsreicher Konkurrenz zu den Heiterfelds und in den ersten Fehdemonaten auch enorme Emporkömmlinge mit hohem Eigensinn. Vermutlich wäre diese eine gute (zweckmäßige) Verbündete für Sigman gewesen, nun war sie allein. Doch aufpassen müsste man auf diese Isppernbergs dennoch. Sibela wusste das, alle im Bund wussten das. Umso besser, dass die Isppernbergerin am Ende der Delegation recht verloren wirkte.