Geschichten:Nicht mit leeren Händen - Das ist kein Gaukelspiel

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Eine Augenbraue hob sich bei Sibela von Pfiffenstock, kaum merkbar im Schatten ihres leichten, schwarzen Schleiers. Währenddessen stand Rimiona von Heiterfeld da wie versteinert, ob aus Wortlosigkeit oder aus abwartender Haltung heraus war nicht zu erkennen.

Rymiona von Aimar-Gor hatte dem Spektakel ohne erkennbare Reaktion zugesehen, war innerlich jedoch neugierig worauf das Ganze hier hinauslaufen würde. Die Ruchin wollte im Angesicht ihres toten Schwiegersohnes verhandeln, das hatte etwas morbides und gleichzeitig verlockendes. Es musste dem Oberhaupt der Familie Ruchin sehr wichtig sein. Die Aimar-Gor beschloss abzuwarten, denn noch war nicht offenbar worüber die Ruchin verhandeln wollte.

Lassan jedoch fuhr auf. “Was soll das, Elea?”, brach es aus ihm hervor. Nun trat er doch aus der Reihe der Adligen. Nur einen Atemzug später hatte er die Worte, seiner Empörung Ausdruck zu verleihen: “Der Leichnam des Erben von Weyringhaus ist kein Gaukelsack!” Er trat neben die aufgebahrte Leiche - bereit, sich weiteren Handgreiflichkeiten in den Weg zu stellen. Vom Weihrauch umweht, fügte er in gemäßigter Lautstärke hinzu: “Und meinem Bruder ist zu gedenken - in der Kaisermark und in ganz Garetien. Darüber braucht es keine Verhandlung.”

‘Das vermag noch sehr interessant zu werden.’, dachte Sibela und ließ seicht den Blick zwischen den anwesenden Personen schweifen. Während die Heiterfelder Rimiona einen schlichten Schritt nach vorne machte, aus dem niemand erkennen konnte, was dessen Intention war. Dennoch trat ihre recht imposante Gestalt dadurch ein Stück mehr ins dämmrige Licht.

‘Was wird hier eigentlich gespielt’, dachte sich die Aimar-Gor im Stillen ohne dabei weiter eine Regung zu zeigen. Ihr Blick richtete sich dabei weiter nach vorne auf das Dargebotene. ‘Wie in der Garether Heldenbühne.’

Auch Leonore wusste nicht so Recht, was genau in Gegenwart des verstorbenen Weyringhaus verhandelt werden sollte. Natürlich war der Bund der vier Eichen mit seinem ganz eigenen Interesse an den Kaiserhof gekommen, doch zugleich waren sie auch die Vertreter der Kaisermark, deren Interessen sie ebenfalls gerecht zu werden hatten.

“Das ist kein Gaukelspiel” erwiderte Elea von Ruchin in aller Seelenruhe auf Lassans Ausbruch. “Dein Bruder hat dem Königreich und der Kaisermark noch im Tode einen treuen Dienst erwiesen. Ihr gemeinsam habt ihm dabei geholfen, und das soll Euch vergolten werden.” Ihre Finger spielten weiter mit der Münze, die dabei ab und an silbrig aufblitzte - woher auch immer das Licht kommen mochte, das sie dabei widerspiegelte.

“Es ist jetzt bald neunmal neun Monde her, dass die Tempel des Fuchses in Garetien ihre Tore für den Adel des Königreiches verschlossen”, fuhr die Zahlmeisterin fort. “Wir sind hier auf einer kaiserlichen Pfalz, bis hierher hat die Kirche ihr Verbot nicht erstreckt. Deshalb kann ich Euch sagen: Die Mondschatten sind bereit, die Tore einen Spalt breit zu öffnen. Wie weit genau, liegt an Euch. Entscheidet für Euch, was Euer Anliegen ist - und was Ihr dafür anzubieten habt.”

Ihre Faust schloss sich fest um die Münze - schlagartig schien es etwas dunkler in dem Gewölbe zu werden. Die Zahlmeisterin lächelte einmal verbindlich in die Runde, neigte kurz das Haupt vor ihrem verstorbenen Schwiegersohn und verließ den Raum.