Geschichten:Nicht in seinem Grab - Worte ins Schweigen

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Oldebor von Weyringhaus verfasst einen Brief an Bishdaryan von Tikalen

"Boron zum Gruße, Euer Gnaden -
 
 
 
 
Ich will nicht viele Worte machen, dem Schweigenden zum Wohlgefallen.

Ich suche Euren Rat bei der Deutung eines Traumes, der mich vor einiger Zeit heimgesucht hat. Wiewohl dieser Traum mich in tiefe Sorge versetzte, hat er durch die jüngsten Ereignisse womöglich eine neue Wendung erfahren.

Im Traum saß ich in der Kapelle des Klosters Sankt Parinor vor den Toren Gareths. Dieses Kloster wurde durch meinen Ahnherrn Thessan von Weyringhaus, von dem fürderhin noch die Rede sein wird, nach den Magierkriegen gestiftet. In der Kapelle haben seitdem fast alle Mitglieder meines Hauses ihren Traviabund geschlossen und viele von ihnen auch ihre letzte Ruhestätte gefunden. Der Anlass meines geträumten Besuchs war ein trauriger, denn ich sah im offenen Sarg meinen ältesten Sohn und Erben Sigman. (Mein Sohn erfreut sich, Peraine sei's gedankt, bester Gesundheit - abgesehen davon, dass er bei einer ruchlosen Entführung vor einigen Götterläufen seine linke Hand verlor und seither an deren Stelle eine von Zwergen geschmiedete Prothese trägt.) Im Traum fühlte ich mich schuldig an seinem Tod, wenn ich auch nicht wusste, welchen Beitrag genau ich dazu geleistet haben sollte.

Später im Traum fand ich mich in meinem Studierzimmer in der Villa Geldana wieder. Ich saß wie ein Schüler an einem wachsbeschmierten Schreibpult und wusste nicht, was ich niederschreiben sollte. Ich trat an das nächtliche Fenster und sah am tiefpurpurnen Himmel vier Madamale stehen. Als ich mich umwandte, stand Sigman vor mir und legte mir seine Hände - ob ich kaltes Metall oder lebendige Haut fühlte, das vermag ich nicht zu sagen - an den Hals. Seinem tödlichen Würgegriff entrann ich, indem ich das Wort "Korgond!" mit heiserer, fremder Stimme sprach.

Dieses Traumbild ist auch am folgenden Tage nicht verblasst - selbst nun, da ich diese Zeilen schreibe, steht es mir noch vor Augen wie eine Erinnerung.

In der Zwischenzeit habe ich jedoch das nämliche Korgond besucht und dort wundersame Dinge erfahren. In diesem Tempel, der über Jahrhunderte verhüllt war, kündet eine Tafel von den Heldentaten meines Ahnherrn Thessan - eine Heldentat, die meinem Hause bis dahin völlig unbekannt war. Thessan war Träger von Schwanenfeder, eines der Acht Schwerter der Goldenen Au. Man weiß von einem Travia und Peraine gefälligen Dasein, denn nach den Chroniken widmete er die zweite Hälfte seiner Lebenszeit der Errichtung des benannten Klosters. Nun aber spricht die Legende, dass Thessan in seinen späten Jahren im Traum eine Weisung von Rondras Gemahl Famerlor erhielt. Offenbar zog er daraufhin mit seinen Getreuen in den Raschtulswall und barg den Leichnam eines Hochgeweihten des Praios, der wohl von Ferkinas erschlagen worden war. Die drei goldenen Kugeln, die zur Tracht des Priesters gehörten, trug er später an einen unbekannten Ort. Was die Legende verschweigt: Kam Thessan von dieser allerletzten Reise überhaupt zurück? Und wenn nicht - wer oder was liegt dann in seinem Grab in Sankt Parinor begraben?

Ihr seht, Euer Gnaden, meine Fragen berühren nicht nur die flüchtigen Träume, sondern auch die fassbare Wirklichkeit. Umso mehr hoffe ich, dass Ihr mir einen Fingerzeig geben könnt, um das Dunkel ein wenig zu lichten. Ich harre Eurer Antwort in Andacht und Dankbarkeit.
 
 
 
 
Von eigener Hand verfasst in der Villa Geldana, am 18. Ingerimm des

Jahres 1040 nach Bosparans Fall."



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18. Ing 1040 BF
Worte ins Schweigen
Drei goldene Kugeln


Kapitel 2

Worte aus dem Schweigen
Autor: Oliver B.