Geschichten:Neues aus Neerbusch – In den königlichen Gärten

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Königliche Gärten unterhalb der Hochnjerburg, Königlich Neerbusch, Firun 1045 BF:

Verwunschen und wild breitete sich die königliche Gartenanlage über die Udilbert-Bastion aus und überwucherte die massiven, für die Lage der Burg mitten im Reichsforst zu übertrieben wirkenden Befestigungsanlagen unterhalb der Hochnjerburg. Kronvogt Udilbert von Düllerwüben hatte die Bastion einst erbauen lassen, doch schon sein Nachfolger Kronvogt Alberich von Windenstein-Zweifelfels ließ einen träumerischen Garten daraus machen, der zum Lustwandeln einlud – sehr den lieblichen Göttinnen Tsa, Peraine und Rahja zum Wohlgefallen. Die spätere Kronvögtin Jadvige von Praioslohe stiftete einen Brunnen mit einer ausladenden Greifenstatue aus Granit. Und Kronvogt Leomar von Zweifelfels? Was sollte von ihm bleiben? Nun, in seiner Amtszeit fiel die Wiederentdeckung der heilsamen Quelle unterhalb der Burg und so ließ dieser eine wahrlich königliche Therme im neo-rohalistischen Stil errichten. Verbaut wurden dabei viele der im Njertal zu findenden alten Steinquader, die wohl einmal zu der mythischen Stadt Eibingen gehört haben mussten und etliche uralte Steingravuren und Reliefs zeigten, deren Bedeutung heute unbekannt waren. Immer wiederkehrendes Motiv war dabei die Abbildung einer dreigesichtigen Frau, was nicht wenige als eine frühe Verehrung der drei lieblichen Göttinnen interpretierten. Wie es also schien, hatten nicht wenige Kronvögte das Bedürfnis gehabt, ihrem Monarchen etwas Fortwährendes zu hinterlassen.

Der königliche Gärtner Ealdur von Siandes, der sich selbst hochtrabend ‚Hüter des Lebens‘ nannte, kümmerte sich mit Liebe, Aufopferung und mit Hilfe seiner magischen Gabe um ‚seinen‘ Garten. Vielen am Hof galt er als verträumt, manchen gar verschroben und vollkommen weltfremd. ‚Der spricht mit den Pflanzen und lässt sie so wachsen‘, war die Meinung nicht weniger Höflinge. Doch auch sie schätzten den verwunschenen Garten, in dem sie sich zum Weintrinken und rahjagefälligen Erheiterungen trafen. Oder einfach nur, um dem allgegenwärtigen Intrigenspiel des Hofes zu entfliehen, oder um vertraut miteinander zu parlieren.

So erging es auch den drei Knappen des Kronvogtes. Lubomir, Leomelia und Helmar ließen sich auf einer steinernen Bank unweit des Greifenbrunnens nieder. Die Aufregung und das Entsetzen ließen sich noch von ihren jugendlichen Gesichtszügen ablesen. Denn eine Nachricht hatte wie ein Blitz eingeschlagen.

Der persönliche Knappe von Leomar von Zweifelfels, Radulf von Bärenau, hatte vollkommen erschöpft die königliche Domäne Neerbusch erreicht. Im Eilritt hatte er sein Pferd von Meilersgrund kommend, die Sporen gegeben. Schwer atmend, verkündete er eine Nachricht, die den Hof bis ins Mark erschütterte: Das Meilergrunder Krongericht hatte Kronvogt Leomar von Zweifelfels als Rädelsführer der Großfürstenbewegung zu 12 Götterläufen Verbannung aus Großgaretien verurteilt. Die Königin hatte ihn darauf seines Amtes als Kronvogt von Neerbusch entkleidet. Schockiert hatten sich die Höflinge angeblickt, nicht nur wegen der Absetzung Leomars, denn die Königin hatte keinen Nachfolger ernannt. Die Frage war also, wer würde den Zweifelfelser als Kronvogt nachfolgen?

„Warum hat die Königin die Nachfolge nicht gleich geklärt und das Amt neu vergeben?“, wollte Leomelia wissen.

„Na, das wollte sie wahrscheinlich dem neuen Großfürsten überlassen!“, antwortete Helmar keck.

„Aber der wird doch erst im Praios gekrönt.“

„Ja, das heißt, in den nächsten Monden werden sich so einige Kandidaten für das Amt warmlaufen und versuchen ihre Verbindungen zu nutzen“, entgegnete Lubomir.

„Neerbusch ist doch kein prestigeträchtiges Lehen … es ist total abgelegen, Reichtümer gibt es hier auch nicht.“ Leomelia zuckte mit den Schultern.

„Das schon, aber als Kronvogt gehört man zum Hochadel. Ich denke, da ist der Titel mehr wert als das Lehen an sich.“ Helmar kratzte sich fragend an der Stirn.

„Was denkt ihr, wer wird wen in Position bringen wollen?“, fragte Lubomir in die Runde.

„Na, die Zweifelfelser werden bestimmt einen der ihren ins Gespräch bringen“, preschte Helmar vor, „Aber wer weiß das schon, die sind ja momentan nicht so offensiv. Die haben ja sogar ihre Verluste in der Goldenen Au während der Fehde einfach so hingenommen.“

„Das liegt bestimmt an dem neuen Familienoberhaupt“, antwortete Leomelia, „die finde ich irgendwie unheimlich.“

„Na, wo die Zweifelfelser sitzen, sind doch bestimmt die Streitzig nicht weit“, feixte Lubomir. „Die lassen sich noch so eine Möglichkeit nicht entgehen.“

„Aber auch aus dem Umfeld des abgesetzten Kronvogts wird es einige geben, die sich nun zu höherem berufen sehen, da bin ich mir sicher.“ Helmar erhob belehrend seinen rechten Zeigefinger.

„Und was ist mit den Greifenfurtern?“, frage Leomelia.

„Was soll mit denen sein?“ Helmar machte eine abwehrende Handbewegung.

„Na, die neue Großfürstin ist aus der Mark, möglich ist doch, dass jemand aus ihrer Familie nun Kronvogt wird.“

„Naja, irgendwann werden wir es herausfinden“, schüttelte Helmar nahezu gleichmütig seine Schultern.

„Da fällt mir ein, warum sind die Perricumer Reiter eigentlich noch hier in Neerbusch?“ Lubomir blickte Leomelia und Helmar fragend an.