Geschichten:Natzungen im Frühjahr - 2. Ingerimmstunde

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Baronie Natzungen, 13. Tsa 1030 BF


Jorunde schaute sich das Chaos am Tor an. Sie fluchte laut. Die Schwingen hatten nicht nur die Torwachen niedergemacht. Neben ihr standen die verbliebenen Mitglieder der Familie Blumenau um den Leichnam Egilmars von Blumenau. Man hatte ihr berichtet wie sich Tanira von Natzungen den Weg freigekämpft hatte. Lange durfte Jorunde nicht zögern. Sie rief nach ihrem Pferd und ließ ihre Männer aufsteigen.

Ludegar war schnell am Feuer. Ohne lange zu Zögern zog er im Ansturm das Schwert durch. Sein Gegenüber war zu überrascht gewesen, um überhaupt reagieren zu können. Der Streich traf ihn hart am Kopf. Ludegar hatte kein Mitleid. Irgendwie war es einfacher, wenn man erst mal einen Menschen getötet hatte. Er hielt bereits auf den zweiten Mann zu, ehe er das Zusammensacken des ersten hörte.

Seine Glieder schmerzten gewaltig. Vor allem seine Schulter tat höllisch weh. Doch er versuchte den Schmerz zu ignorieren und stand abseits der Männer bei seiner Frau. An Taniras Blick konnte er ablesen, dass er ziemlich übel aussehen musste, was ihm für den Moment aber ziemlich egal war. Hauptmann Raul hatte so eben seinen Bericht beendet. „Aldare wollte dich also töten!“ stellte Hadrumir ernüchtert fest. „Warum hätte sie sonst einen Schützen positioniert?“ fragte Tanira. „Ich kann dies nicht fassen. Alle haben berichtet, wie tapfer, ehrbar und integer sie stets war. Und jetzt hat sie den Befehl gegeben, mich zu töten.“ Hadrumir wankte kurz. „Menschen verändern sich. Auch Aldare wird nicht umhin kommen, Kompromisse einzugehen. Sie sieht dich mittlerweile als Bedrohung an. Die Frage ist nur: Wie wirst du darauf reagieren?“ „Ich kann Natzungen nicht Aldare überlassen!“ sprach Tanira energisch. „Dies wird Geismar nicht zu lassen und der Windischgrützer erst recht nicht!“ „Nun lass mal die beiden aus dem Spiel! Was willst du?“

Ludegar war am zweiten Gegner heran, ehe dieser seine Waffe ziehen konnte. Mit Wucht hieb er auf den Gegner ein. Dieser duckte sich unter seinem Hieb weg, doch Ludegar ließ nicht nach. Sein Gegner hatte mittlerweile seine Waffe gezogen. Klirrend trafen die Klingen aufeinander. Ludegar hielt mit aller Kraft gegen. Mit einer Drehbewegung löste er die Klingen voneinander. Seine Klinge fuhr seinem Kontrahenten nun ein ums andere Mal um die Ohren. Er trieb ihn vor sich her. Ludegar behielt die Überhand. Mit einem Mal durchfuhr stechender Schmerz seine Seite.

„Ich werde Natzungen nicht kampflos aufgeben!“ sprach Tanira energisch. Mit einem Wink gab Hadrumir Hauptmann Raul zu verstehen, sich zu entfernen. Hadrumir stützte sich schwer an einem Baum. „Willst du Natzungen nicht aufgeben oder das, was damit verbunden ist?“ fragte er eindringlich. „Ich habe den Menschen Natzungens einen Schwur gegeben! Ich stehe zu meinem Wort!“ Aus Taniras Worten konnte Hadrumir ihre Entschlossenheit spüren. „Dann werden wir diesen Schwur erfüllen!“ sprach er leise.

Ludegar schalt sich selbst einen Narren. Er hatte im Eifer den dritten Gegner übersehen. Beide Gegner setzten ihm nun zu. Immer weiter ließ er sich zurückfallen. Rechts musste er parieren, links musste er parieren. Derart in die Defensive gedrängt blieben im nicht allzu viele Alternativen. Ihm musste dringend etwas einfallen.

„Hauptfrau, wohin halten wir uns?“ wurde Jorunde von ihren Männern gefragt. Die Frage war verständlich. Wohin würde sich Tanira von Natzungen wenden? Es gab nicht allzu viele Alternativen. „Mir nach!“ befahl sie energisch.

Eberhelm schaute auf. Ein größerer Trupp machte voraus Rast. Er führte seine Männer vorsichtig heran. In der dunklen Nacht waren keine Wappen zu erkennen.

„Wohin reisen wir nun?“ fragte Tanira. „Nach Orbetreu!“ antwortete Hadrumir. Tanira nickte resignierend. „Wir haben nur eine Schlacht verloren, der Krieg ist noch nicht vorbei!“ sprach Hadrumir aufmunternd. „Baronin! Baron! Da kommen Reiter!“

Ludegar entschloss sich alles auf eine Karte zu setzen. Er drehte sich durch beide Gegner durch. Schwer wurde er am linken Arm getroffen. Doch sein Plan ging auf. Die linke Seite des rechten Mannes lag offen und sein Streich traf diesen genau dort. Blut spritzte aus dem Bauch seines Gegenübers hervor. Ludegar fackelte nicht lange und stürmte auf den linken zu. Dieser hieb mit seiner Waffe nach ihm, doch Ludegar duckte sich unter dem Schlag durch und stieß mit seinem ganzen Gewicht den Gegner um.

Eberhelm von Greyfentrutz wurde zu Tanira und Hadrumir gebracht. „Euer Hochgeboren, ich freue mich Euch hier anzutreffen, auch wenn die Umstände wahrlich erfreulicher sein könnten. Eure Männer berichteten mir von dem Überfall auf Natzungen!“ Tanira lächelte freundlich. „Greyfentrutz, ich danke Euch für Eure Worte. Es ist schön, vertrauenswürdige Menschen um mich zu haben.“ „Darf ich vorschlagen, dass wir die Unterhaltung auf Weisenfels fortführen!“ fragte der Greyfentrutzer ohne Umschweife. „Betrachtet Euch als meine Gäste!“ Tanira zögerte einen Moment, doch Hadrumir ergriff das Wort: „Gerne nehmen wir Eure Einladung an!“

Ludegar kam hoch. Ehe sich sein Gegenüber aufrichten konnte, zog er den Rabenschnabel und rammte ihn mit aller Gewalt in den Schädel seines Kontrahenten. Ebenso schnell hob er sein Schwert auf und stürmte zum zweiten Gegner, welcher sich mit schmerzverzerrtem Gesicht immer noch die Bauchwunde hielt. Ludegar zögerte nur kurz und ließ dann das Schwert niedersausen.

Tanira hatte leicht neue Hoffnung geschöpft. Mit dem Greyfentrutzer an ihrer Seite ritt sie an der Spitze des Trupps. Hadrumir hatte sich beharrlich geweigert sich behandeln zu lassen. Nun lag er wieder auf dem Karren. Aber wenn sie Weisenfels erreichen würden, dann würde er sich nicht mehr vor dem Feldscher drücken können. Dafür würde sie Sorge tragen. Ein leichtes Lächeln umspielte ihre Lippen.

„Wer seid Ihr?“ fragte Edelgunde, als der tapfere Ritter an sie heran trat und sie aus ihrer misslichen Lage befreite. „Ludegar Eberhardt von Schwingenfels!“ Edelgunde massierte kurz ihre Handgelenke, während sie sprach: „Edelgunde von Greyfentrutz.“ „Was wollten die Männer von Euch?“ Edelgunde zuckte mit den Achseln. „Sie sagten, dass sie etwas von meinem Vater wollten.“ „Und wo ist der jetzt?“ fragte Ludegar. „Das weiss ich nicht!“ „Dann reiten wir nun nach Weisenfels!“ Ludegar wandte sich zu Gehen. Edelgunde folgte ihm.

Die Reiter passierten die Tore Weisenfels. Tanira fiel sofort das bewaffnete Volk im Hof auf. Was hatte dies zu bedeuten? Der Greyfentrutzer schien ebenfalls überrascht. Ein schmieriger Kerl trat an die Pferde heran. „Mein Auftraggeber erwartet Euch!“ Er deutete auf die Treppe zum Haupthaus, wo eine Frau im Wappenrock der Familie Gerstungen stand. Tanira schaute entsetzt zu Eberhelm. Dieser hatte ungerührt sein Schwert gezückt und hielt es Tanira an die Kehle. „Es tut mir leid, Euer Hochgeboren!“ Tanira konnte sehen, wie auf den Wällen Armbrustschützen auf die Schwingen anlegten.

Brin ging seine Runde durch Natzungen gemütlich weiter und sang: „Hört, ihr Leut und lasst euch sagen, es hat die Rahjastunde geschlagen.