Geschichten:Nachdenken

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Irgendwo in der Alriksmark, 4. Ingerimm 1044 BF

Dicke Wolken überzogen den Himmel der Alriksmark, doch es schien Efferd würde sich seinen Segen für die Reichsforster Lande aufbewahren. Träge trotteten die Pferde einer Ritterlanze auf der Landstrasse aus Eslamsgrund in Richtung Schlund dahin, das Hufgeklapper nur unterbrochen vom Geplapper und Gelächter der beiden Kutscher des zweirädrigen Karrens vor ihr, dessen Geleitschutz der Ritter und seine Gefolgsleute bildete.

Felian von Perainsgarten war mit sich zufrieden. Zwar war er wie so häufig bereits im zweiten Durchgang des Eslamsgrunder Tjosts ausgeschieden. Doch bedeutsamer war der gute Verkauf einer ganzen Wagenladung Obstbrand an Adlige und Händler und das damit verdiente Gold und Silber, mit welchem die letzten Schäden der durchgezogenen Perricumer "Friedens"-Truppen beglichen werden konnten. Weniger war er hingegen zufrieden mit dem Turnier an sich und wie dieses geendet hatte. Mit einer Selbst-Proklamation Sigmar Therengars von Gareth-Firdayon zum Grossfürsten und der gleichzeitigen Absetzung des Eslamsgrunder Grafen direkt in dessen Gesicht. Der Junker schüttelte den Kopf. Als ob das Blutige Jahr noch nicht genug gewesen wäre: Vier Grafschaften hatten sich bereits die Köpfe blutig geschlagen, nun mussten auch noch eine fünfte und die Krone zur Klinge greifen. Felian schauderte und blickte sich verstohlen zu seinen Waffenknechten um, doch diese hatten sich einige Schritte zurückfallen lassen. Sie kannten ihren Herrn und seinen Hang zum Grübeln in letzter Zeit – am besten liess man ihn in solcher Stimmung alleine.


Als Königlicher Vasall hatte Felian in der allgemeinen Eslamsgrunder Euphorie zur Proklamation gute Miene zum bösen Spiel gemacht. Wenn Fürsten und Grafen Politik machten, was wollte da ein kleiner Junker seine Stimme erheben. Gleichzeitig war er blickte er leicht besorgt in die Zukunft. Die Königin würde eine solche Provokation unmöglich hinnehmen können, wollte sie nicht beim Adel ihr Gesicht verlieren, und so würde er womöglich bald dem ein oder anderen seiner Eslamsgrunder Zechkumpanen auf dem Schlachtfeld gegenüber stehen. Überhaupt, schmunzelnd liess Felian den gestrigen Abend Revue passieren während er versonnen einer Wolke in Form eines Gestechhelms hinterherschaute, die majestätisch über ihm schwebte. Da war diese junge Ritterin in der Taverne gewesen, in der Felian den Abend hatte ausklingen lassen wollen. Am Tisch hatte es natürlich nur ein Gesprächsthema gegeben und nachdem die junge Dame erfahren hatte, dass Felian in Korgond mit dabei gewesen war, war sie den ganzen Abend nicht mehr von seiner Seite gewichen. Mit jedem weiteren Humpen waren sie mehr ins Philosophieren gekommen über Korgond und vor allem was es bedeutete Ritter zu sein. Interessiert hatte Felian ihren Schilderungen der Abenteuer des Fuchsrudels zugehört. Wenngleich sich für den abgebrühten Veteran unzähliger Feldzüge das ein oder andere eher nach der Fantasie eines horasischen Hellerromans angehört hatte war Felian doch beeindruckt gewesen vom Idealismus der jungen Frau, ihrem Stolz und der Vehemenz wie sie das Fuchsrudel und die ritterliche Ideale beschwor und verteidigte, wenn er sie jeweils innerlich zwinkernd mit einigen wohlüberlegten Worten provokativ aufzog.

Ein Gedanke blitzte durch Felians Kopf: Weshalb hatten sie eigentlich nicht die Nacht zusammen verbracht, sie schien nicht uninteressiert gewesen zu sein? Der Junker schüttelte den Kopf. Völlig ausgeschlossen, er musste sich getäuscht haben – fünf Jahre ohne Frau mussten seinen Sinnen einen Streich gespielt haben. War jetzt schon der Wunsch Vater des Gedankens? Felian hatte ihre Gegenwart genossen, ihre Gespräche hatten ihn allerdings auch nachdenklich werden lassen. Seit dem Haffax-Feldzug hatte er sich zurückgezogen und nur noch für seine Familie, seine Untertanen und die Geschichte der Schlunder Lande gelebt. Die Grosse Fehde? Nach dem Tod seines Sohnes Perainyan hatte er ihr den Rücken gekehrt. Sein Lehen war letztendlich königlich, was interessierten ihn die Streitereien der Grafschaften? Doch hatte er sich damit womöglich einer Verantwortung entzogen? Ging von Eslamsgrund ein Geist der Veränderung aus? Mühsam versuchte sich Felian an den Unterricht aus seiner Jahrzehnte zurückliegenden Knappenzeit zu erinnern und die zwölf Rittertugenden aufzuzählen. Die Helmwolke war bereits hinter dem fernen Gareth verschwunden als er sie endlich beisammen hatte und Felian war plötzlich, als ob sich ein wohliges Gefühl sich in seiner Brust ausbreitete. Unerschütterliche Gewissheit erfüllte ihn. Er war ein Ritter! Junker in einer Königlichen Baronie: Ein Ritter der Königin!


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Texte der Hauptreihe:
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