Geschichten:Nach der Schlacht - Aus Beilunk mit der Barke (Heimreise I)

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Auf dem Perlenmeer südlich vor Beilunk, 13. Travia 1040 BF

Im Norden versanken die letzten Bergspitzen im klaren Blau des Golfs von Perricum, während sich gleichzeitig am östlichen Horizont langsam Praios' Auge aus dem Wasser erhob, um einen strahlend schönen Tag anzukündigen. Während die Mannschaft der kleinen Barke derlei schon oft genug erlebt hatte und weiterhin ihrem Tagwerk nachging, betrachteten alle Passagiere ergriffen das Schauspiel. Mehr oder weniger… Von dem guten Dutzend Adligen und ihren Bediensteten, die sich eine Schiffspassage auf der "Efferdsmaid" ergattert hatten um den weiten Weg vom Reichstag in Beilunk nach Hause etwas zu verkürzen, lag knapp die Hälfte auf der windabgewandten Seite des Schiffs über der Reeling und verfluchte im Stillen den Gedanken ein Frühstück zu sich genommen zu haben. Zwei Koscher Baroninnen schien es besonders schlimm erwischt zu haben, doch auch ein Almadaner Junker schien nur wenig seefester.

Erschöpft stand Rhuna an der Reling und beobachtete gedankenversunken das Schauspiel, welches in ihr, zu einer anderen Zeit, an einem anderen Ort, durchaus Entzücken hervorgerufen hätte. Heute aber war ihr Kopf schwer von den vergangenen Ereignissen und träge von der durchwachten Nacht. Das Geschaukel der Barke hatte sie leider nicht in den Schlaf gelullt sondern viel eher aufgewühlt und ihre Gedanken zurück an den Darpat versetzt. Unweigerlich flogen ihre Gedanken zu ihrem verstorbenen Gemahl, an die vorgefundene Zerstörung und die Verwüstungen entlang das Darpatufers, welche sie antraf als sie nach der Schlacht von Zwingstein wieder heimgekehrt war. Damals fühlte sie sich genauso ausgelaugt und innerlich kalt wie jetzt an diesem anbrechenden Tage.

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*~*~*~ währenddessen unter Deck ~*~*~*

Mit einem unterdrückten Fluch drehte Felian von Perainsgarten die Flasche Schnaps um, und sah dem letzten Tropfen zu, wie er auf seinen Oberschenkel tropfte. Im Gegensatz zu seinen Mitreisenden hatte er nichts für Sonnenaufgänge übrig und schon gar nicht auf einem Schiff! Welcher Dämon hatte ihn eigentlich geritten, dass er sich dazu überreden lassen hatte die Heimreise ausgerechnet auf diese Weise zurückzulegen? Grummelnd drehte sich der Junker auf dem harten Lager um und suchte im Halbdunkel unter Deck nach einer neuen Flasche. Vermutlich hatte er sich irgendwann gestern Abend breitschlagen lassen, schliesslich hatte es ordentlich etwas zu feiern gegeben, nachdem Felian zusammen mit seinem Schwippschwager Ardo von Keilholtz, seinem Nachbarn Barduron von Sennenberg-Ruchin samt Begleiterin – deren Namen Felian vergessen hatte – sowie der Perricumer Junkerin Rhuna vom Bogen in Mendena einen Auftrag des Reichsgrossgeheimrats zu erledigen hatten und dabei mit drei Hummerier aneinandergeraten waren. Mit der Edlen vom Darpatbogen war er anschliessend noch zu zweit weitergezogen, soweit erinnerte sich Felian noch, und bei einer Flasche weissen Aranierweins in einem Schankkeller, dessen Namen Felian ebenfalls vergessen hatte, waren sich die beiden näher gekommen. Beide hatten sie in den Kämpfen gegen die Haffaxschergen um die Jahreswende ihren Ehegatten verloren. Diese Gemeinsamkeit, die gemeinsamen unheimlichen Erlebnisse in Mendena mit einem sprechenden Riesen-Eichhörnchen, echten und falschen Widerstandskämpfern, Al'Anfanern und dem Kampf mit den Hummeriern sorgte für genügend Gesprächsstoff zwischen den beiden. Felian hatte festgestellt, dass er die Gespräche mit Rhuna sehr mochte und nicht nur diese. Er musste gezwungenermassen schmunzeln, obwohl ihm überhaupt nicht danach war, dachte unwillkürlich an seine Edelheid, zuckte zusammen und brauchte jetzt unbedingt eine neue volle Flasche. Doch, Felian war sich sicher er mochte Rhuna. Anders konnte er sich nicht vorstellen, wie er bei seiner extremen Meeresangst hatte zustimmen können, die Rückreise per Schiff zu bestreiten.

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*~*~*~ währenddessen auf Deck ~*~*~*

Das Praiosmal war bereits gänzlich über den Horizont getreten und schickte eine erste Welle wohltuender Wärme über die See. Trostsuchend schloss Rhuna die Augen und spürte der Wärme auf ihrer Haut nach. Und mit dieser wohligen Wärme kamen Bilder aus Mendena in ihr auf, die ihr frostiges Gemüt erwärmten. Überrascht stellt Rhuna fest, dass Felian von Perainsgarten ihr sehr imponiert hatte als er sich standhaft gegen diese Hummerier erwehrte. im Gegensatz zu ihr war er wenigsten effektiv gegen diese Ungetüme gewesen. Das hatte einen deutlich positiven Eindruck bei Rhuna hinterlassen. Beim anschließenden Anstossen auf den Sieg in einer der örtlichen Lokalitäten fand sie dann mehr und mehr gefallen daran dem älteren Mann zu zuhören und mit ihm und den anderen Mitreisenden das erlebte rekapitulieren zu lassen. Zu späterer Stunde waren nur noch die zwei in der Taverne zurück geblieben und so wurden die Gespräche vertrauter. Rhuna war ebenfalls überrascht als sie feststellte, welche Parallelen ihrer beider Lebenswege aufwiesen, hatte doch auch er erst kürzlich seine Angetraute an der Gaulsfurt verloren. In sich hinein lächelnd öffnete sie wieder die Augen und besah sich den neuen Tag. Sie wusste noch nicht was die Götter mit ihr vorhatten, aber sie spürte, dass sie Felian von Perainsgarten auf eine gewisse Art und Weise zugetan war. Still dankte sie Praios und Tsa für diesen neuen Morgen und wandte sich fast beschwingt ab um unter Deck doch noch etwas Schlaf finden zu mögen.

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*~*~*~ währenddessen unter Deck ~*~*~*

Ruckartig setzte sich Felian auf. Welch ein erbärmliches Bild er doch gab. Den Koschern und dem Almadaner war das Meer doch noch fremder und trotzdem verhielten sie sich nicht so kindisch. Ritter, Dämonenschlachtveteran, Mitglied des Ordens von Korgond und dann solch ein Bild? Zum Rondrawetter, zwei Tage auf dieser Nusschale würde er doch wohl überleben wie alle anderen auch? Kurz entschlossen stand er auf und schlug sich prompt den Kopf an der niedrigen Decke. Grummelnd stand er einen Moment da und wartete bis der Schmerz und das Schaukeln des Schiffes einigermassen annehmbar waren. Dann ging er gebückt zum Niedergang und begann die Leiter emporzusteigen. Knurrend betastete Felian seinen brummenden Schädel, während er langsam und vorsichtig die steile Stiege hinaufstieg. Natürlich hatte er sich prompt wieder den Kopf an einem Balken gestossen. Nein, er mochte definitiv keine Schiffe… blickte auf und genau in die aufgehende Sonne. Reflexartig schloss Felian seine Augen, trotzdem sah er feurige Lichterkreise, als ob er gerade einen "Blitz" abbekommen hätte, oder wie seine Halbschwester Tolmana diesen Zauber auch immer genannt hatte. Während er eine Hand vors Gesicht hob und versuchte sich zu orientieren, schob sich eine Sonnenfinsternis vor das blendende Licht. Blinzelnd versuchte Felian mehr als nur Rhunas Umrisse zu erkennen. "Oh holde Alveranierin im Sonnenlicht, euer Anblick blendet mich!" versuchte er einen Scherz.

Amüsiertes Lachen erschall von dem Umriss vor ihm. "Du hast dir wohl etwas zu arg den Kopf angestoßen, Felian. Aber ich nehme dieses Kompliment gerne entgegen." vernahm er Rhunas Stimme. Und im nächsten Augenblick blendete ihn wieder die volle Kraft der Pariosscheibe, als sie ihm den Weg frei machte um gänzlich an Deck treten zu können. " Mich wundert es dass du schon wach bist. Treibt dich ebenfalls die Seekrankheit herauf?" spöttelte sie ihm zu. "Man brauchte ja schon etwas Überzeugungskraft, um dich zur Schiffsreise zu animieren wie mir schien. Oder ist es das ungewohnte Schaukeln der Wellen die dich hier herauf trieben?" forschend versuchte sie aus seiner Miene eine entsprechende Emotion zu deuten.

"Weder noch." Ungewohnt sicher auf den Beinen für einen angeblich Seekranken setzte sich Felian einige Schritte weiter zwischen einigen Kisten und Taurollen aufs Deck und machte Rhuna gegenüber eine einladende Geste. Augenblicke später sass sie im Schneidersitz neben ihm. "Es ist diese weite Leere" fuhr Felian fort, "diese Machtlosigkeit, dieses Gefühl des Ausgeliefertseins auf dem Wasser, das mich jedes Mal irre macht. An Land kannst du kämpfen oder versuchen davon zu rennen wenn etwas ist. Aber hier?" Er blickte Rhuna an und zuckte die Achseln und fügte lächelnd hinzu: "Jeder hat eine Schwäche, und die meine ist nun mal das Meer. Aber zwei Tage auf einem Schiff oder drei Wochen zu Fuß unterwegs nach Hause, da kann man doch auch mal die Hinterbacken zusammenkneifen, nicht? Schliesslich ist Herbst und die Arbeit daheim erledigt sich nicht von selbst. Besonders nicht, wenn das wahr ist was erzählt wurde und immer noch Reste von Haffax' Mordbrennern durch die Lande streifen. Deswegen ein zwei gute Flaschen und es lässt sich geradeso aushalten." Wie auf Stichwort entfuhr ihm ein Rülpser. Reflexhaft, doch trotzdem viel zu spät nahm Felian die Hand vor den Mund während eine grinsende Rhuna feststellte, dass ein schlachtgestählter Krieger wegen so etwas Kleinem tatsächlich rot anlaufen konnte.

"Wohl wahr gesprochen. Ich hätte Dir das gar nicht zugetraut, dass ein Mann deines Formates auch noch den Schneid hat seine Schwäche anzusprechen. Das macht dich ungleich sympathischer." spöttelte sie ihm zu. "Aber es stimmt schon, so sind wir schneller daheim, auch wenn ich befürchte, dass davon nicht mehr viel übrig sein wird." Melancholisch schweifte ihr Blick von Felian ab hinüber zum Horizont. "Es wird noch viel zu erledigen sein wenn wir erst mal daheim sind." fügte sie mit einem Seufzen an. Nach einem Augenblick der Stille bemerkte sie mit einem Seitenblick auf ihren Gesprächspartner: "Auf eine Bootstour den Darpat entlang brauche ich dich also nicht einladen."

"Nein. Die zwei Tage auf diesem Kahn hier reichen erstmal für eine Weile", konnte Felian bereits wieder lächeln, "der eigentliche Grund jedoch ist, dass ich in Perricum mein Pferd untergestellt habe. Und das will ich wieder mit zurücknehmen – geritten ist es darpataufwärts fast gleich schnell wie geschiffert. Doch ich verstehe dass du es wohl genauso eilig hast wie ich. Schad, ich hätte gerne mehr Zeit mit dir verbracht…" Beide schwiegen einige Sekunden und gingen ihren eigenen Gedanken nach, ehe Felian das Thema wechselte. "Weisst du Rhuna, im Schlund hatten wir Phexensglück und kamen weitgehend ungeschoren davon, ganz im Gegensatz zu euch im Darpattal meine ich. Trotzdem habe ich es satt, ständig die Waffe ziehen zu müssen. Ich möchte einfach mal etwas in Ruhe aufbauen, möchte Zeit haben für meine Kinder, mein Land und meine Leute. Ohne allzeit bereit, ständig irgendwo hin Köpfe einschlagen zu gehen. Einfach mal Ruhe haben." Felian schüttelte den Kopf und lächelte Rhuna an: "Ich glaube ich hatte doch ein bisschen mehr als ich sollte, genug für heute Morgen." Er stand auf und hielt sich an der Reling fest. "Es ist wohl besser ich lege mich noch einmal hin, ehe ich dich mit noch mehr sentimentalem Unsinn eindecke."

"Manchmal ist dieser sentimentale Unsinn befreiend für die Seele. Aber ich verstehe, wenn du da nicht drüber reden magst." Und nach einem Strecken und Gähnen hievte sich Rhuna ebenfalls auf die Beine. "Ich glaube ich würde dich gerne begleiten....." - und als sie realisierte das man sie auch falsch verstehen könnte fügt sie schnell noch räuspernd hinzu: " Also, ich meine... Schlafen ist ein guter Punkt... jeder für sich natürlich.. in seiner Koje...", stammelte sie errötent. Schallend lachte Felian auf und klopfte Rhuna dabei auf die Schulter. Und im aufgehenden Praiosschein gingen beide unter Deck in ihre Kojen um den vernachlässigten Schlaf nachzuholen.


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13. Tra 1040 BF zur morgendlichen Tsastunde
Aus Beilunk mit der Barke (Heimreise I)
Ein Brief nach Amselhag


Kapitel 5

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