Geschichten:Lisande und Leomar - Hoffnungsschimmer

Aus GaretienWiki
Zur Navigation springen Zur Suche springen

Lisande und Leomar - Hoffnungsschimmer
Mitte Boron 1045 BF, Gareth, zur Abenddämmerung

Lisande musste unwillkürlich lächeln. Eine Regung, die sie das erste Mal seit Monden zeigte, seit der Schlacht im Tal der Kaiser. Sie stand am schmalen Fenster der kleinen Kammer, welche seit ihrer Gefangennahme ihr unfreiwilliges Domizil war und ließ die letzten Strahlen der Praiosscheibe auf den Brief in ihrer Hand fallen. Noch einmal las sie die Zeilen, welche Leomar ihr gesandt hatte. 'Dass meine sorgsam gehegten Gefühle für dich, einen Widerhall in deinem Herzen finden.' Er hatte tatsächlich aus dem Roman der Wildhüterin Alrike zitiert, den sie ihm vor Monden gegeben hatte! Erneut las sie diesen ersten Absatz seines Briefes und presste das Pergament an fest ihr Herz. Sie spürte, wie die Gefühle sie übermannten und sich etwas in ihrer Brust zusammenzog. Eine merkwürdige Mischung war das, aus Freude und Trauer, Glück und Furcht und sie trieb ihr die Tränen in die Augen.

Mit einem leisen Schniefen setzte sie sich auf den einfachen Schemel den man ihr zugestanden hatte, an den kleinen Tisch, der neben einem schiefen Bettgestell mit Strohmatratze und einer kleinen Truhe für ihre Kleider, das einzige Mobiliar darstellte. Ein weiterer Brief lag geöffnet auf der grob geschreinerten Tischplatte, geschrieben auf feinem Büttenpapier, in welches das Kressenburger Wappen eingearbeitet war. Ihr Bruder hatte tatsächlich von ihrem Schicksal erfahren, auch wenn Lisande es vermieden hatte, ihn von sich aus in die Sache mit hineinzuziehen. Ohne Zweifel war sie eine Belastung für Ardo, der sich stets bemüht hatte, den Namen der Familie bei Greifin und Kaiserin in einem guten Licht erscheinen zu lassen. Ihre eigenen Errungenschaften auf diesem Gebiet waren dem eher nicht zuträglich, wie sich die junge Ritterin eingestehen musste.

Trotzdem hatte er ihr seine bedingungslose Unterstützung zugesichert. All seinen Einfluss wollte er geltend machen, um sie vor dem drohenden Schicksal zu bewahren. Noble Worte, einem Baron zweifelsohne angemessen. Doch fragte sich Lisande, was ihr Bruder hier in Gareth vor dem Krongericht erwirken wollte. Sicherlich hatte er Freunde im Hochadel und manche Beziehung zu wichtigen Personen. Doch vor Praios' Angesicht und der Kaiserin Gericht würde das trotzdem kaum ausreichen, um sie vom Vorwurf des Hochverrats freizusprechen.

Oder vielleicht doch? Sie griff nach dem Papier und strich über das eingeprägte Wappen. Die Buchstaben konnte sie in der hereinbrechenden Dunkelheit nicht mehr deutlich erkennen, doch hatten sich die aufmunternden Worte in ihrem Gedächtnis verhaftet. Wenn Ardo sich solcherart für sie einsetzte, dann würde sicherlich auch Leomar Unterstützung von seiner Familie erfahren. Der alte Burggraf würde seinen Enkel doch bestimmt nicht kampflos dem Henker überantworten, wenn er nicht noch die Möglichkeit hätte, dies zu beeinflussen. Und Einfluss bei Hofe hatte Oldebor von Weyringhaus mit Sicherheit! So sehr sie und Leomar sich immer erträumt hatten, sich einen Namen unabhängig von ihren Familien zu machen, so könnten ihre Familien doch ihre Rettung sein.

Langsam sank sie vor dem kleinen Fenster auf die Knie, durch das bereits die nächtliche Kühle hinein sickerte. Still wand sie sich an den Herrn Praios, dass er Leomar und ihr Gnade zuteil werden ließe, an die Herrin Rondra, dass sie ihnen den nötigen Mut schenken möge jedwedes Urteil ritterlich hinzunehmen und zuletzt an die Herrin Travia, dass sie ihre Hand schützend über sie halten möge, damit sie beide eines Tages in ihrem Namen vereint sein konnten. In Lisandes Seele aber breitete sich ein Licht aus, welches selbst die dunkelste Kammer zu erhellen vermochte und es trug den Namen Hoffnung.


 Wappen Mittelreich.svg  Wappen Koenigreich Garetien.svg   Wappen Kaisermark Gareth.svg  
 Reichsstadt.svg
 
17. Bor 1045 BF 18:00:00 Uhr
Hoffnungsschimmer
Aussichtslosigkeit


Kapitel 7

Gute Kunde, böse Kunde
Autor: Keilholtz