Geschichten:Licht und Schatten

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In den Schattenlanden, Rahja 1039 BF, des Nächtens

Lomenas Körper spannte sich an, dieses unscheinbare Gut sollte es sein.

Sie und ihre Raulsfeldschen Begleiter, die mit dem kaiserlichen Heerzug reisten, hatten sich gestern früh zu einer Erkundungsmission ins tobrische Hinterland gemeldet, nicht ohne Grund.
Denn seitdem sie die Trollpforte passiert hatten galt für die Raulsfelder Junkerin nur eins, den Mörder ihres Mannes zu finden, der sich 1036 BF aus der zerfallenden Wildermark in die Schattenlande abgesetzt hatte.
Ihre letzten Informationen waren dank ihres Bekannten Balrik von Keres nicht völlig aussichtslos und sie hatte eine vage Vorstellung davon wo sich Praigrimm oder Blakhargrimm nun befinden musste. Als sie sich dieser Region genähert hatten, hatte Lomena sich und ihre Ritter und Waffenknechte immer wieder zu Erkundungsmissionen einteilen lassen, so wie diese. Auf diesen Missionen, die nicht ohne Gefahr waren, einen der ihren hatten sie schon verloren, andere waren verletzt worden, hatten sie immer weiter nach Hinweisen auf den Bruder ihres Gatten gesucht, manchmal auch schamlos aus Leuten heraus gepresst, was oft zu Diskussionen unter den ihrigen geführt und auch ihr ein schlechtes Gewissen eingebracht hatte.
Dennoch hatte es sich gelohnt, bei ihrer letzten Mission hatte man einem Trunkenbold von Wirt, einem Heshion, die entscheidende Information entrissen, bevor er sein Leben ausgehaucht hatte. Lomena hatte es nicht schade um diesen tobrischen Verräter gefunden, der sich hier gut mit seinen neuen Herren abgefunden hatte, doch sie bereute wie sie ihn behandelt hatten, war so eine Grausamkeit ihrem Ziel noch gerecht?
Nun schüttelte sie diesen Gedanken, der sie in den letzten Tagen immer häuffiger quälte, hinfort, denn die Gerechtigkeit war nahe. Dort in dem kleinen Gutshof vor ihr, sollte sich der Brudermörder und Dämonenbündler aufhalten. Endlich sollte er seiner gerechten Strafe zugeführt werden, für all seine Verbrechen, von der Schäh- und Hetzschrift der Goldenen Postille, über die blutigen Überfälle im nördlichen Garetien bis zu eben jenem Mord, der das Leben der Junkerin verändert hatte und zu wer weiss was noch für schlimme Gräueltaten.

Das Gut war ein typisch tobrischer, trutziger Hof, wenn auch recht klein, gelegen auf einer sanften Anhöhe, umgeben von einer nur halb intakten Holzpalisade, deren Pfähle unterschiedlich in der Höhe waren und deren spitzen Enden bedrohlich nach oben ragten.
Die Steine des Hauptgebäudes waren stark dunkelverfärbt und das Holz des Gebäudes und seiner Nebengebäude wiesen Spuren von Feuerschäden auf, außerdem schien es an einigen stellen morsch. Ansonsten schien der Hof recht gut erhalten und man trotzte der Umgebung trotz der schlechten Bedingungen zumindest etwas Getreide und andere Feldfrüchte ab, welche aber mitunter verdächtigt faulen Geruch verbreiten.
Die Szenerie war recht dunkel, dunkle Wolken verhingen den nächtlichen Himmel und am Gut brannten nur wenige Fackeln, doch es war jemand zugegen. Eine Wache drehte ihre Runden auf dem Gelände, soviel konnten sie erkennen.
Und man hatte sie offensichtlich noch nicht bemerkt und so schlichen sie noch näher heran. Lomena verabscheute solche Heimlichtuereien, doch gegen dieses unehrenhafte Pack half nichts anderes. Greifwin hatte sich – seines Namens zum Trotz – schon einige Male in solcher Heimlichkeit bewiesen und strafte seinem Alter lügen, so war er auch diesmal als erster heran und schaltete die Wache als sie kurz das Tor passierte mit einem kräftigen Schlag aus. Dann waren auch schon die anderen zur Stelle. Den bewusstlosen Körper schleifte man vor die Palisade und Greifwin machte sich daran ihn zu knebeln und zu fesseln, als Lomena, mehr als angespannt und voller innerem Zorn, der Geduldsafden riss. „Das dauert mir zu lang.“, sagte sie und durchschnitt der Wache die Sehnen an der Fersen, was sie schlagartig aus ihrer Bewusstlosigkeit riss und Ritter Greifwin, den Knebel wirklich hart anziehen musste damit der Frau kein Schrei entglitt, dabei baumelte deren Zunge seltsam zwischen Knebel und Unterlippe hervor. Lomena packte diese und schnitt ihr auch diese ab. Woraufhin Greifwin sie ungläubig anstarrte, doch sie nur halb verlegen, halb voller Zorn sich von seinem tadelnden Blick abwandt mit den Worten: „Das wäre erledigt – nur eine Paktiererin.“ Auch die anderen mussten sich kurz fangen, doch ihre Anführerin machte Anstalten weiter auf das Gelände vorzudringen, während ihr Opfer gerade wieder in die Bewusstlosigkeit fiel.
Auch jetzt schien sie niemand bemerkt zu haben und sie drangen ohne weitere Probleme auf das Gelände bis kurz vor den Haupteingang des Haupgebäudes, aus dem nur wenig Licht schien. Doch plötzlich trat ein Mann aus dem Gebäude, sein drahtiger Körper wurde umschmeichelt von dunklen, edlen Stoffen, etwas wie ein Greif darauf gestickt. Seine Haut war fahl und bleich, die Augen blutunterlaufen und von einer intensive Farbe wie glühende Kohlen, sogar bei diesen Lichtverhältnissen. Sein recht strähniges, dunkles Haar war akurat nach hinten zu einem kurzen Zopf gebunden. Und dauerhaft huschten ihm Schatten über das Gesicht und bildeten bizarr-anmutige Formen. Er schien sie zu erwarten. Sofort schauten sich die Angreifer nach Hinterhalten oder Schützen im Gebäude um, doch es war nichts Offensichtliches zu erkennen.
Umso perfider wirkte das breite Grinsen des Mannes vor ihnen. „Willkommen, meine edlen Streiter für Licht und Gerechtigkeit. Willkommen vorallem meine geschätzte Schwägerin.“
Diese spieh aus und verfluchte Blakhargrimm den sie das letzte Mal vor ungefähr 13 Jahren gesehen und der sich sehr verändert hatte seit dem. Doch sie traute der Situation nicht und blieb auf Abstand, widerstand dem Verlangen vorzustürmen und dem Mann ihr Schwert in die Brust zu rammen – er war unbewaffnet. Auch Lomenas Gefolge beäugte die Szene kritisch und wurde unruhig. „Beste Lomena, ich weiss warum du hier bist. Das ist nicht euer Land hier, das ist unser Land. Ich habe mitbekommen dass du nach mir suchst. Und dabei ganze Arbeit geleistet hast, der arme Heshion, ein tumber wenn auch harmloser Mann, einfach hingerichtet. Hat es dir gefallen?“, gelassen stand er da, die Schatten in seinem Gesicht immer aufgeregter zuckend und bizarrere Formen annehmend.
„Nein, ich bin kein solches Monster wie du, Mörder.“, zischte es nur aus Lomena heraus, deren Hände sich mit aller Kraft um ihren Klingengriff pressten. „Und was habt ihr dann mit meiner Wache gemacht? Übrigens ein harmloses Mädchen aus der Gegend, ich habe es gezwungen dort Wache zu stehen, ich habe da so meine Mittel.“
Er log, sagte sich Lomena, doch auch das konnte die aufkommenden Zweifel an ihrer Tat nicht hinwegwischen, was sie nur noch wütender machte. „Sicherlich denkst du dass ich lüge, aber das ist einerlei. Was ist schon Wahrheit, hast du dich das schon einmal gefragt, Lomena. Und auch ihr anderen treuen Gesellen meiner Schwägerin, was ist schon Gerechtigkeit und Wahrhaftigkeit? Habt ihr nicht etliche hingemordet auf dem Weg hier hin, hatten sie alle den Tod wirklich verdient? Eure Gerechtigkeit ist eine Lüge, kommt mir also nicht mit der Wahrheit.“, der Blick Blakhargrimms zog sich zu, das glühen in seinen Augen wurde heller, „Und so stehe ich hier allein vor euch, unbewaffnet, niemand hier der mir beistünde, würdet ihr mich einfach grausam richten wollen wie den Tropf Heshion, oder die gute Grimhilde dort. Sieht so eure Gerechtigkeit und eure Ehrenhaftigkeit aus? Erhebt euch diese noch länger über meines gleichen? Ich sehe den Zorn, die arrogante Ablehnung und den Hass, vorallem bei dir, liebste Schwägerin.“, er führte theatralisch seine rechte Hand ans Kinn und warf einen nachdenklichen Blick in die Höh. „Genau diesen Blick hatte mein so strahlender Bruder Praiowart in den Augen als ich ihm das Leben aus dem Körper riss, da war keine Gnade, kein Licht, kein Gerechtigkeit – nur Hass, so reichten seine letzten Worte auch nur für einen Fluch. Du hingegen, treue Schwägerin, hattest in seinen letzten Gedanken keinen Platz, nur der Hass.“ Überlegen funkelten die glühenden Augen Lomena an, die alle Vorsicht nach dem Gesagten von sich fallen ließ und auf Blakhargrimm zu stürmte, ihn umkreiste und ihm von Hinten ihre Klinge an den Hals setzte, so dass es leicht einschnitt und fast schwarzes Blut aus der Wunde hervorquoll. Er selber hatte keine Anstalten gemacht sich zu wehren, während die Junkerin in herumriss um ihn als Schild gegen eventuelle Schützen im Haus zu benutzen. Sie stand nun mit dem Rücken zu den ihren, die erstarrt waren, den Mörder ihres Gemahls ganz nah bei sich. So nah, dass die anderen nicht hören konnten was er ihr zuflüsterte: „Ah, ich wusste du bist eine Frau der Tat und der Gerechtigkeit, nun führ mich schon meiner gerechten Strafe zu, dem Tod. Ich verspreche dir tiefe Erleichterung, die Ungeahntes in dir hervorrufen wird, meine Liebe. Praiowart hat mit dir ein unverdientes Geschenk bekommen, du riechst gut, das ist der Duft der Rache.“ Lomena drückte die Klinge tiefer in seine Wunde am Hals, ihn schien das kaum zu kümmern und während er sprach mischten sich unter die seinen Worte die Worte eines anderen, der sie rief und ihr Träume verhieß, dunkle Träume, aber gerecht. „Du hörst ihn, nicht wahr? Seine Stimme ist von einer Wärme und Schönheit die du nicht erwartet hättest, richtig? Töte mich, Lomena, töte mich, räche deinen Praiowart, ich habe seine schönen blauen Augen noch direkt vor mir, du auch? Wie sie brechen.“ Die Muskeln Lomenas spannten sich, nur ein kurzer Handstreich und sie würde ihre Gerechtigkeit bekommen, das Flüstern das Vergeltung verhieß wurde zu einem Rauschen und die Welt um sie herum verschwamm in einem Schleir aus Schwefel, Hitze und Dunkelheit, sie spürte düster glimmende Augen auf sich ruhen, deren Blick in ihren Kopf und ihr Herz eindrang. Rache! Entschlossen umgriff sie den Griff ihrer Klinge als von hinter ihr die Stimme Greifwins zu ihr durchdrang: „Nicht Lomena, nicht für diesen Schmutz.“ „Ah, die vornehme Arroganz, der Rechtschaffenden.“, raunte Blakhargrimm in ihr Ohr „Tu es.“ Der Griff um ihr Herz zog sich fester, sie dachte an Praiowart und ließ ihr Schwert lockerer. „Praigrimm von Feuerfang, im Namen des allgerechten Götterfürsten nehme ich Euch hiermit in Gewahrsam, Ihr werdet eurer verdienten Strafe zugeführt werden. Ritter…“, ließ sie enttäuscht verlauten, während das Rauschen leiser wurde und Blakhargrimm ihr ins Wort fuhr: „Du weisst nicht was dir entgeht, schwache, arrogante Greifenhure!“ Er stieß ihr Schwert zur Seite und berührte sie am Arm und plötzlich durchzogen niederhöllische Schmerzen ihren geanzen Körper, sie ließ ihr Schwert fallen. Die anderen wollten heran stürmen, doch schon schoßen einige Pfeile aus den dunklen Festern des Hauses auf sie zu, einige wurden getroffen, andere verschanzten sich sofort. Lomena indessen brach vor ihrem verdammten Schwager unter Schmerzen zusammen. „Du hättest die Gelegenheit nutzen sollen, dummes Stück.“, platze es aus dem Mann vor ihr zornig hervor, seine Augen glühten hell auf und die Schatten auf seinem Gesicht bildeten eine schreckliche Grimasse, hassverzerrt, das Antlitz eines grausames Dämons. „Dann ist die Rache nun mein.“, sprach er zuletzt und zog einen Dolch aus einer gut versteckten Scheide hervor, er glänzte feucht. Er fuhr auf sie hinab, während weitere Pfeile ihr Gefolge in Schach hielten. In einem schnellen Reflex fuhr ihr Arm in die Höhe, welcher den Dolch zwar abwehrte ihr aber tief ins Fleisch dessen einfuhr, es brannte niederhöllisch und sie fühlte wie etwas ihren Arm lähmte. Überrascht hob der Paktierer erneut an, doch Lomena brachte ihn mit einem Tritt ins Stolpern. Worauf sie versuchte ihr Schwert zu erreichen, doch ein Pfeil traf sie an der Schulter und riss sie zurück. „Was soll das? Sie ist die meine, ihr Hunde. Kümmert euch um die anderen. Sie wollen euren Tod im Namen ihres Sonnengötzen.“ Ein erneuter Pfeilbeschuß ging in Richtung Lomenas Gefolge nieder. Sie nutzte die kurze Unachtsamkeit Blakhargrimms um ihm einen Schlag in den Unterleib zu versetzen. Schwächer als erwartet, irgendetwas schwächte sie, doch fest genug dass er kurz zusammen sackte. Er erholte sich allerdings schnell, so dass sie sich nur schwankend aufrichten konnte und unkordiniert nach ihm Griff. Er setzte zurück und tänzelte um sie herum. Ihre Beine drohten zu versagen und sie mobilisierte ihre letzten Kräfte und sprang dem Verbrecher entgegen, warf ihn um, so dass er hart aufschlug und ihm einige Knochen brachen. Sie nahm seinen Arm in dem er den Dolch trug und schlug ihn mehrfach hart auf den steinigen Untergrund. Doch ihr Gegner spürte keinen Schmerz und statt den Dolch fallen zu lassen, schnellte seine Linke hoch und warf ihren Oberkörper mit Kraft in Richtung Klinge, die ihr tief in die Schulter einfuhr, was sie schlagartig ihrer Kräfte beraubte während die giftbenetzte Klinge ihr erneut brennende Qualen berscherte, ebenso wie die Berührung Blakhargrimms. Dem sie ins schattenhuschende Gesicht schaute, dann lächelte sie, nicht grimm, nicht düster – sie lächelte. „Meine letzten Gedanken bekommen du und dein dunkler Herr nicht.“, flüsterte sie selbstzufrieden und ruhig, dann ließ sie ihre entschlafenden Muskeln locker und schloß die Augen, atmete ruhig, während Blakhargrimms Dolch in ihren Hals einfuhr. Was die Situation schlagartig erhitzte. Das Gefolge Lomenas stürmte mit einem Mal geschlossen, brüllend aus ihrer Deckung hervor.

Zweieinhalb Tage darauf schloss die heftig verwundete Truppe wieder zum kaiserlichen Tross auf, mit der schlechten Nachricht um den Tod der Junkerin von Raulsfeld und eines Waffenknechts auf den Lippen, die sie verbrannt hatten, und drei Gefangenen im Schlepptau, einer davon war Blakhargrimm von Feuerfang. Sie alle wurden vor ein Feldgericht gestellt und allesamt zum Tode verurteilt.