Geschichten:Kumpanenhatz - Rot der Himmel und der Grund

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Baronie Tannwirk, Anfang Hesinde 1038, im Reichsforst südlich der sogenannten Drachenmagdschänke, etwa zur Abendröte

Nimmgalf, Alrik Herdan und die verbliebenen Wachen bewegten sich vorsichtig mit gezückten Schwerten vor. Schon nach einem kurzen Stück deutete Marek den anderen an sich hinter den Bäumen zu verbergen, was diese auch sogleich taten. Als die Luft rein war, schlossen die Adeligen zu den Spähern auf, die bereits eine gute Position erreicht hatten. Vor ihnen war ein kleines Zeltlager aufgetaucht. D.h. man hatte ein paar Zelte inmitten einiger Mauerreste und Ruinen aufgeschlagen. Ein kurzes Nicken Alrik Herdans bestätigte Nimmgalfs Vermutung, dass es sich bei den dort befindlichen Gestalten nur um die gesuchten Söldlinge handeln konnte. "Wir sollten versuchen sie zu überraschen. So können wir unseren zahlenmäßigen Nachteil ausgleichen!" flüsterte Nimmgalf. "Bedenkt, sie könnten noch Geiseln in ihrer Gewalt haben. Wir sollten in jedem Fall sehr vorsichtig sein und uns nicht zu früh zu erkennen geben", entgegnete Alrik Herdan ebenfalls flüsternd.

Nimmgalf versuchte einen besseren Überblick über die Personen im Lager zu bekommen. Genaueres war aber noch nicht zu erkennen, dazu waren sie noch zu weit weg. Sie bemerkten jedoch einen der Söldlinge nicht weit entfernt von ihrer Position, der scheinbar Wache halten sollte, es damit allerdings nicht allzu genau nahm und sich die Zeit mit Schnitzen vertrieb. Marek wollte bereits seinen Bogen bereit machen, doch Nimmgalf legte die Hand auf seinen Arm und deutete mit der Rechten nach vorne. Alecta hatte derweil nahezu unbemerkt einen Baum erklettert. Sie bewegte sich geschmeidig wie eine Katze von Ast zu Ast, und erreichte so den nächsten Baum, in dessen Nähe sich der Söldling aufhielt, wobei sie darauf bedacht war, möglichst wenig Schnee von den Ästen rieseln zu lassen. Plötzlich schreckte den Söldner ein Geräusch auf, was ihn dazu brachte, sich hastig umzublicken und sein Kurzschwert zu ziehen. Die Gefahr von oben sah er jedoch nicht kommen. Mit einem Satz war Alecta auf ihm und beendete mit einem schnellen Stich in die Kehle sein Leben, noch bevor er schreien konnte.

Die anderen hatten es beobachtet. Alecta drehte beide Handgelenke des Toten um, dann deutete sie mit ihrem Zeigefinger am linken Handgelenk eine kreisrunde Bewegung an: Das Korzeichen. "Einer weniger!" bemerkte Nimmgalf grimmig lächelnd. Der Vogt nickte knapp, doch sie wussten, der schwierigste Teil käme erst noch. Die Dämmerung zog langsam herauf und färbte den Himmel rot. Beinahe eine weitere halbe Stunde unruhigen Wartens verging, bis Mareks vorsichtige Kundschaftsgänge weitere Erkenntnisse brachten. Obwohl sich mittlerweile niemand mehr des Gefühls erwehren konnte beobachtet zu werden, herrschte in dem Lager zwar Betriebsamkeit, aber keine Alarmbereitschaft. Wie sie aus ihrer Position sehen konnten, war der Wald hier durchsetzt mit zahlreichen Mauerresten und kleinen bewachsenen Schuttbergen. Die Mauerreste waren zum Teil über fünfzig Schritt lang, aber an vielen Stellen auch nur kniehoch. Hin und wieder war noch deutlich ein ehemaliges Gebäude erkennbar, manchmal standen auch nur kurze Mauerabschnitte. Und überall dazwischen wuchsen die Bäume des Reichsforstes und bildeten das Dach, das die Ruinen nicht mehr hatten. Der Wald bot gute Möglichkeiten zum Anschleichen, auf der anderen Seite aber auch wenig Übersicht.

Als Marek schließlich zurückkehrte, spähte er noch einmal vorsichtig über eine brusthohe Mauer und berichtete dann: „Ich zähle sechs Söldner, inklusive der Hauptfrau, zwei haben Armbrüste; einen Handwerker, vielleicht Steinmetz; und Eda. Zumindest eine Dame mit Gesichtsmaske. Ein recht großes Gelände: Erdhaufen, Säulen, Mauern, Steinplatten. Zelte stehen nur da vorn. Diese Eda scheint gerade mit einem Ritual beschäftigt zu sein, da brennen Kerzen und ich glaube auf dem Boden liegt noch jemand. Ist aber schwer zu sagen." Alrik Herdan spuckte auf den Boden und sagte dann zu Nimmgalf: "Schwarzzauberei, wenn ihr mich fragt." Marek ergänzte: "Und diese Halbelfe habe ich nicht gesehen.“

Alrik Herdan verdrängte das ungute Gefühl und fragte: „Marek, kannst du einen Schuss auf Eda abgeben?“ Der hühnenhafte Söldner nickte. Er legte bereits einen stumpfen Pfeil an die Sehne, spannte aber noch nicht. Nimmgalf blickte seine Gefährten an: „Sobald die Magierin ausgeschaltet ist, stürmen wir das Lager! Elgor, Du kommst mit mir und dem Vogt. Alecta, Du gehst über die Baumwipfel und schaltest die Armbrustschützen aus.“ Der Baron schnallte seinen Schild an und zog das Langschwert. „Wir greifen an, solange wir noch Licht haben. Alle bereit? Auf Position!“ Nimmgalfs befehlsgewohnter Tonfall duldete keinen Widerspruch. Alrik Herdan nickte und zog ebenfalls sein Schwert: „Bereit. Marek, schalte Eda aus und decke danach unseren Ansturm mit Pfeilen. Bei den Söldnern brauchst Du aber nicht die stumpfen Pfeile zu nehmen. Los jetzt!“

Marek begab sich in eine gute, verdeckte Schussposition. Er ging die lange Mauer rund zwanzig Schritt entlang und stieg auf einen Haufen, wo er in Hocke verblieb. Wenn er sich aufrichteten würde, könnte er sowohl auf Eda schießen wie auch das Lager bestreichen. Wind herrschte keiner und der bisweilen herabrieselnde Schnee stellte keine größere Einschränkung dar. Er gestand sich ein, daß er aus irgendeinen Grund nervös war. Dann griff er seinen dunklen Bogen Skrýmnir fester, richtete sich auf und zog die Sehne zurück. Die Bernsteinperlen klackten leise aneinander. Wie jedesmal bohrten sich die kleinen Dornen durch das Leder des Griffs und seiner Handschuhe. Er spürte warmes Blut. Er zielte und wartete...

Wie große Federn fielen Schneeflocken aus dem Himmel. Eda schritt gerade um die rußenden Kerzen, als sie unvermittelt verharrte und aufblickte. Marek wartete nicht länger. Der Pfeil sauste durch die Luft. Zu Mareks Überraschung - sie hätte ihn nicht sehen dürfen - versuchte Eda noch eine rettende Drehung. Der Pfeil traf dennoch, Eda wurde herumgerissen und taumelte zu Boden. „JETZT! FÜR RONDRA!“, donnerte Nimmgalf und stürmte voran. Die anderen folgten dicht hinter ihm. Die Söldner, die für einen Augeblick vor Schreck erstarrten, sprangen brüllend auf und griffen ihre Waffen. Ein weiterer Pfeil von Marek ließ den Nächststehenden gurgelnd zu Boden gehen. Ein Armbrustbolzen wurde zurückgeschossen, doch Nimmgalf konnte sein Schild rechtzeitig hochreißen. Knirschend bohrte sich das Projektil ins Holz, doch stoppte es den Anstrum nicht. Die Angreifer prallten auf die Verteidiger und ein blutiges Hauen und Stechen begann. Irgendwoher flog ein weiterer Bolzen an Nimmgalf vorbei. Alrik Herdan und Elgor fochten gegen zwei Sölnder. Nimmgalf hatte sich die Hauptfrau entgegengestellt, ein Bastardschwert in Händen haltend. Als er heran war, trat sie ihm Schnee und Erde ins Gesicht. Er riss seinen Schild hoch, um sein Gesicht zu schützen. Da traf ihn auch schon ihre überraschend lange Klinge ins Bein. Auch wenn die Rüstung einen Teil der Wucht abgefangen hatte, sah er dennoch Blut auf ihrer Waffe. „Das wirst du mir büßen, du Miststück!“, knurrte Nimmgalf, seine ritterlichen Manieren dabei ignorierend.

Funkensprühend prallten die Waffen aufeinander. Was die Hauptfrau Nimmgalf an Können unterlegen war, machte sie mit Geländekenntnis und schmutzigen Tricks wieder wett. Zwar traf sie der Baron mehrmals, doch es waren keine schweren Treffer und die Frau schien bereit, bis zum Tod zu kämpfen. Als wieder ein Bolzen heranflog, konnte Nimmgalf diesen zwar blocken, aber gegen den Schlag an seinen Kopf war er chancenlos. Der Helm rettete ihn, aber sein Schädel dröhnte. Wo war Alecta?!

Alecta sah die Söldnerin schießen und wie ihr Herr getroffen wurde. Die vermaledeiten Bäume waren ob des Schnees verflucht rutschig. Aber jetzt hieß es, keine Zeit verlieren. Beide Söldner waren gerade beim Nachladen. Das Kurzschwert in der Hand stürzte sie sich mit einem gewagten Sprung mitten auf einen.

Marek sah das Kampfgetümmel, aber durch den aufgewirbelten Schnee und die immer wieder den Blick versperrenden Mauern und Sträucher konnte er keinen sicheren Schuss mehr abgeben. Das klickende Schlagen des Steinmetzes hatte aufgehört. Da bemerkte er Bewegungen am Ende des Lagers. Am äußeren Rand versuchte die Halbelfe sich davonzuschleichen. Nur noch Herzschläge bis sie im Dickicht verschwunden sein würde. Wieder riss er die Sehne zurück. Sein Handschuh war mittlerweile feucht von Blut. Der Pfeil traf die zierliche Gestalt in den Arm und sie stürzte ins Gestrüpp und außer Sicht. Schnell überblickte Marek das Gelände und legte den nächsten Pfeil auf die Sehne. Sein Blick blieb beim Ritualplatz hängen. Da, wo Eda liegen sollte, war nur Schnee. Ihm fuhr ein eisiger Schrecken in die Glieder. Dann hörte er ein schier unmenschliches Brüllen...

Alecta hatte mit ihrem Angriff die Söldnerin ausgeschaltet, doch bei ihrer Landung auf dem unebenen Boden war ihr ein stechender Schmerz durch den Knöchel gefahren. Vermutlich gebrochen. Der zweite Söldner drang mit einem Kurzschwert auf sie ein. Er konnte also nicht nur schießen. Sie wich humpelnd zurück und blockte den Stich mit dem blutigen Langdolch ab. „Unterstützung wäre gut!“, rief sie. Dann fuhr ihr ein Bolzen durch den linken Arm und trotz aller Entschlossenheit Entsetzen ins Herz: "Verflucht! Woher nur?"

Nimmgalf hörte Alecta. Ein rascher Seitenblick, dann machte er einen Satz und rammte Elgors schon verletztem Söldner sein Schwert in die Seite. Die Hauptfrau nutzte seine Blöße sofort aus und hieb ihm das Bastardschwert über den Rücken, was einige Ringe seines Kettenhemdes sprengte und ihn vor Schmerz keuchen ließ. „Hilf Alecta!“, knurrte Nimmgalf Elgor zu. Dann wandte er sich wieder seiner Gegnerin zu. Dieses verdammte Miststück hatte wirklich keine Manieren!

Alrik Herdan hatte gerade seinen Söldner überwunden und wollte zu Hilfe eilen, da ließ ihn das Brüllen innehalten. Er sah den Steinmetz. Der war in Raserei verfallen und stürmte quer durchs Gelände. Er hatte einen Hammer in der Hand und Schaum vor dem Mund. Unartikuliert brüllend stürmte er auf sie zu. Fluchend stellte sich der Vogt ihm in den Weg. Der Steinmetz teilte nach allen Seiten aus und drang dann wie ein Wahnsinniger auf Alrik Herdan ein. Die blutige Beinwunde, die der Vogt dem Wütenden beigebracht hatte, schien ihn nicht im geringsten zu stören. Bereits bei der ersten Parade des Vogtes war ihm sein Schwert durch die brutale Gewalt aus der Hand geschlagen worden. Der Dolch kam ihm furchtbar klein vor. Beinahe beiläufig verpaßte der Rasende auch der Söldnerhauptfrau einen Schlag, doch sehr zu Alrik Herdans Leidwesen griff er dann wieder ihn an. Er wich immer weiter nach hinten zurück. Da traf in ein Schlag auf die Brust. Das Knacken und der Schmerz echote durch seinen ganzen Körper. Das war mindestens eine Rippe. Panik breitete sich in ihm aus. Da bohrte sich ein Pfeil neben ihn in den Boden. Er wusste, was er tun musste. Ein kurzes Stoßgebet und dann tat er es.

Marek sah wie der Steinmetz auf Alrik Herdan eindrang, doch immer noch war durch aufgewirbelten Schnee und die schnellen Bewegungen ein sicherer Schuss nicht möglich. Nur ein Ausweg. Er schoss einen Pfeil zu Füßen der Kämpfer. Er hoffte, der Vogt verstand den Wink. Und tatsächlich. Er warf sich rücklings auf den Boden. Bevor der Steinmetz ihm den Schädel zertrümmern konnte, hatte Marek eine freie Schussbahn. Da sah Marek Eda im Lager stehen. Sie hielt etwas in der hoch erhobenen Hand und murmelte. Nur ein Schuss. Ohne Zögern schickte er das Geschoss los. Es drang durch das rechte Auge des Handwerkers bis tief in sein Hirn ein. Wie vom Blitz erschlagen stürzte er zu Boden.

Elgor und Alecta fochten zu zweit gegen den letzten verbliebenen Söldner. Da er keine Anstalten machte sich zu ergeben, wurde er niedergestochen. "Da sind noch Armbruster", keuchte Alecta. "Wo?", fragte Elgor und blickte sich sogleich wachsam um.

Währenddessen stürzte sich Nimmgalf mit der Wut der Gerechten auf die Hauptfrau. Mit jedem Hieb trieb er sie weiter zurück. Sie schien die Entschlossenheit in seinen Augen zu sehen, denn in ihren dämmerte langsam aber stetig Angst herauf. Ein Schritt, noch ein Schritt. Sie stand mit dem Rücken an einer der Mauern. „Waffe weg!“, brüllte Nimmgalf. „Niemals!“, rief sie rauh und wild und sprang mit gezückter Klinge nach vorne. Doch Nimmgalf hatte das kommen sehen. Er wich zur Seite aus. Sein Schwert beschrieb einen blitzenden, tödlichen Halbkreis. Dann rollte der Kopf der Söldnerin über den Boden und färbte den Schnee rot.

Eda di Plocheda hatte den Kampf zwischen den Angreifern und ihren Söldnern verfolgt. Sie hatte ein Lächeln auf den Lippen, doch blieb die gesunde Gesichtshälfte darüber genauso gefühlsarm wie ihre Silbermaske. Ihre Augen strahlten wie kalte Sterne. Sie legte ihren Stab in die Armbeuge und zog sich einen großen Ring von der linken Hand, warf ihn zu Boden und trat einen Schritt zurück in die Deckung eines Baumes. An der Stelle, wo das Metall den Boden berührte, stieg schwarzer Qualm auf. Im aufwehenden Schnee schienen sich Zhayad-Runen zu bilden. Ein Gestank wie nach faulen Eiern kam plötzlich auf und wurde fast sinnesbetäubend. Der Rauch verdichtete sich zu einer halbstofflichen Gestalt. Die Ränder wirkten zu scharf und kantig, als hätte jemand die Sternenleere wie ein Stück Papier zerrissen und daraus eine mannsgroße Kapuzengestalt mit Schwert und Peitsche geformt. Mit einem Geräusch wie ein brechendes Genick öffnete der Dämon seine rotglosenden Augen. "Strafe die Feilglinge!", befahl Eda dem Dämon.

"Ein Kuttenteufel!" rief Nimmgalf. In seiner Stimme schwang eine spürbare Beunruhigung mit. Diese Wesen konnte man nur mit magischen Waffen sinnvoll bekämpfen, ohne die würde es sehr schwer werden hier zu bestehen. Der Dämon kreischte laut auf und ließ seine Peitsche knallen. Nimmgalf blockte mit dem Schild ab. Doch schon war der Heshthot heran und drang mit seinem schwarzfeurigen Schwert auf ihn ein. Der Baron konnte die roten Augen unter der Kutte zornig funkeln sehen, als er die Schläge abblockte. Schon nahm sein Schild die ersten tiefen Risse, lange würde er das nicht durchhalten. Elgor wollte seinem Herrn seitlich zur Hilfe eilen, doch der Dämon bemerkte es und schlug mit der Peitsche zu, die sich um Elgors Hals wickelte. Schmerzerfüllt schrie er auf und ging in die Knie, als sich die feinen Dornen an der Spitze in sein Fleisch bohrten und ihm einen Teil seiner Kraft raubten.

Nimmgalf nutze den Moment aus und schlug seinerseits zu. Der Hieb traf den Dämon am linken Arm, worauf dieser die Peitsche zurückzog. Doch Elgor würde vorerst keine Hilfe mehr sein. Wieder drang der Dämon mit feurigen Schlägen auf Nimmgalf ein. Mit einem Krachen barst der edle Holzschild mit dem stolzen Hirschwappen. Der Baron warf die Reste beiseite und parierte weiter mit dem Schwert. Doch die dämonischen Kräfte des Feuerschwertes ließen den Stahl schnell spröde werden.

Auch Alrik Herdan näherte sich jetzt dem Kampfgeschehen. Er sah, wie Nimmgalf versuchte einem Schwertstreich des Dämons auszuweichen, dabei aber heftig in die Seite getroffen wurde. Er musste schnellstens Handeln, sonst würde es zu spät sein. Doch nur wie? Da sah er über den Kampfplatz hinweg, wie zwei Söldner mit Armbrüsten aus der Deckung der nächsten Ruine heraus die Flucht in den Wald antraten. Und in diesem Augenblick verharrte der Angriff der Kreatur. Der ganze Dämon erstarrte in seiner Bewegung, wie es ein Mensch nicht gekonnt hätte. Der Kopf des Heshthot fuhr herum und erfaßte die beiden Söldner. Ansatzlos drehte sich die gesamte Kutte, und der Dämon lief und schwebte zugleich den beiden Söldnern hinterher. Mit der Schnelligkeit eines gallopierenden Pferdes folgte der Dämon den Flüchtenden, nicht ohne dem hilflosen Elgor noch ein weiteres Mal die Peitsche über den Leib zu schlagen. Gerade als die Söldner den Schutz der nächsten Ruine erreicht hatten, schloß der Heshthot zu ihnen auf. Die Schatten der Dämmerung schienen sich um das Gebäude weiter zu manifestieren, und nur Augenblicke später hob entsetzliches Schreien an. Obschon diese Schurken den Tod verdient hatten, verspürte Alrik Herdan nun Mitleid. Die plötzliche Stille, die dann unvermittelt folgte, war fast genauso schrecklich. Und unberührt von all dem Geschehen fielen lautlos Schneeflocken aus einem roten Himmel. Nimmgalfs Blick offenbarte, dass es dem Baron ähnlich erging.

Dann erstarrte Nimmgalf und Alrik Herdan warf sich herum und folgte dem Blick des Barons. Eda war zwischen die Zelte getreten und sprach, auf Nimmgalf deutend: „HÖLLENPEIN, ZERREI---“. Ein wuchtiger Schlag einer geballten Faust brachte die Zauberin zum Schweigen. Eda fiel in sich zusammen und Marek, der ihr heimlich gefolgt war, stand nun über sie gebeugt. Marek öffnete und schloß die Faust prüfend und dort, wo seine Faust die Maske getroffen hatte, zeigte sich ein blutiger Riss. Dann war wieder Stille. Es brauchte eine Weile, bis sie begreifen konnten, dass der Kampf nun gewonnen war! Eda wurde mit Eisen gefesselt, die einzelnen Finger verbunden und geknebelt. Der Dämon blieb verschwunden und in der Ruine, wo er zuletzt gewütet hatte, lagen zwei Söldner mit entsetzlich verdehten Gliedern.

Die übrigen Söldner waren alle tot oder lagen im Sterben. Auch der Steinmetz war tot, und ebenso der Gelehrte. Meister Gemswein lag mit durchschnittener Kehle neben einer halbversunkenen Säule, die aufgrund des vielen Mooses auch ein Baumstamm hätte sein können. Sein Lehrling, der wohl als Opfer hatte dienen sollen, war nur leicht verletzt und nicht recht bei Bewußtsein. Nimmgalf meinte lakonisch, dass diese Verletzung für einen Gelehrten vermutlich als schwere Veletzung gelten müsse. Nichts desto trotz würde er also überleben. Die Halbelfe hatte den Pfeil aber wohl besser weggesteckt als vermutet und war im Wald verschwunden. Eine Suche wurde jedoch durch den jetzt bei Nacht einsetzenden starken Schneefall unmöglich gemacht. Alle Recken waren mehr oder weniger stark verletzt worden, am schlimmsten hatte es wohl Nimmgalf erwischt. Der meinte jedoch nur: „Keiner tot und der Anführer hat die meisten Schrammen und blaue Flecken? So muss sowas ablaufen, bei Rondra!“

Man beschloss, die Pferde zu holen und dem Schneesturm der Nacht in den Zelten der Söldner zu trotzen, am nächsten Morgen die Ruinen zu untersuchen und dann aufzubrechen. Es wurde gefeiert. Es war keine laute Feier, aber eine Feier von Leuten, die kürzlich Golgaris Schwingen vorbeirauschen gehört hatten, und der Weinschlauch machte mehr als nur einmal die Runde. So war es leichter, dass Gefühl von alten Augen immer noch gemustert zu werden, zu ignorieren.