Geschichten:Kaiserturnier 1041 BF - Nimmgalf von Hirschfurten und Melcher Sigismund von Ibenburg

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Die gebratenen Wachteln waren einfach zu köstlich! Nimmgalf konnte nicht widerstehen und winkte die Dienerin zum zweiten Mal heran. Er hatte einen Platz recht nahe am Kopfende der langen Tafel erhalten, daher musste er darauf achten, vor den Augen der Kaiserin nicht allzu sehr der Völlerei zu frönen. Außerdem hatte er lange Zeit gebraucht, um wieder einigermaßen in seine Rüstung zu passen, nachdem er in dem halben Jahr seiner Gefangenschaft beim finsteren Baron zu Gallstein vor einigen Götterläufen perfiderweise von diesem so sehr gemästet wurde, dass er regelrecht aus den Nähten geplatzt war. Er hatte sogar nach seiner Befreiung einige Turniere absagen müssen – und dafür eine gesundheitliche Unpässlichkeit vorgegeben. Der wahre Grund jedoch war, dass er kaum noch in seine Gestechsrüstung gepasst hatte! Und das ihm - unfassbar! Und eine neue fertigen zu lassen, dazu war er zu stolz… nun ja, genaugenommen auch zu geizig. Zwar war er Herr über eine durchaus wohlhabende Baronie am Rande der Goldenen Au mit einer recht hohen Bevölkerung von über 8000 Leuten, aber der Kriegszug gegen seine ehemalige Baronie Leihenbutt und seine verfluchte Ex-Gemahlin, die sich dem Namenlosen verschrieben hatte, hatte Unsummen verschlungen, sowohl für die vielen Truppen als auch für den folgenden Wiederaufbau. Hinzu kam die Hochzeit der Kaiserin kurze Zeit im Anschluss, die den Goldvorräten seiner Baronie noch einmal einen empfindlichen Dämpfer verpasst hatte. Er hatte sich schließlich angemessen am großzügigen Geschenk des garetischen Adels – einem regelrechten Prunkschloss – beteiligen wollen. So war ihm nichts übriggeblieben, als durch Mäßigung beim Speisen und mehr Bewegung an der frischen Luft so nach und nach wieder zu seiner alten Form zu gelangen, was ihm schwer fiel und nur leidlich gelungen war. Aber zumindest passte die Rüstung jetzt wieder. Doch den Nachschlag wollte er sich diesmal gönnen, denn heute war nicht der Tag zu knausern, sondern zu prassen und zu feiern, zumindest hielten es die meisten der Anwesenden so.

Ihm gegenüber saß Landvogt Melcher Sigismund von Ibenburg, der gerade eine kurze Unterhaltung mit dem Weidener Baron an seiner Seite beendet hatte, und den er vorhin als seinen Erstrundengegner gefordert hatte. Nimmgalf nutze die Gelegenheit, um den Vogt auf seine bisherigen Turniere anzusprechen.

„Um ein Wort, Hochgeboren von Ibenburg, habt Ihr schon häufiger das Kaiserturnier besucht?“ Als der Vogt dies etwas überrascht verneinte, begann Nimmgalf weiter zu bohren: „Aber dann doch sicherlich die nordmärker Herzogenturnei? Oder andere renommierte Turniere im Reich? Ich frage mich nur, ob wir uns dort vielleicht schon einmal begegnet sein könnten. Aber wenn, dann wohl nicht als Gegner im Tjost, da ich mich nicht erinnern kann, schon einmal mit Euch die Lanzen gekreuzt zu haben, was ich überaus bedauere. Aber Ihr müsst verzeihen, bei so vielen Tjosten, die ich bereits siegreich bestritten habe, kann ich mir nun wahrlich nicht jeden einzelnen Gegner merken. Wobei ich mir sicher bin, Euch hätte ich mir gemerkt!“ Dabei lächelte er süffisant. An seinem Tonfall war kaum herauszuhören, ob er es als Kompliment oder als Provokation gemeint hatte.

„Nun Euer Hochgeboren von Hirschfurten, es freut mich Euer Interesse geweckt zu haben“, Melcher nahm nochmal einen Schluck aus seinem Becher und lehnte sich danach auf seinem Stuhl zurück. „Die Verwaltung der Grafenmark nimmt doch viel Zeit in Anspruch, so dass es mir oft nicht möglich ist von Tjost zu Tjost zu reisen und als Abgänger der Eslamsgrunder Schule liegt mir vielmehr das Strategische, denn des tugendreichen Messens der eigenen Körperkraft in einem Turnier um Ruhm und eine Auszeichnung, müsst Ihr wissen.“

Melcher schien Nimmgalf nicht so recht einordnen zu können. Er beschloss seinerseits einmal den Baron zu testen. Nach einer kurzen Pause fuhr der Ibenburger fort: „Wenigstens die Hälfte der Nordmärker, die Ihr hier seht, ist vor wenigen Monden erst von der Front im Osten heimgekehrt, da stand so manchem nicht der Sinn nach einem Turnier.“ Melchers Blick ging durch die Reihen seiner Landsleute und er entdeckte einige mit denen er vor Mendena gestanden hatte. „Wo habt Ihr gekämpft, Baron von Hirschfurten?“

Nimmgalfs Miene verfinsterte sich etwas. „Auch ich bin wie so viele andere garetische Barone ebenfalls dem Kaiserlichen Heerzug gen Mendena gefolgt. Ich kommandierte das Reichsforster Regiment, was in etwa ein Drittel der garetischen Streiter auf dem Heerzug umfasste. Jedoch kam es kurz vor der Tesralschlaufe zu einem verheerenden Hinterhalt, bei dem mein Lehnsherr, Bundesbruder, Schwiegervater und zugleich väterlicher Freund Graf Danos von Luring sein Leben lassen musste. Die zwölfmalverfluchte Frevlerin konnte zwar zur Strecke gebracht werden, jedoch war der Tod Graf Danos‘ für mich und für viele andere Garetier ein furchtbarer Verlust, der bei vielen die Moral und den Kampfeswillen verlöschen ließ. Mir und einer Handvoll auserwählter Adliger wurde dann die Ehre zuteil, den Leichnam des Grafen zurück in die heimatlichen Gefilde zu überführen. Doch kaum hatten wir Gareth erreicht, um dort die traurige Nachricht zu überbringen, da erfuhren wir, dass der Reichsverräter Haffax mit seinen Dämonenhorden kurz vor den Toren Gareths stand. Der Feldzug hatte somit sein eigentliches Ziel, den Verräter zur Strecke zu bringen, verfehlt!

Ich schloss mich ohne zu zögern den wenigen Truppen an, die zurückgeblieben waren, um die Heimat zu schützen, und erhielt auch gleich ein Kommando über einen größeren Frontabschnitt. Bei Burg Zwingstein kam es dann zum Zusammentreffen mit grässlichen Chimärenhorden, deren Ziel es war, in die Kaiserstadt einzufallen und für tausendfachen Tod und Verderben zu sorgen. Der Kampf forderte viele Verluste auf den Seiten der Verteidiger. Ich selbst blieb nur wie durch ein Wunder am Leben, da mein Abschnitt beinahe vom Feind beinahe vollständig überrannt wurde. Aber letztlich war es uns gelungen, die Kaiserstadt vor einer erneuten Zerstörung zu bewahren.“

Er machte eine kurze Pause. „Jetzt wisst Ihr, wo ich gekämpft habe, von Ibenburg.“

Damit war für Nimmgalf das Gespräch beendet. Der Nordmärker hatte bei ihm düstere Erinnerungen geweckt, die er eigentlich lieber vergessen wollte. Hoffentlich würde ihn wenigstens der Ball auf andere Gedanken bringen.



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Texte der Hauptreihe:
1. Pra 1041 BF zur abendlichen Phexstunde
Nimmgalf von Hirschfurten und Melcher Sigismund von Ibenburg
Ugdalf von Löwenhaupt-Hauberach und Herzog Hagrobald


Kapitel 71

Martok von Brendiltal und Korhilda von Sturmfels (Ungeworfen, unterworfen)
Autor: Nimmgalf, (Mathias A.)