Geschichten:Intrigenspielchen Teil 8

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Irgendwo in den östlichen Ausläufern des Reichsforstes:

„Sagt, werter Vogt, ist dies nischt ein `errlischer Tag für einen kleinen Jagdausflug?“

„Da hab Ihr vollkommen recht, meine Teuerste. Eine hervorragende Idee, das muss der Neid Euch lassen. Es macht sogar einen Heidenspaß, die flinken Hasen aufs Korn zu nehmen. Da trennt sich, was einen guten Schützen angeht, die Spreu vom Weizen, nicht wahr?“

„Gut gesprochen, Hochgeboren!“ mischte sich der Baron von Hirschfurten in das Techtelmechtel seiner Verlobten mit Vogt Udilbert von Hardt ein, welches sie beim gemächlichen Ritt durch die lichteren Teile des großen Waldes führten.

„Nur mit großen Reden hat noch kein Jäger seine Beute erlegt. Seht ihr das Langohr dort drüben? Ich setzte fünf Goldstücke, dass Ihr es mit Eurem Jagdbogen nicht erwischt. Was meint Ihr dazu?“

„Ihr solltet Eure Schäfchen lieber ins Trockene bringen, von Hirschfurten. Wer so mit seinem Gold um sich wirft, der muss sich nicht wundern, wenn ihm die Schulden über den Kopf wachsen. Die Wette gilt!“

Nimmgalf wollte zwar auf diese Provokation reagieren, doch ließ er den Vogt in Ruhe zielen. Der Pfeil verfehlte den Hasen nur knapp und landete im Unterholz.

„Tja, von Hardt, das war wohl nichts.“ grinste Nimmgalf hämisch.

„Nicht so schnell mein Freund.“ erwiderte der Vogt. „Ich kann ihn immer noch kriegen. Der nächste Schuss sitzt.“ Der Vogt spürte seinen Jagdinstinkt aufkeimen. Er gab seinem Pferd die Sporen und ritt ins Unterholz hinein.

„Nein, wartet!“ rief Simiona. „I’r werdet Eusch oder Euer Pferd verletzten. Kommt zurück.“ Doch der Vogt war bereits verschwunden.

„Wir sollten ihm nachreiten. Hüah.“ Die beiden folgten ihm.

Nach einer Weile war erneut das zischende Geräusch eines Pfeils zu vernehmen. Kurz darauf ein Triumphschrei: „Erwischt, haha, hab ich dich.“ Als Nimmgalf und Simiona auf eine kleine Lichtung kamen, brach der Vogt gerade aus dem Dickicht hervor und reckte triumphierend einen erlegten Hasen in die Höhe.

„Na schön, von Hardt, der Punkt geht an Euch. Rechnet die fünf Goldstücke zu meinen Schulden hinzu.“

„Sicher. Doch ich gewähre euch noch die Chance sie zurückzubekommen. Wer das nächste Wild erlegt, soll vom anderen noch mal zehn Dukaten erhalten.“

„Topp!“

„Nimmgalf! Wie kannst Du nur. Der Vogt ist ein respektabler Schütze. Du stürzt disch nur unnötig in weitere Schulden. Komm endlisch zur Vernunft.“ schimpfte sie.

„Ich weiß schon was ich tue Liebling. Los geht’s.“

Seite an Seite ritten die Kontrahenten durch den Wald. „Das Reh dort drüben wird meinen Sieg einläuten!“ rief Nimmgalf, zügelte sein Pferd und spannte seine Armbrust. Doch auch Udilbert stoppte und legte einen Pfeil ein.

Plötzlich ging alles ganz schnell. Mit einem Zischen flog Nimmgalfs Bolzen in Richtung des Rehs und streifte es. Daraufhin verschwand es im Dickicht und auch der Pfeil des Vogtes ging fehl.

„Vorsischt!“ rief Simiona, die von hinten näher herangekommen war. Ein weiteres Zischen war zu hören gefolgt von einem lauten Aufschrei. Der Vogt stürzte vom Ross, ein Bolzen steckte ihm in der Brust.

„Ein Heckenschütze! In Deckung!“ schrie Nimmgalf und sprang vom Pferd. Auch Simiona begab sich in Deckung. Nimmgalf kroch auf den am Boden liegenden Vogt zu. Er atmete, doch nur sehr schwach. Offenbar hatte er innere Verletzungen erlitten. Da schoss der nächste Bolzen nur knapp an Nimmgalfs Kopf vorbei.

„Ich seh ihn. Dort drüben im Baum.“ flüsterte er, in der Hoffnung, Simiona würde ihn hören. „Haltet durch, mein Freund. Ich hole Euch schon hier raus.“ Er lud seine leichte Armbrust durch und zielte genau. Vom vermeintlichen Attentäter war nur ein winziges Stückchen durch das dichte Blätterwerk zu erkennen. Er drückte ab. Ein unterdrückter Schmerzenslaut war zu hören, dann stürzte etwas aus einiger Höhe zu Boden. „Erwischt!“

Simiona sprang auf. „Isch werde mal nachse`en. Bleib Du beim Vogt, Scherrie.“

„Bist Du verrückt? Leg Dich sofort wieder hin. Hier könnten noch mehr sein. Das ist Wahnsinn.“

„Quatsch. Isch passe schon auf“, entgegnete sie und lief in den Wald.

„Simiona, NEIN!“ doch sie war schon verschwunden.

Die Comtessa ging ohne auf ihre Deckung zu achten weiter und lud dabei ihre Armbrust durch. Sie horchte. Aus einiger Entfernung war ein unterdrücktes Stöhnen zu hören.

„Schhhht. Alonso, seid i’r da?“

„Hier drüben, hier bin ich.“ erklang eine raue männliche Stimme.

Simiona ging weiter bis sie den am Boden kauernden Mann in abgetragener Kleidung gut sehen konnte.

„Verdammt, hättet ihr mir nicht sagen können, dass Euer beknackter Gatte so ein guter Schütze ist? Der hat mich doch tatsächlich aus dem Gleichgewicht gebracht. Ich glaub, ich hab mir den linken Fuß verknackst. So eine Orkscheiße! Fast hätte ich ihm auch eins verpasst. Na wenigstens habe ich den alten Kerl vom Gaul geholt, hähä.“

„Er `at es überlebt“, antwortete Simiona kalt.

„Und wenn schon. Der wird noch dran krepieren, vertraut mir. So jetzt helft mir hoch und gebt mir die restlichen zwanzig Dukaten wie abgemacht.“

Simiona blieb ruhig und hob langsam ihre Schusswaffe. „I’r `abt versagt“, sprach sie mit tonloser Stimme.

„Was? Was meint Ihr? NEI...“

Weiter kam er nicht. Simionas Bolzen bohrte sich tief in sein rechtes Auge. Er fiel nach hinten und war sofort tot. „Isch dulde kein Versagen.“

Als sie zurück auf die Lichtung kam, hatte Nimmgalf den Vogt bereits notdürftig versorgt und auf sein Pferd gehievt.

„Liebling! Peraine sei Dank, der Vogt lebt noch. Wie konntest du nur so unvernünftig sein? Geht es dir gut? Was hast du gesehen?“ sprudelte es aus ihm heraus.

„Gratuliere, Scherrie! Du solltest beim großen Garether Schützenturnier antreten. Du `ast i’m exakt ins Auge geschossen. Der Kerl ist längst beim `erren Boron.“

„Tatsächlich? Ich denke, damit geht die Wette an mich. Jetzt müssen wir uns aber beeilen, Liebling. Etwa fünf Meilen von hier ist ein kleiner Weiler. Dort lebt eine heilkundige Kräuterfrau. Sie wird uns sicher helfen. Lass uns hasten, sonst stirbt er uns noch unter den Händen weg.“

Er schwang sich hinter den Vogt aufs Pferd und ritt den engen Pfad entlang. Simiona folgte ihm. Das Pferd des Vogtes am Zügel führend sagte sie zu sich: „Ja, das wäre sischer se’r bedauerlisch, Scherrie...“