Geschichten:Intrigenspielchen Teil 12

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Turnierplatz nahe Leihenbutt:


Endlich war für Nimmgalf der große Tag in greifbare Nähe gerückt. Heute am Vortage seiner Hochzeit wurde eine feierliche Tjoste abgehalten zu der sich auch zahlreiche der Hochzeitsgäste wie z.B. der Baron Erlan von Zankenblatt zu Syrrenholt, Vogt Hilbert von Hartsteen zu Sertis und natürlich auch Graf Danos von Luring, der Schirmherr der Pfortenritter, angemeldet hatten. Doch auch zahlreiche andere wagemutige Teilnehmer waren unter den Reihen der Gäste zu finden.

Nimmgalf hatte gerade einen weiteren Kandidaten aus dem Sattel befördert und winkte der jubelnden Menge zu, für die er eigens eine überdachte Tribüne hatte anfertigen lassen, allen voran natürlich seiner liebreizenden Verlobten, der Comtessa Simiona, die sich ihren Platz neben Vogt Hal von Ehrenstein ä.H. gesucht hatte. Nachdem der Blumenreigen verklungen war, lenkte Nimmgalf sein schwarzes Ross Finstermähne zu den Stallungen und reichte seinem Knappen Lanze Schild und Helm. Für den heutigen Tag waren noch einige Durchgänge geplant, er jedoch würde erst morgen wieder antreten müssen, so dass sich Gelegenheit böte, sich zu seiner Verlobten zu gesellen und die Taktiken der anderen noch ein wenig zu studieren. Nachdem er sich seiner schweren Ritterrüstung entledigt, sich kurz gewaschen und wieder in bequemere Gewänder gekleidet hatte, suchte er seinen Weg zur Tribüne.

„Ahh, da bist du ja Schatz. Ich hoffe, Du und der Kronvogt habt Euch nicht allzu sehr gelangweilt?“ Zur Begrüßung gab sie ihm einen Kuss auf den Mund.

„Nun ja, Scherrie, ein wenig spannender `ättest Du es ru’ig machen können. Der Vogt und isch `aben schon gewettet, wer dein nächster Gegner wird, bevor du den letzten erledigt `attest.“

„Zu schade, Euer Hochgeboren“, mischte sich Vogt Hal von Ehrenstein ein, „dass Eure `guten Freunde` von den Pulethanern nicht anwesend sind, das hätte der Turnei eine gewisse Würze verliehen nicht war?“ Er konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen.

„Wohl wahr, werter Vogt, nur leider trauen die sich außer großen Reden zu schwingen keinerlei Konfrontation mit uns Pfortenrittern zu, erst recht nicht, wenn es für uns ein Heimspiel ist.“ Sie lachten.

„Nana, von Hirschfurten, nicht zu vorlaut!“ Seine Exzellenz Praiodan von Luring, der in Begleitung der Dame Halva Selissa von Hartsteen-Rothermund angereist war und eine Reihe vor ihnen saß, konnte sich nicht länger zurückhalten. „In Greifenfurt haben sie Euch doch recht ordentlich Paroli geboten, wenn ich mich recht entsinne.“ Dabei warf er der Comtessa einen gestrengen Blick zu.

„Schon recht, Euer Exzellenz, auch ein blindes Huhn findet mal ein Korn. Aber sagt selbst, wie gefällt Euch mein kleines Turnier bisher?“

„Kann nicht über Langeweile klagen, von Hirschfurten. Nur die dunklen Wolken dort drüben, beunruhigen mich ein wenig.“

Jetzt sah auch Nimmgalf was sich dort am Horizont ballte. „Ihr habt recht, Euer Exzellenz. Da scheint sich was zusammen zu brauen. Solch schwarze Wolken sah ich zuletzt vor... vor über vier Jahren an der Trollpforte.“

Praiodan fuhr fort: „Und sie scheinen auf uns zuzukommen. Nimmgalf, ich halte es für besser, für heute abzubrechen und zu Eurer Burg zurückzukehren, bevor wir alle komplett durchnässt werden.“

Nimmgalf zögerte noch. Das Turnier jetzt abzubrechen wäre zwar möglich, aber doch äußerst unerfreulich. Es dauerte nicht lange, da frischte der Wind merklich auf und die ersten Regentropfen trafen die Menschen auf der Tribüne ins Gesicht. „Also gut. Höret, höret, verehrte Gäste!“ rief Nimmgalf. „Für heute soll es genug sein. Wir reiten zur Burg zurück und verbringen den Abend im Schutze der Mauern. Es gibt Wein und Leckereien für jedermann. Auf, Freunde, morgen wollen wir weiter tjosten, und am Abend wird geheiratet.“

Den letzten Halbsatz zwinkerte er Simiona zu. Die Mäntel und Umhänge enger geschnallt ritt die gesamte Festgesellschaft zur Burg. Der Regen peitschte ihnen ins Gesicht. Aus der Ferne war immer heftiger werdendes Donnergrollen zu hören.

„Hey, hey, Ihr hättet doch nicht so schnell abbrechen dürfen, Nimmgalf!“ rief ihm sein Nachbar Baron Wulf von Streitzig zur Greifenklaue scherzhaft zu, der neben ihm am Kopf der Kolonne ritt. „Hört Ihr’s nicht, wie die Donnergöttin Euch zürnt?“

„Vielleicht zürnt sie Euch ja, weil Ihr Eure Teilnahme an der Tjoste im letzten Moment noch absagen musstet, hmm? Würde mich nicht wundern, wenn Euch gleich ihr Blitzstrahl trifft.“ Sie mussten lachen. Plötzlich kamen Ihnen Reiter aus Leihenbutt entgegen. Aufgeregt winkten sie mit den Armen. Nimmgalf zügelte sein Pferd.

„Brrr. Stopp! Alles halt! Tengeler, Hubertus, Mainbusch, was ist los?“ „Herr Bar…Es ist furchtbar!... Ihr müsst sofo... alles lichterloh...“ riefen die drei durcheinander.

„Ruhe! Nicht alle zugleich. Mainbusch, berichte du was geschehen ist!“ brüllte Nimmgalf in barschem Ton.

„Herr Baron, der Traviatempel in Leihenbutt steht in Flammen!“

Nimmgalf wurde bleich. „Was sagst du da?“

„Binnen Sekunden schlugen mehrfach violette Blitze ein. Es war fast, als ob die himmlische Löwin ihrer Schwester zürne.“

Nimmgalf schlug den Mann wütend ins Gesicht. „Wage es nicht noch einmal, solche Mutmaßungen anzustellen, Kerl, oder ich werde wirklich böse.“ Dann besann er sich. „Simiona, du nimmst die Gäste mit zur Burg. Ich werde mit ein paar Freiwilligen zum Tempel reiten und schauen, was zu retten ist.“

„Nein, isch werde mitkommen.“ antwortete sie.

„Das ist zu gefährlich. Kommt nicht in Frage.“

„Es ist auch in meinem Sinne, dass der Tempel unverse’rt bleibt. Du `ast kein Rescht, misch rumzukommandieren. Isch komme mit, `örst du?“

„Also gut, Knappe Helmbrecht, du führst die Gäste zur Burg. Wer kommt mit?“ Durch den peitschenden Wind und den Donner waren selbst seine gebrüllten Worte kaum zu verstehen, so dass sich nur drei der Umstehenden meldeten: Wulf von Streitzig, Hilbert von Hartsteen und seine Exzellenz Praiodan von Luring. Gemeinsam ritten sie in das kleine Städtchen Leihenbutt.

Schon von weitem sahen sie die meterhohen Flammen, die aus dem einst so prachtvollen Tempel schlugen. Ein paar Bürger waren zusammengelaufen. Nimmgalf befürchtete das Schlimmste. „Es ist schlimmer als ich dachte. Ist da noch wer drin? Verdammt, wo bleibt denn die Brandwehr?“

Einer der Umstehenden rief: “Herr Baron, ich bemerkte das Feuer als einer der ersten und habe sofort Alarm geschlagen, doch ich sah niemanden aus dem Tempel kommen. Die Brandwehr muss jeden Augenblick hier eintreffen.“

„Wir müssen sie da rausholen. Wulf, Hilbert, los helft mir das Portal zu öffnen.“ Sie stiegen ab und liefen die Tempelstufen herauf. Hitze schlug ihnen entgegen. „Verdammt! Das Portal lässt sich nicht öffnen. Los, helft mir.“ Nimmgalf warf sich mit voller Wucht dagegen.

„Das hat keinen Zweck Nimmgalf!“ rief der Vogt zu Sertis. „Die Pforte ist viel zu massiv. Lasst es uns auf der Rückseite probieren.“

Sie liefen um den Tempel herum. „Die Tür zum Sekretariat, zum Namenlosen, sie ist auch verschlossen.“ In dem Moment war ein gewaltiges Poltern und Bersten zu hören. Ein Teil des Daches war eingestürzt.

Nimmgalf schrie: „Vielleicht besteht noch Hoffnung. Los: zuuu gleich, zuuu gleich!“ Zu dritt schafften sie es, die Tür aus den Angeln zu stoßen.

Sofort schlugen ihnen Flammen entgegen. „Ich gehe rein!“ rief Nimmgalf.

„Bist Du verrückt geworden, Scherrie? Das darfst du nischt tun, bitte!“

„Sie hat recht Nimmgalf“, sagte der Baron von Streitzig, „das ist zu gefährlich.“

„Ich muss es einfach.“ Nimmgalf rannte in die Flammenhölle.

„Neiiiin! Bleib `ier, Nimmgalf!“ Simiona weinte bitterlich.

„Wir holen ihn raus. Kommt Ihr mit, von Hartsteen?“

„Selbstverständlich. Los!“ Die beiden liefen hinter Nimmgalf her.

Drinnen bot sich ein grauenvolles Bild. Alles stand lichterloh in Flammen. Mehrere Menschen lagen größtenteils brennend auf dem Boden, auffällig viele davon in der Nähe des Hauptportals. Nimmgalf versuchte gerade einen Balken fortzubewegen, unter dem die Travia-Geweihte eingeklemmt war. „Hier rüber. Wir müssen sie hier rausholen. Helft mir.“ Er musste husten. die Hitze war fast unerträglich.

Von Streitzig erkannte die Lage als erster. „Nimmgalf, sie ist tot. Wir müssen hier raus.“

„Nein! Nein, das darf einfach nicht sein, nicht jetzt!“

„Es ist zwecklos. Komm endlich, sonst wirst Du auch noch verbrennen.“ rief der Vogt.

„Nein, ich werde nicht ohne sie gehen.“

In dem Moment schlug Wulf ihm einen Tonkrug über den Kopf. Ohnmächtig brach Nimmgalf zusammen. „Ihr nehmt die Beine, ich die Arme. Nichts wie raus hier.“

Mit letzter Kraft und leicht angebrannt schafften sie es aus der Flammenhölle. Keine zehn Herzschläge nachdem sie draußen waren, stürzte der Tempel komplett zusammen. Simiona lief ihnen entgegen. „Den Göttern sei Dank, i’r `abt i’n da rausge’olt. Wie kann isch Eusch nur jemals danken?“ Tränen liefen ihr über die Wangen.

„War doch... kein... Problem....Gnädigste.“ antwortete der Vogt zu Sertis keuchend.

Nimmgalf kam wieder zu sich. „Was.. was ist passiert?“

„Danke den Göttern, dass Du so gute Freunde `ast, Scherrie, sonst wärst Du jetzt nischt me’r am leben.“

„Aber ... der Tempel ... Mutter Traviata ... es ist alles aus. Anscheinend zürnen uns die Götter. Warum sonst sollten sie gegen unseren Traviabund sein? Es hilft nichts, die Hochzeit ist abgesagt.“

„Niemals!“

Simiona funkelte ihn wütend an. „Was? Aber wir können doch jetzt nicht mehr ... ich meine, das ist doch ein eindeutiges Zeichen dagegen.“

„Du redest wirres Zeug, Nimmgalf. Es ist ein tragischer Unfall, ja. Aber deswegen dürfen wir uns doch nischt selbst aufgeben. Wir werden `eiraten und zwar morgen wie geplant.“

Nimmgalf stand sichtlich erschüttert auf. „Niemand lebt mehr, der uns noch trauen könnte. Mutter Traviata und Vater Kalmund sind tot. Ebenso die Novizen. Da drinnen liegen mindestens 12 Tote und du denkst noch ans heiraten?“

„In Sonnenberg, keine 10 Meilen von `ier, lebt soviel isch weiß noch ein alter Travia-Gewei`ter. Isch werde morgen nach i’m schicken lassen. Wir `eiraten in unserer kleinen Kapelle auf Burg Lei`enbutt, was sagst du jetzt?“

„Ich ... ich weiß nicht ob ...“ Simiona begann wieder zu weinen: „Scherrie, bitte! Isch brauche disch so se`r. Wir brauchen disch.“

„Wir? Wie meinst du das?“

„Isch wollte dir es eigentlisch erst nach der `ochzeit sagen, aber… wir bekommen ein Kind, Scherrie.“ schluchzte sie.

„Aber ... aber das ist ja wunderbar, Liebling.“ Nimmgalf lächelte sie an und wischte ihre Tränen weg. Sie blickte ihm tief in die Augen. „Natürlich heiraten wir morgen, Schatz, mein Ehrenwort.“ Sie küssten sich lange und heiß.

Eine Weile war vergangen, der Tempel trotz des tapferen Einsatzes der Brandwehr größtenteils niedergebrannt. Nimmgalf und Simiona hielten sich immer noch in den Armen, die Kleidung bis auf die Haut durchnässt.

„Hrmhrm.“ Hinter ihnen erklang die Stimme des Staatsrates. „Störe ja nur ungern, von Hirschfurten.“

„Ach, Exzellenz ... nein, nein ihr stört nicht. Was gibt es denn?“

„Ich war so frei mir die Schlösser des Portals und der Hintertür mal näher anzusehen. Eines ist sicher: Sie wurden kaltverformt. Da war schwarze Magie im Spiel.“

Nimmgalf und Simiona blickten sich erstaunt an. „Magie? Aber, was wollt Ihr denn damit sagen?“

„Es war kein Unfall, von Hirschfurten. Das war Mord!“

Entsetzt blickte Nimmgalf den Staatsrat an, während Simiona zu weinen begann.

'ENDE