Geschichten:In einer Hand - Es möge sich finden ein Prinzliches Paar

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Schloss Neu-Sighelmsstein, Sighelmsmark, Mitte Ingerimm 1035 BF

Leicht verschwitzt legte Burggraf Alarich von Gareth-Sighelmsmark mit einem heiteren Lächeln seinen Topfhelm auf den groben Holztisch im Burghof und stellte seine Lanze daneben. Das mittägliche Praios-Mal schien erbarmungslos auf die schwitzenden Ritter herunter, die sich nach einer harten und langen Übung schnaubend erholten.

»So, Jungs, jetzt nehmen wir erst einmal eine kleine Erfrischung zu uns und machen eine kleine Pause. Danach geht’s weiter«, sprach er und schüttete den bereitgestellten Becher mit verdünntem Wein hinunter. Er hatte sich fest vorgenommen auf dem Turnier der Kabinettstjoste einen guten Eindruck zu hinterlassen. Nachdem er bereits das Eslamsgrunder Frühlingsturnier verpasst hatte, weil die Geschäfte der Burggrafschaft ihn nicht fort ließen, nutzte er nun jede freie Minute, um sich und seine Ritter in eine gute Form zu bringen. Nach allem, was er gehört hatte, war der große Favorit in der Tjoste, Baron Nimmgalf von Hirschfurten, in diesem Jahr völlig außer Form, und mit den anderen Teilnehmern des Großen Kabinetts würde er es schon aufnehmen. Es wäre sicherlich ein gutes Zeichen, wenn er als Verwandter der Kaiserin den Ratschlag des Kabinetts überbringen würde.

Sein Blick glitt über seine tapfere Hofritterschar, die ihn mit einigem Stolz erfüllte. Als hätte die Übungseinheit ihm überhaupt nichts ausgemacht, legte sich Ritter Bartel Helmdahl von Stolzenfurt, der ein erfahrener und begnadeter Tjoster war, mächtig ins Zeug und prahlte vor seinen Gefährten mit seinen vergangenen Turniersiegen. Neben ihm stand der junge Cyberian von Weidenhoff, der wie sein Vetter Edorian einen guten Nandus-Geweihten abgegeben hätte, denn wie immer führte er seine geschliffene Rede besser als seine Turnierlanze. Etwas abseits hinter den beiden, in einer fleckigen und leicht rostigen Rüstung, stand wie immer schweigsam Herdan Alrik von Steinfels, dessen Familie in offenkundigem Niedergang begriffen war. Als Zweiergruppe unterhielten sich Yppolita von Zweifelfels und Eberhelm von Tannengrund, die wie immer sichtlich bemüht darum waren, dem anderen in seiner Arroganz und Standesbewusstsein zu übertreffen.

»Stolzenfurt, was meint Ihr«, klopfte Alarich seinem ersten Ritter mit einem Lachen auf die Schulter, »reicht es für mich alten Knochen oder muss ich mich dem garetischen und märkischen Adel auf dem Tjostplatz geschlagen geben?«

»Ihr seid ein unberechenbarer Gegner, Hochedelgeboren. Da man Euch lange nicht hat in einem Turnier hat reiten sehen, werden es Eure Gegner schwer haben. Jedenfalls die ersten, danach werden die anderen ja sehen, wo Eure offenkundigen Schwächen liegen«, lachte der Hofritter schallend über die offene Unverschämtheit seinem Lehnsherren gegenüber.

»Es wird Euch letztlich so gehen wie Stolzenfurt«, mischte sich Weidenhoff in das Gespräch der beiden ein. »Ich würde jedenfalls mein Pferd nicht auf ihn wetten. Gegen ein paar kleine Hartsteener in Bärenau mag er ja gut genug sein, aber auf der Kabinettstjoste wird er es dann mit echten Gegnern zu tun bekommen.«

Alarich lächelte die beiden an, während Stolzenfurt seinen Konkurrenten um die Gunst des Burggrafen finster anblickte. In diesem Augenblick erschien in Begleitung ihrer Zofe Adaque Jorunde von Stolzenfurt in einem langen Brokatkleid und in einen langen, luftigen Seidenschal gehüllt Lorindya Amene von Firdayon-Bethana, die Gattin des Burggrafen. Sogleich erstarb das Lächeln auf Alarichs Lippen. Insgeheim beobachtete er seine Hofritter und taxierte genau ihre Reaktionen auf das Erscheinen seiner Gattin. Stolzenfurt hatte sich wieder beruhigt und tönte laut, ohne die Burggräfin zu bemerken. Weidenhoff beugte ergeben das Haupt als Begrüßung während Steinfels‘ Blick sich zu Boden senkte und er ein paar Schritte in Richtung Zweifelfels und Tannengrund ging, die beide die Burggräfin mit heimlichen Blicken anstarrten. Lorindya war unverbindlich wie immer, stets das etwas aufgesetzte horasische Lächeln auf ihren Lippen, und schwebte auf ihren Gemahl zu.

»Mein Herz, ich unternehme mit Adaque einen kleinen Ausritt nach Hisselrode. Warte nicht mit dem Nachtessen, wahrscheinlich bleiben wir ein paar Tage dort. Adaque, husch husch, lass die Pferde fertig machen.«

Alarich blickte seiner Gattin mit zusammengekniffenen Augen hinterher. In Hisselrode war Giesemine von Klagen seine Burgvögtin, deren Vetter Frobert der Edle von Bessandt war. Ritt sie deswegen dorthin, um sich mit dem Edlen zu vergnügen? Fast ein wenig zu alt für dich, meine Liebe, ging es im mit bitterem Zynismus durch den Sinn. Sonst sind es doch die jungen wilden und ungestümen Hengste, die du so gerne zu zähmen versuchst.

»Mein Herr, verzeiht, aber am Tor wurde eine wichtige Nachricht für Euch abgegeben«, holte ihn sein Knappe Rondger von Kaiserswohl aus seinen Gedanken. »Der Bote, der sie hinterließ, sagte, sie sei für Euch und nur für Euch persönlich bestimmt.« Rondger stand kurz vor seiner Schwertleite und hoffte, sie in diesem Sommer von seinem Herren zu bekommen. In der Hand hielt er ein mit Wachs verschlossenes Pergament, welches er Alarich übergab.

»Ist der Bote noch da?« fragte er, während er die schützende Wachsschicht entfernte.

»Nein, mein Herr, er ist sofort wieder gegangen.«

Seinem Knappen nebenbei zunickend überflog er kurz die Zeilen und faltete das Dokument zusammen sauber und ordentlich zusammen. »Verzeiht, meine Herren und Damen, aber ich muss mich eben im mein Arbeitszimmer zurückziehen«, rief er in einem ungezwungenen Tonfall seinen Hofrittern zu, die sich bereits wieder in Richtung ihrer Pferde aufgemacht hatten. Innerlich dagegen brodelte es in Alarich und am liebsten hätte er laut und deutlich jenen Rahja-Passus des Weidlether Vertrags verflucht, der ihm diese Unannehmlichkeit eingebrockt hatte: Es möge sich finden ein Prinzliches Paar zu schließen den Ehebund, den Göttern und Reichen ein Wohlgefallen.

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An Seine Hochwohlgeboren Alarich von Gareth-Sighelmsmark!
 
 
 
 
Wir möchten Euch darüber in Kenntnis setzen, dass sich in unserem Besitz mehrere Briefe Eurer Gattin an verschiedene Mitglieder des Sighelmsmärker Niederadels, sowie deren Antworten an Eure Gattin, befinden. Diese Briefe beinhalten neben Koseworten und Anzüglichkeiten sehr genaue und detaillierte Beschreibungen von zwar rahja-, aber nicht unbedingt traviagefälligen Handlungen der Korrespondierenden, sowie eine längere und sehr eindeutige Einschätzung Eurer Gattin über ihr Eheverhältnis mit Euch. Sie schreibt dort von einer hoffentlich baldigen Scheidung von Euch und macht eindeutige Eheversprechungen.
Wie Ihr wisst, sollten diese Briefe nach Möglichkeiten nicht in die Hände der horasischen oder raulschen Krone fallen. Denn gemäß dem Rahja-Passus des Weidlether Vertrag wäre ein Ehebruch gleichwertig mit dem Bruch des gesamten Vertrags. Es ist daher nicht anzunehmen, dass es in Eurem Sinne liegt, dass diese liederlichen Schriftstücke an das praiosgefällige Licht der Öffentlichkeit gelangen. Wir sind daher bereit auf die eindeutige Bestätigung der allseits verbreiteten Gerüchte über Eure Gattin zu verzichten, vorausgesetzt Ihr erklärt Euch unserem Mittelsmann auf dem Großen Kabinett gegenüber bereit, für einen kleinen Gefallen zur Verfügung zu stehen.
 
 
 
 



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11. Ing 1035 BF
Es möge sich finden ein Prinzliches Paar
Treue mit Treue vergelten


Kapitel 3

Das Spiel um die Ehre
Autor: Hartsteen