Geschichten:Im Tal der Pferde – Die Fratze des Todes

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Burg Beschelshall, Baronie Herdentor, Hesinde 1041 BF:

Wulfhelm von Sturmfels saß an seinem Schreibtisch und lass einige Briefe. Er sah alt aus, wirkte ausgemergelt und fahl. Seine Gesichtszüge waren kalt und unnachgiebig, doch ließen sie seine aristokratische Herkunft erahnen – die erhabenen Züge der Herren vom Sturmfels. Das Leben schien ihm jeden Tag ein wenig mehr zu entweichen. Über 90 Götterläufe wandelte er nun schon auf Dere – wenn gleich ihn seine Beine die letzten 10 davon auch nicht mehr trugen. Statt dessen pflegte er sich in einer imposanten Sänfte durch den weitläufigen Palast der Barone von Herdentor zu tragen.

In seinen dürren Händen hielt er einen Brief aus Praiseneck. Der dortige Abt und Freund der Familie, Sulman von Greifenwacht, schilderte darin den fortwährend besorgniserregenden Zustand von Baron Martok. Er begann zu erkennen, dass der Geist seines Enkels nicht mehr ins Diesseits zurückkehren würde. Welch herber Rückschlag für seine Pläne, den Martok war der Garant für die Herrschaft der Familie Brendiltal über Herdentor – und er war auch der Garant für den Einfluss der Häuser Sturmfels und Ochs. Die zahlreichen Feinde – wie die aranische Brut und die Korbrunner – würden diese Schwäche bald nutzen. Es musste also der Schein gewahrt werden – so lange eben möglich. Vor allem musste für Yaron eine standesgemäße und lukrative Braut gefunden werden. Herdentor brauchte Verbündete um gegen die Feinde – von Außen wie von Innen – bestehen zu können.

Die Gedanken des Alten schweiften ab und blieben bei seiner Tochter Mara hängen. Sie hatte sich seit dem Tod von Eslam verändert – zum positiven, wie sich Wulhelm nach eingehender Analyse eingestehen musste. Sie war nicht mehr das naive Frauchen, dass sich von starken Frauen und Männern leicht beeindrucken ließ. Sie war resoluter geworden, stärker. Vielleicht sollte er ihr doch mehr Vertrauen entgegen schenken und sie nicht mehr so abfällig behandeln.

Geistesabwesend griff seine knochige Hand zu einem Teller mit nebachotischen Leckereien. Hatte er sonst auch keine Laster, dieses frönte er schon seit vielen Jahrzehnten. Auch wenn seine Frau dies missbilligte, das war ihm egal. Sein Blick fiel auf einen Brief der mit einem Rosenenblem verziert war. Es war einer der vielen Briefe die im Nera schrieb, Martoks Halbschwester. Er hatte keine ihrer Brief jemals beantwortet. Auch hatte er sie sonst nicht wirklich wahrgenommen. Sie war eben nur eines der Bastard-Kinder von Mara und dazu ebenso Charakterschwach wie ihre Mutter. Doch als Halbschwester des amtierenden Barons von Herdentor könnte sie ihm noch wichtig werden. Daher ließ er nach ihr schicken. Sie sollte ihre Möglichkeit bekommen sich zu beweisen.

Es klopfte an der hölzernen Tür. Nera trat ein und schritt durch den Raum. Vor dem Schreibtisch blieb sie stehen. Mit zusammengefalteten Händen und gesengtem Blick wirkte sie, als käme sie gerade aus der Praiostagsschule.

„Ihr habt nach mir rufen lassen, Großvater!“

Sie wagte es nicht den Blick zu heben, doch als das Schweigen ihres Gegenübers zu unerträglich wurde, fasste sie allen Mut zusammen. Aus leeren Augen starre sie ihr Großvater an. Schaum quoll aus seinem Mund. Erschrocken und mit panischer Angst stürmte sie zu ihrem Großvater, doch all ihr Rufen, Schreien und Flehen sollte ungehört bleiben. Ihr Großvater hörte sich nicht mehr.