Geschichten:Igelfehde - Gneppeldotzer Hühnerhaufen

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Markt Moorsch, Travia 1044 BF

Wenngleich die Einwohner Moorschs sich tunlichst in ihre eigenen Häuser zurückgezogen hatten, platzte der heruntergekommene Marktort an diesem Abend schier aus allen Nähten vor Betriebsamkeit. Denn vor wenigen Stunden war der Pfalzgraf von Reichsgau eingetroffen, und mit ihm eine stattliche Menge an Rittern und Bewaffneten, wodurch sich die Zahl der Köpfe auf diesem Fleckchen Dere auf einen Schlag verdoppelte. Dank der Vermittlung des Bewahrers von Wind und Wogen vom altehrwürdigen Moorscher Efferdtempel hallten nun weder Kriegsgebrüll noch Angst- und Wehgeschrei oder Waffengeklirr durch die Gassen, sondern allenfalls die Geräusche eines Heerlagers, von den Rufen der Befehliger und Flüchen der Trossknechte über das Klappern der Pferdehufe und der Rüstungen bis zu den Soldatenstiefeltritten auf den abgewetzten Pflastersteinen oder dem rauen Gelächter über unziemliche Witze.

Der Pfalzgraf Bernhelm hatte nach einer Inspektion des Örtchens in der Vogtei am Marktplatz Quartier genommen und hörte sich ungeduldig die Berichte seiner Vertrauten über die Ereignisse des Tages und die Pläne für das weitere Vorgehen an. Schließlich unterbrach er seinen Vetter Brinhart und fragte: „Gibt es Zeitung vom Gräflein Odilbert oder der Möchtegernbaronin?“

„Nein, nichts“, runzelte der die Stirn, wobei sich die dichten Brauen über der Nasenwurzel berührten, „Und ich gebe zu, das beunruhigt mich ein wenig, angesichts dessen, wie ungestüm der junge Graf bisher agiert hat.“

Bernhelm schnaubte, denn offenbar hatte er sich den Waffengang gegen den Hartsteener etwas anders vorgestellt: „Beunruhigt, was? Ich halte es mittlerweile für wahrscheinlicher, dass ihm seine Gefolgsleute schlicht davon laufen und er nicht genügend Aufgebote zusammenkratzen kann, um sich einem ehrlichen, offenen Kampf zu stellen.“

„Dennoch sollten wir auf der Hut sein. Die Dotzenburg ist keine zehn Meilen von hier entfernt“, gab Celissa zu bedenken, „Ich schlage darum vor, dass wir heute Nacht die Wachen verdoppeln.“

„Ich glaube nicht, dass wir mit Überraschungen rechnen müssen“, winkte Vicarius von Firunshöh ab, „Seit die drei Gneppeldotz-Brüder tot sind, gibt es dort nur noch einen aufgescheuchten Hühnerhaufen aus trauernden Witwen und unerfahrenen Küken. Die werden uns kaum Scherereien machen.“

„Und wenn doch?“

„Dann werden wir die Hühnchen eben rupfen“, knurrte der Ogerfresser und ballte die Faust.

„Wie wär’s, wenn wir es so wie mit den Dergelsthurms hier in Moorsch machen und erst einmal, nur zur Sicherheit, Ritter Gerhelm zum Verhandeln vorschicken?“, schlug Brinhart vor. „So weit ich weiß, vogtet Junker Taramons Schwester Emer auf der Dotzenburg und es könnte Zoltheim verärgern, sollte ihr etwas zustoßen. Wenn sie ihre wahren Familienbande achtet, wird sie uns die Tore öffnen und wir könnten unblutig einen sicheren Stützpunkt in Hutt gewinnen.“

Der Pfalzgraf blickte in die Runde, in der er zustimmendes Nicken zu diesem Vorgehen bemerkte, und entschied schließlich: „Na schön: Soll Gerhelm sein Glück versuchen. Gleichwohl brechen wir morgen zur Ingerimmsstunde auf – und werden dann schon sehen, wo welche Loyalitäten liegen.“