Geschichten:Heimkehr – Der Ruf des Waldes

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Königlich Neerbusch, Reichsforst, Phex 1033BF


Dramatis Personae


Irgendwo im nordwestlichen Reichsforst:

Am nächsten Morgen machte sich Edorian auf den Weg in den Reichsforst. Er hatte ein leicht mulmiges Gefühl. Was meinte seine Großmutter damit, als sie sagte dass der Hüter des Hains der Allmutter ihn schon finden würde wenn er dazu bereit wäre? Auch machte seine Großmutter merkwürdige Andeutungen bevor er sich auf den Weg machte, es werde nicht nur eine Reise in die Tiefen des Reichsforsts werden, sondern auch eine Reise in die Tiefen seines Herzens, hatte sie gesagt. Edorians Gedanken überschlugen sich förmlich, während er immer tiefer in den Wald vordrang.

Stunden vergingen, er wusste nicht wohin ihn sein Weg führte, er folgte einfach einem inneren Wegweiser, einem inneren Drang. Befand er sich noch in den Grenzen seines Junkertums? Je weiter er in den Reichsforst vordrang, desto intensiver wurde das Gefühl zuhause zu sein. Edorian konnte dieses Gefühl nicht einordnen. Es hieß zwar, in seinen Adern fließe ein wenig Elfenblut, aber war es dieses Erbe was ihm den Wald so vertraut scheinen ließ?

Edorian wanderte weiter durch den Reichsforst, als unverhofft Nebel aufzog – am helllichten Tage – der immer dichter wurde. Edorian könnte sich nur noch tastend fortbewegen. Als sich der Nebel so schnell wie er gekommen war wieder verflüchtigt hatte, erblickte er durch den Wildwuchs der Bäume und Büsche eine Lichtung. Als er näher kam, bemerkte er mehrere Steinsäulen auf der Lichtung. Jene Steinsäulen bildeten einen Steinkreis, in dessen Mitte sich eine Art Altar befand. Diese Stätte musste schon uralt sein, vermutlich weit älter als die menschliche Besiedelung der heutigen Grafschaft Waldstein. Aber wer würde hier mitten im Wald eine Art Kultstätte errichten? Und wofür? Beim näheren Betrachten des Altares bemerkte Edorian mehrere Schriftzeichen die in den Stein eingemeißelt wurden. Sie waren ihm unbekannt, doch wirkten sie ihm auch seltsam vertraut. Um Isdira konnte es sich nicht handeln, hatte er doch profunde Kenntnisse von der Sprachen der Elfen. Könnte es sich um Asdharia handeln? Dies würde bedeuten, dass er soeben auf eine alte Kultstätte der Hochelfen gestoßen ist. Oder war dies eine Stätte zu Ehren Sumus?

Ganz in Gedanken verloren, merkte Edorian erst spät, dass der Nebel wieder aus dem Wald auf die Lichtung gekrochen war und förmlich nach ihm griff. Die nass-feuchten Umkosungen des Nebels ließen Edorian erschaudern. Dann plötzlich stand wie aus dem Nichts eine Person vor ihm. Edorian wollte nach seiner Waffe greifen, doch war er wie gelähmt, als hielte der Nebel ihn fest. Der Mann dürfte die 50 Götterläufe schon überschritten haben, er hatte lange weiße Haare und einen weißen Bart.

„Ich habe dich erwartet, Edorian!“, sprach der Mann mit freundlicher, fast väterlicher Stimme.

„Aber, woher kennt Ihr meinen Namen?“, stammelte Edorian, während er versuchte sich zu bewegen.

„Ich bin der den du suchst und du bist hier um die Prophezeiung zu erfüllen!“ Der Nebel entließ Edorian nun aus seinen feuchten Fängen und er konnte sich wieder bewegen.

„Prophezeiung? Von welcher Prophezeiung sprecht Ihr? Und wer seid Ihr überhaupt?“

„Ich bin Wenzlyn von der Quell, der Hüter dieser heiligen Stätte“, dann fuhr er fort, „Der Bund zwischen den Menschen und den alten Göttern muss erneuert werden.“

„Aber was habe ich damit zu tun?“, fragte Edorian.

„Du und deine Familie seid eng mit dem Schicksal dieses Waldes verbunden. Oder sollte ich sagen unserer Familie? Du bist der Nachkomme von Simarion, den Knaben den du aus der Sage über die Blutulme kennst; wie auch ich seiner Linie entstamme. Wir waren gezwungen uns zu verstecken, nachdem fast alle Familienmitglieder von den Häschern des Sonnengötzen vernichtet wurden; vorher lebten und herrschten wir offen über diese Lande. Seit über 500 Jahre leben unsere Ahnen nun verborgen in diesem Wald als Hüter dieser Stätte, deine Großmutter verließ den Wald da sie sich in einen Krieger des Kaisers verliebte, so konnte der Bund nicht erneuert werden als die Zeit reif war. Nun ist es an der Zeit den Bund wieder zu erneuern. Geschieht dies nicht, wird der Wald die unsrigen verschlingen und unsere Dynastie wird erlöschen.“

Edorian war sprachlos von dem gerade vernommenen. Er versuchte krampfhaft seine Gedanken zu ordnen. Es hieß das seine Großmutter magiebegabt war... doch bedeutete dies das sie am Ende gar eine Druidin war, wie es der Hüter indirekt andeutete? Erklärte seine Abstammung von dem vermeintlich untergegangenem Geschlecht des Simarion, seine Verbundenheit zu diesem Wald, wie auch zu dem Schicksal des kleinen Jungen?

„Warum wurde unsere Familie von den Dienern Praios verfolgt?“, fragte Edorian, um ein wenig Klarheit zu bekommen.

„Unsere Vorfahren praktizierten eine sehr naturnahe Magie und beteten zu den alten Göttern. Nach der Machtergreifung der Diener des Sonnengötzen, klagten sie unsere Familie der Ketzerei an und verbrannten alle Famlienmitglieder denen sie habhaft werden konnten bei lebendigem Leibe, bis auf Simarion.“ Nun wusste Edorian warum er mit allzu frommen Praiosanhängern nie wirklich etwas anfangen konnte. Edorian sammelte sich und fragte den Hüter wie er die angesprochene Prophezeiung einlösen könne. Der Hüter sprach:“ Dir wird ein großes Opfer abverlangt werden, du musst dich von einer dir lieben Person trennen.“ Edorian schluckte. Der Hüter fuhr fort:“Du musst dein drittgeborenes Kind beim Erreichen des siebten Götterlaufes der Obhut der alten Götter überlassen!“ Edorian zuckte zusammen, Tarya, sein drittgeborenes Kind, würde in Kürze sieben Götterläufe alt werden.

„Wie könnt Ihr so etwas von mir verlangen?“

„Erfüllst du die Prophezeiung wird es uns gelingen, den Gefahren des noch Kommenden zu trotzen und du wirst unser Geschlecht zu neuer Blüte führen. Der Wald und seine Kreaturen stünden an unserer Seite... wenn nicht, wird unsere Familie endgültig untergehen! Ich erwarte deine Entscheidung bis zum nächsten vollen Madamal!“