Geschichten:Heerzug wider die Finsternis - Teil 23d

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Dramatis Personae:


Burg Leihenbutt, 13. Rondra 1032 BF, abends


Alrik Herdan, Marek Tannhauser und die Schwarzpfeile hatten die Nacht überlebt. Aus dem Schatten einer Gasse heraus hatten sie Nimmgalfs Rede gelauscht, und waren dann dem Heer den Burgberg hinauf gefolgt. Niemand war es aufgefallen.

Nun hatten sie sich etwas abseits aufgestellt. Die Bögen waren griffbereit, die Nerven zum Zerreißen gespannt. Beinahe tonlos formte Marek die Worte: „Wartet. Wartet noch...“

Die Praioten erflehten den heiligen Bannstrahl. „Haltet euch bereit, falls es nicht klappt.“, flüsterte Marek. Alrik Herdan zog eine Augenbraue hoch: „Kein Vertrauen in die Götter, Tannhauser?“

„Ich bin nur vorsichtig. Zehn Jahre Schwarze Lande lehren einen so einiges. Und außerdem ist Simiona eine ...“

Abrupt verstummte er, als die Bannstrahler in dem purpurnen Feuer vergingen.

„Diese Dämonenbuhle! KNALLT SIE AB! FEUER!“, brüllte Marek. Jahrelange Erfahrung und Training machten sich bezahlt. Zwar waren einige Söldner noch zu sehr unter Schock, die meisten jedoch rissen ihre Bögen hoch. Pfeile sirrten durch die Luft, rasten auf Simiona zu. „Spickt sie wie einen Igel! Das Gift wird den Rest erledigen“, freute sich Marek. Doch weit gefehlt!

Der finstere Schwarzmagier hat alle Pläne vereitelt. Die tödlich vergifteten Pfeile prallten wirkungslos an dem unsichtbaren Schutzschild ab.

Alrik Herdan stand tonlos da. Sein Blick schweifte über das Grauen. Sekunden verstrichen. Dann kam Bewegung in den Junker. Die Hand klammerte sich so fest um den Griff seines Langschwertes, dass die Knöchel weiß hervortraten. Seine Unterlippe zitterte. Er rannte los, unartikuliert schreiend. Die Waffe flog in die Hand, er stürmte über das Schlachtfeld.

„Alrik Herdan? Alrik Herdan! Bei den Erzdämonen, verflucht was macht ihr da? Safiriel folg’ ihm! Pass auf ihn auf!“, rief Marek. Die Auelfe eilte los. Dann wandte er sich seinen Söldnern zu: „Und ihr: HOLT MIR DIESEN SHARBAZZ VOM HIMMEL!“ Auch wenn des Grauen allen noch in den Gliedern saß, gehorchten sie. Pfeile sirrten durch die Luft. Bohrten sich in den Dämonenleib. Der Dämon heulte ohrenzerfetzend auf. Einer der Schwarzpfeile brach wimmernd zusammen. „SCHIESST!“ Eine zweite Salve zischte durch die Luft. Das Ungetüm wich den meisten aus und raste dann im Sturzflug auf die Söldner zu, die schorfige Waffe kreisend.

Alrik Herdan rannte. Schreie. Stöhnen. Ein lautes Klirren. Hitze. Feuer. Sein Herz raste. Auf einmal wurde er zu Boden gerissen. Ratten wuselten über ihn. Doch schlimmer noch: eine vermoderte Hand hatte seine Kehle umklammert. Der Junker röchelte. Er schlug blindlings mit dem Knauf des Schwertes nach hinten. Er spürte Widerstand. Noch ein Schlag, diesmal noch kräftiger. Ein dumpfes Knirschen und Knacken. Der Druck um seinen Hals wurde schwächer. Er rappelte sich hoch und rannte weiter. Ein kurzer Blick über die Schulter offenbarte, dass sich der Untote auch wieder erhoben hatte. Sein Schädel war an einer Seite eingedellt wie ein überreifer Apfel. Dann hatte der Junker die Bannstrahler erreicht.

Der Sharbazz raste auf Marek zu. „IRION!“, brüllte der Hauptmann und warf sich zur Seite. Der Säbel des Ungeheuers funkelte todbringend. Ein Hieb aus diesem Ansturm heraus würde einen Mann mit Leichtigkeit in zwei Teile spalten. Der Magier stieß seinen Stab auf den Boden. Kreischend versuchte der Dämon abzubremsen, doch zu spät. Das Ungetüm donnerte in vollem Flug gegen eine aufblitzende Sphäre. Er wurde zurück geschleudert und umkreiste mit zornig funkelnden Augen die Söldner.

Vor dem Junker wanden sich die letzen Bannstrahler in Todesqualen. Purpurnes Dämonenfeuer tanzte auf ihren Körpern. Labte sich an ihren Seelen. „Finde Friede in der gnädigen Umarmung Borons“, flüsterte er. Dann sauste sein Schwert herab. Die Augen des Bannstrahlers brachen, das Dämonenfeuer verlosch augenblicklich. Das Gesicht des jungen Ordensmannes brannte sich auf ewig in Alrik Herdans Seele ein. Er eilte zum nächsten Praioten. Und zum nächsten. Und zum nächsten. Die Tränen formten feuchte Spuren auf seinen Wangen. Er keuchte. Ein kurzer Blick. Verflucht! Der Untote mit dem eingedellten Kopf hatte in fast erreicht.

Der Sharbazz, von den bisherigen Treffern unbeeindruckt, kreischte erneut und ein Höllenhund wühlte sich durch das Schlachtfeld auf die Schwarzpfeile zu. Der Hauptteil der Ratten hatte die Söldner fast erreicht. „Ach, zu den Niederhöllen!“, fluchte Marek und griff nach seinem Bogen Skrýmnir. Er legte den Pfeil auf die Sehne. Das Geschoss war aus schwarzem, seltsam ineinander verdrehtem Holz gefertigt, die Stahlspitze geschwärzt und ebenso war die Befiederung von dunkler Farbe. Mareks blanke, linke Hand klammerte sich so fest an den Kriegsbogen Skrýmnir, dass die Fingerknöchel weiß hervortraten. Unzählige winzige Dornen bohrten sich in seine Haut. Warmes Blut rann den Arm hinab, tropfte zu Boden oder verschwand im finsteren Holz des Bogens. Er hatte die Augen halb geschloßen und wisperte krächzend: "Skrýmnir, ich gebe dir mein Blut und meine Kraft. Gewähre du mir dafür einen Teil deiner Macht. Do ut Des!" Er riß die Sehne zurück, ziehlte einen Herzschlag lang, dann entließ er den Pfeil....

War es nur Einbildung, oder zog das Geschoss tatsächlich einen schwarzen Streif hinter sich her? Doch der Dämon konnte dem Pfeil fast gänzlich ausweichen, so dass dieser ihm 'nur' in die Flügel fuhr und er gewzungen ward zu landen, genau zwischen den Resten der Zornesritter. Das Wesen kreischte ohrenzerfetzend, während blutroter Rauch aus seiner Wunde drang.....

Da bemerkte Alrik Herdan das Duell zwischen Welfert, dem neuen Schwertmeister Waldsteins, und einer monströsen Bestie, die wohl Shruuf geheißen wurde. Er schluckte bewundernd. Neben ihm explodierte eine Brandölkugel. Er taumelte zur Seite und entging dadurch gerade so dem Angriff des Dellschädels. Der Junker riss sein Schwert hoch und harrte des nächsten Angriffs.

Durch den Treffer war der Sharbazz verletzt und, vor allen Dingen, zu Boden gezwungen. Offenbar hatte er auch einen Teil der Kontrolle über die Dämonen verloren, zumindest hatte der Karmanath seinen Kurs geändert. Marek wollte gerade dem Sharbazz nachsetzen, da wurde er gewahr, dass die Ratten da waren. Richtig viele Ratten. Dadurch, dass die Schwarzpfeile etwas abseits waren, wurden sie zwar nicht direkt durch die Brandsätze angegriffen, jedoch waren die Ratten nun hier. Ein wogendes, braun-schwarzes Meer flutete um die Söldner. Noch standen sie auf einer Insel, doch die quietschenden und zähnebleckend näherte sich das Ungeziefer. Vor ihnen Ratten, hinter ihnen der Burgberg. Es gab keinen Ausweg....

Der Junker trieb den Untoten mit einigen kraftvollen Hieben vor sich her, Ratten von sich wegtretend. Ein kraftvoller Hieb und der eingedellte Kopf flog durch die Luft. Da sah er, wie Welfert den Shruuf bezwang. Bei den Zwölfen! Doch der Schwertmeister war geschwächt. Er konnte sich gerade so auf sein Streitross hieven, doch weitere Untote näherten sich ihm! Er überlegte keinen Herzschlag. Unartikuliert schreiend und schwertschwingend stürmte er Welfert zu Hilfe. Den ersten Untoten traf er mit so viel Glück in den Hals, dass dessen Kopf in hohem Bogen davonflog. Einer der Leichname hatte Welferts Bein gepackt und wollte ihn vom Pferd ziehen. Alrik Herdan schlug zu und durchtrennte den Arm. Die Kreatur taumelte zurück, doch sofort waren zwei neue hinzugekommen. „VERSCHWINDE SCHON!“, brüllte er das Pferd an. Doch das Streitross wieherte nur aufgeregt und rollte mit den Augen. Ein weiteausgeholter Schwung trieb die Untoten für einen Moment zurück. Diese Zeit nutzte der Junker. Er hieb mit der flachen Seite nach der Flanke des Pferdes. Dieses schnaubte zwar zornig, doch dann preschte es endlich los. Kurz trafen sich Welferts und sein Blick, dann war der Shruufbezwinger im Schlachtgetümmel verschwunden. Auf dem Weg in Sicherheit. Die Untoten waren wieder heran. Schlag um Schlag durchtrennte er verfaultes Fleisch. Alles verschwamm hinter einem Vorhang von Schmerz und Erschöpfung. Hieb. Schlag. Stich. Hieb. Schlag. Stich. Hieb. Schlag. Schließlich brach er zusammen.

Marek schluckte schwer. Er hatte zehn Jahre Schwarze Lande überstanden und nun wurde er von Ungeziefer erledigt. Wenn das mal keine Ironie war! Aber Moment. „Mir nach!“, rief er und rannte auf den Rand des Burgberges zu. Mögen die Götter mit uns sein! Dann warf er sich mit einem Fuß voran den Steilhang hinunter. Tatsächlich rutschte er, eine Staubwolke hinter sich herziehend, bergab. Es tat zwar höllisch weh, aber schließlich stand er auf dem Serpentinenweg. Hinter ihm rutschen die Schwarzpfeile dem Weg entgegen. Fünf überschlugen sich und landeten blutend auf dem Boden. Sofort eilten andere Söldner herbei um sie zu stützen. Doch auch die Ratten waren hartnäckig. Eine wahre Flutwelle strömte den Berg hinab. „IRION, TU WAS!“, rief er dem Magier zu. Der deutete mit dem Stab auf die Nagetiere. Ein Feuerball schoss aus der Spitze direkt in das Ungeziefer. Die Detonation und das Feuer riss Dutzende Biester in den Tod und löste eine kleine Felslawine aus. „LAUFT! RÜCKZUG! WIR ZIEHEN UNS ZURÜCK!“, brüllte er seinen Söldnern zu. Augenblicklich setzen die sich in Bewegung. Marek warf noch einen letzten Blick zum Schlachtfeld. Hoffentlich ging es dem Junker gut, hoffentlich konnte Safiriel auf ihn aufpassen! Dann rannte er den Schwarzpfeilen nach. In Sicherheit.

Dutzende Ratten huschten über Alriks Körper. Nagten an seinem Fleisch. Labten sich an seinem Blut. Doch er war zu schwach um sich zu wehren. Schemenhafte bemerkte er eine Frauengestalt über sich, die etwas rief: „Fial miniza dao’ka!“ Er spürte ein unangenehmes Ziehen im Magen. Keine Ratte in einem Umkreis von drei Schritt rührte sich mehr. Mühsam richtete er sich auf, sein Schwert als Stütze verwendend. „Danke, Safiriel.“ Seine Worte waren kaum hörbar. Die Elfe nickte nur, stützte ihn und gemeinsam humpelten sie vom Ort des Massakers davon, während hinter ihnen immer noch Ölkugeln explodierten und Nimmgalf den Rückzug befahl.



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13. Ron 1032 BF
Von Untoten und Ungeziefer
Der Shruuf


Kapitel 36

Der Weibel der Niederhöllen
Autor: Kilian S.