Geschichten:Hartsteener Kassen - Leerer Stolz

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Mitte Phex 1034, Dotzenburg

"Bei Phex und Praios, geschrieben und gesiegelt."

Mit diesen Worten hatte sich der Vertraute und Emissär der Fuxfell - ein proper Stadtstutzer wie ihn sich Klein-Alwine vorstellen mag - verabschiedet, den Vertrag eingesteckt und war der finsteren Stimmung entflohen. Thalacker Bardo von Gneppeldotz saß am großen, leeren Tisch im Rittersaal, malmte sich vor Angst und Wut die Backenzähne und starrte stier und finster auf die Tür, die sich nicht auftat und einen Kobold mit einem großen Sack Gold hineinließ.

"Alrik vom Blautann, Alrik, Alrik" pochte es unablässig in seinem Kopf und allein der Gedanke an den Verweser ließ ihn den Flinken Difar und Magenkrämpfe kriegen, die kein Becher Koschwasser würde heilen können. Es war damit getan, alles Hirnzermatern, all die unruhigen Tage und Nächte waren nun vorbei: Er konnte die verdammte Steuer zahlen und der Krone Genüge tun und alles was es dafür benötigt hatte, war ein kleines Geldgeschäft mit den Fuxfell aus Gareth, ein jährlicher Zins, der einem städtischen Wucherhai zu Ehren und ihm zum Ruin gereichte und die Zusage, dass all ihr Land als Sicherheit dafür diene, wenn die Gneppeldotzer nicht mehr zahlen können. Verhandelt und unterschrieben. Ausbezahlt und am Ende.


Rahja 1034, Dotzenburg

Als die Steuereintreiber kamen, da war das halbe Land in Aufruhr: Die Bäuerinnen und Hirten, Knechte und Handwerkerinnen des Umkreises waren auf Geheiß ihres Herren herbeigeeilt, standen sich auf den Wiesen die Beine in den Bauch, während die Kinder auf den Bäumen herumhangelten und das große Spektakel betrachteten: Da kamen sie die schweren, ächzenden Stoerrebrandter mit dem kaiserlichen Wappen, deren schweren Räder tiefe Furchen durch die alte Strasse zogen, dazu die schwere Bedeckung der kaiserlichen Gardesoldaten, die in der Rahja-Sonne schwitzten und deren Waffen und Rüstungen im Takt der Tritte ihrer Pferde klapperten und an ihrer Spitze ritten ein Gardeoffizier und ein Zollmeister. So zogen Wagen und die müden und durstigen Reiter zur Dotzenburg und hintendran ein jeder dem die Götter noch ein Bein gelassen hatten.

Und dort? Ja, da schaute so mancher Hörige nicht schlecht, denn vor der Burg, auf deren Bergfried die Farben derer von Gneppeldotz, Hutts, Harsteens und jene derer von Hartsteens wehten, da stand ihr Herr in prächtigem Junkertuch und großem Barett, eine kleine Truhe vor sich und ein Bündel in der Hand, und umringt von Familie und Waffengefolge in glänzender Platte und herausgeputzter Wehr. Und auf dem Platz vor der Burg hatte man die großen Tische aufgestellt und diese bogen sich unter der Last von Wildbret, Eier, Speck, Schinken, Wein und Bier.

Wie es dann weiterging erzählte man sich einige Tage später landauf von Moorsch bis landab nach Rankaraliretena: So habe der Junker zuerst auf Soldaten und Pferde der Garde gedeutet und gesagt, dass er gerne der guten Mutter Travia ein seliger Diener sein und den Besuch einladen würde, jedoch sei er ein armer Junker und seine Burg klein und da er Besuch einiger adliger Freunde habe, könne er weder Schlafplatz noch Stall anbieten, aber der Schweinekoben am Ende der Strasse sei sauber und biete viel Platz. Dann habe er auf die reich gedeckten Tische gezeigt und gemeint zu Trank und Schmaus könne er leider auch nicht einladen, da er seinen Bauern ein großes Erntefest zu Rahja versprochen habe und was für einen Bauer aus Hutt gerade gut genug sei, stehe den Soldaten und Amtleuten des kaiserlichen Verwesers ja nicht gut an. Nach diesen Worten habe er die Bäuerinnen und Knechte herangewunken, die sich nach kurzem Zögern nicht lange bitten ließen und das Gelage begannen. Schließlich habe er auf die Truhe gewiesen und gesagt, dass dies die Steuer - auf Taler und Heller - sei und er dem Verweser die besten Grüße mit folgendem Geschenk übersende und dann das Bündel hochgehalten und erklärt, dass hierin der Kopf des Bleichen Reto wäre, eines gesuchten Bösewichts aus der Wildermark der oft mit der finsteren von Mersingen geritten sei, aber dass der Kopf leider schon zum Himmel stinke, doch damit würde sich der Herr Verweser ja auskennen. Dann hätte er sich auf dem Absatz umgedreht und sei - mitsamt waffenklirrendem Gefolge - in der Burg verschwunden, deren Tor man ungehend schloss.

Da schüttelte das Volk nur den Kopf: Nun sei der Adel schon arm wie eine Tempelmaus und könne es doch nicht lassen, wie ein alter Gockel zu prassen und zu stolzieren.