Geschichten:Hartsteener Kassen - Es sind nur Darpaten

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Wildermark, Ende Tsa 1034 BF


Das Dorf lag etwa 15 Meilen westlich von Zweimühlen, einem Ort von dem man dieser Tage nicht genau wusste, welcher Kriegsfürst dort nach dem Tod des Moguls Nekrorius die Herrschaft innehatte. Die Gerüchte über die „Helden von Zweimühlen“ waren widersprüchlich und unklar.

Der stämmige Ritter jedenfalls war erleichtert, dass sie nicht die Aufmerksamkeit dieser neuen Machthaber auf sich gelenkt hatten. Den Überfall auf das ungeschützte Dorf hatte er nach dem Aufruf des Verwesers mit seinen Freunden schnell beschlossen und ihre Späher hatten den Ort, dessen Name ihn nicht interessiert hatte, schnell ausgesucht: eine etwas abseits gelegene Ortschaft ehemaliger Rinderzüchter, deren Wohlstand mit den Rindern und Ochsen verschwunden war. Nur wenige Kriegsfürsten interessierten sich noch für den ausgepressten Ort, der zum größten Teil aus ausgemergelten Alten und hungernden Kindern bestand. Wer konnte, war schon längst in Richtung Garetien geflohen, allen Schollenfluchtweisungen der Krone zum Trotz.

Rot über den Trollzacken stieg das Auge Praios auf und warf sein Licht auf die Ansammlung von Häusern und Hütten. Die etwa zwanzig gerüsteten Reiter hatten die Nacht in der Umgebung verbracht und umstellten nun langsam das Dorf.

»Auf mein Zeichen wird die Schlinge zugemacht. Ich will kein Blut sehen, verstanden?«, flüsterte der stämmige Ritter seinen Begleitern zu, die ihm zunickten. Keiner von ihnen schien sich besonders wohl zu fühlen und so blieben ihre Gesichter hart und angespannt. Als alle Reiter in Position waren, hob er sein Schwert und gab seinem Ross die Sporen. Er rief laut: »Keine Rücksicht! Es sind nur Darpaten!«


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Der in eine dunkelbraune Kutte gekleidete hagere Mann schien nur wenig zufrieden. Mit dürren Fingern winkte er einen wohlgenährten und kräftigen jungen Mann, der eine Holzkiste von einem klapprigen Maultier hob und dem stämmigen Ritter übergab, der sein Wappen unter dunklen Tüchern versteckt hatte.

Neben ihm lagen apathisch im Gras etwa sechzig Menschen. Alle waren mit einem Strick an lange Balken gebunden und an den Händen gefesselt. Die älteren Männer und Frauen starrten mit glasigen Augen ins Nichts. Sie hatten jede Hoffnung aufgegeben und sich in ihr Schicksal ergeben. Einige Kinder schluchzten und wimmerten leise.

»Die Qualität der Ware ist nicht besonders gut, Herr Ritter. Ich bin mir nicht mal sicher, ob ich alle ohne Verluste bis nach Warunk bekomme. Ich kann Euch unmöglich den ausgehandelten Preis bezahlen. Dieser Abfall ist höchstens die Hälfte wert.«

Der Ritter beugte sich nach vorne und knurrte den Menschenhändler an: »Wir hatten eine Abmachung und ich habe meinen Teil erfüllt, sogar mehr geliefert als abgesprochen. Auf Gallys müsste Abschaum wie ihr das Doppelte zahlen, wenn man euch überhaupt in die Stadt ließe. Wir hatten tausend Dukaten abgesprochen und das werdet ihr auch zahlen.«

Ein meckerndes Lachen erklang aus dem Händler. »Ihr wollt mir drohen? Ich habe keine Angst vor Euren paar Schlagetots, die sich Hartsteener Ritter nennen. Ihr seid auf mich mehr angewiesen, als ich auf Euch. Aber um zu zeigen, dass ich ein ehrbarer Händler bin, und weil es dem Herren Tasfarel gefallen wird, gebe ich Euch Euer Gold, wenn wir einen weiteren Handel abschließen.«

»Was willst Du, stinkende Ratte?«

»Hier gibt es keine guten Männer und Frauen mehr. Die letzten Jahre in der Wildermark haben das Land ausgezehrt. Entweder sind die starken Arme in den Händen von Kriegsfürsten, die genau wissen, was ihre Leute wert sind, denn die erarbeiten ihnen das Gold, das sie für ihre Kriegsspiele ausgeben. Oder der rasende Belhalhar hat sie zu sich geholt und seine Armee verstärkt.«

»Komm zum Punkt, Abschaum.«

»Bei Euch in Hartsteen gibt es noch gutes Material. Meine Herren in der Warunkei wären durchaus bereit Euch einen guten Preis für einhundert starke und wohlgenährte Männer und Frauen zu zahlen, sagen wir zehntausend Dukaten. Ich werde im Ingerimm-Mond wieder in den Landen sein und komme Euch im Reichsgau gerne besuchen.«

Der Ritter schwieg. Er rechnete. Dann nickte er kurz und drehte sein Pferd, um in seine Heimat zu reiten. Ihn überkam ein mulmiges Gefühl, wenn er an die treuen Seelen in Hartsteen dachte, die er bereit war für die Abgaben an Blautann zu opfern. Mit diesen Kreaturen hier war es anders gewesen. Das waren nur Darpaten.