Geschichten:Hart auf hart - Brühwarm

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Burg Oberhartsteen, Rondra 1043 BF

Mit einem Krach knallte die mit mächtig Schwung geöffnete Tür gegen die Wand und das Oberhaupt der Familie Katterquell verließ mit hochrotem Kopf und verkniffener Miene den Ratssaal, stürmte die Palastreppe hinunter und verschwand durch das Portal nach draußen in den Burghof. Gerade noch rechtzeitig hatte Retodan von Hartwalden-Hartsteen den Kopf zurückgezogen, sonst hätte ihn die harte Eiche voll erwischt.

„Na, Truchsess?“

Der Angesprochene fuhr erschrocken herum. Dieses meckernde Feixen kannte er nur zu gut: der Lepel!

„Tststs. Erwische ich Euch da etwa beim Lauschen?“ Der Landvogt musste leise wie eine Katze den Arkadengang heruntergekommen sein und stand nun unvermittelt direkt vor dem Truchsess.

„Wie kommt Ihr denn darauf?“, versuchte der Schlunder seine verloren gegangene Haltung wiederzufinden, doch erntete er nur ein hämisches Grinsen.

„Na, so wie Ihr das Ohr gegen die Türe presstet, bleibt ja kaum Spielraum für Interpretation.“

„Nein, nein. Das seht Ihr falsch. Ich hatte gemeint, ich wäre gerade gerufen worden, wollte aber ganz sicher gehen.“

„Ach so? Obwohl gerade dort drinnen eine geheime Besprechung nur mit den treuesten Vasallen und Räten des Grafen stattfindet? Was sollte man da von Euch wollen?“

„Das weiß ich doch nicht, Herr Egbert! Aber wenn mein Graf ruft, bin ich zur Stelle“, gab Retodan patzig zurück, angesichts der herablassenden Bemerkung als auch wegen der Tatsache, dass er selbst nicht der erlauchten Runde angehörte.

„Natürlich“, das Grinsen des Landvogtes verbreiterte sich noch mehr, „Und? Was gibt es Neues vom Grafenrat?“

„Woher soll ich das wissen?“, tat Retodan weiter unschuldig und deutete mit einem Kopfnicken in Richtung der gerade aus der Tür tretenden gräflichen Räte, „Fragt doch einfach Herrn Peridan.“

Derselbe stapfte gerade sichtlich verärgert an den beiden Ministerialen vorbei.

„Allingen!“

Auf den kurz blökenden Ruf des Hartsteener Landvogts drehte der gräfliche Zeremonienmeister ab und kam näher. Retodan hatte neidisch schon seit einiger Zeit registriert, dass der Allinger nach Lepels Pfeife tanzte und der nutzte jetzt die Gelegenheit, um das dem Truchsess in aller Deutlichkeit unter die Nase zu reiben. Den Ärger über das angeberische Getue schluckte Retodan in dieser Situation jedoch hinunter. Immerhin bestand so die Aussicht, selbst auch an die ein oder andere zusätzliche Information zu kommen.

„Welche Laus ist Euch denn über die Leber gelaufen?“, erkundigte sich der Glatzkopf.

„Nicht hier, Herr Egbert“, wiegelte Peridan von Allingen ab und nach einem fragenden Blick in Richtung des Truchsess und einem gönnerhaft zustimmenden Nicken Lepels führte er die beiden Ministerialen in eine ruhige Nische, wo die drei Männer vor allzu neugierigen Blicken geschützt waren.

„Wie so häufig können sich die feinen Herrschaften nicht einigen“, berichtete schließlich der Allinger, „und der Graf will oder kann nicht entscheiden.“

„Hört, hört. Worum ging es denn?“, gab sich der Landvogt erstaunt.

„Na, wer den Heerbann gegen Reichsforst anführen soll.“

„Ach.“

„Warum nicht der junge Herr Odilbert?“, erkundigte sich Retodan vorsichtig.

„Der Graf duldet es nicht. Dass wir uns überhaupt in dieser brenzligen Situation befinden, ist seiner Meinung nach auch Odilberts Verschulden. Das bleibt aber unter uns...“

„Selbstverständlich!“, wieder erklang das meckernde Lachen Lepels. Natürlich würde er im Gegenteil dafür sorgen, dass die Information die richtigen Ohren an anderer Stelle erreichte - gegen klingende Münze, verstand sich.

„Es ist auch wirklich vertrackt“, begann Allingen dann aufzuzählen, „Der Baron von Aldenried kann es nicht – der ist unpässlich, wie ich höre. Außerdem hält er ohnehin nichts von diesem Waffengang. Der Steinfelde fällt wegen der in Leuenfried davongetragenen Wunde aus, und ehe Lechdan von Quintian-Quandt von seinem Bruder in Warunk zurück ist, ist vielleicht schon alles vorbei. Voltan von Schwingenfels ist auf dem Erlgardsfeld gefallen und Balian von Ibelstein will nicht; der sagte irgend etwas von einem Fluch, der auf ihm lasten würde.“

„Damit werden die Leute von Format tatsächlich etwas rar, möchte ich meinen“, kommentierte Lepel und wackelte mit seinem Glatzkopf.

„Was ist mit dem Bruder des Grafen?“, fragte Retodan weiter.

Alrik der Reiter? Nein, der kommt nicht mehr hinter seinem feinen Garether Akademieofen hervor.“

„Und sein ehemaliger Adlatus, Adhumar von Windischgrütz?“

„Ich bitte Euch, der ist doch noch nicht einmal Ritter! Welcher echte Hartsteener soll dem folgen?“, ätzte der Allinger, und ergänzte: „Tja, und zu guter Letzt hatte dann auch noch diese Katterquell-Amazone die Traute und sich selbst vorgeschlagen. Hat getönt, dass all die Männer es sowieso nicht hinkriegen würden. Luidor hat dieses Ansinnen rundweg abgelehnt, woraufhin sie wutschnaubend aufgesprungen und davongestiefelt ist. Da weiß man doch gleich, dass der Graf richtig entschieden hat: kein Anstand und keine Benehmen! Wenn ihr mich fragt, falls jemandem aus Hartsteen der jüngste Überfall auf die Stadt Nattersquell zuzutrauen wäre, dann den Katterquells.“

„Apropos – was gedenkt der Graf in dieser Angelegenheit zu unternehmen?“, hakte Retodan nach.

„Nichts. Er meinte, das sei einzig eine Sache zwischen dem Schlund und der Kaisermark.“