Geschichten:Halbgute Depesche, halbgute Stimmung

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Sumerau in der Ritterherrschaft Vulpershain, 09. Boron 1042 BF, abends

Aldur drehte die Depesche hin und her, aber davon änderte sich der Text des Schreibens leider auch nicht. Von wegen volle Unterstützung der Kaiserin, des Königreiches Garetien und der Reichsstadt! Ein armer Hocker, der zufällig zur falschen Zeit am falschen Ort stand, fand sich unversehens wütend durch den Raum getreten.

Goldene Au! Pah! Was sollen wir damit bauen, einen befestigten Schuppen? Na, das wird aber Eindruck machen auf das Geschmeiß aus der Brache!”, schimpfte er vor sich hin, während er aufgewühlt durch das Zimmer lief.

“Aber eines sage ich dir!”, fuhr der Reichsritter, kein bisschen weniger wütend, fort. “Wenn der erste Shruuf hier auftaucht, dann mache ich alles zu und schicke ihn direkt weiter an den Hof des Markvogts, ohne Halt und ohne dass ich auch nur mit der Wimper zucke. So eine verfluchte Orkenkacke!”

Wilbur schaute seinen Bruder aus einem gemütlichen Sessel heraus an und lauschte dessen Ausbrüchen. “Gib mal her!”, forderte er dann mit ruhiger Stimme. Aldur reichte ihm wortlos die Depesche des Markvogtes und der Praiosgeweihte begann sofort zu lesen.

“...Hochachtungsvoll…”, endete Wilbur schließlich, dabei betonte er das Wort sehr langsam und deutlich. Einen Augenblick war es still im Raum und beide Brüder hingen ihren Gedanken nach.

Wilbur brach als Erster das Schweigen: “Naja, besonders mit Ruhm bekleckern die sich mit dem Schreiben und der gewährten Summe nicht gerade, aber es ist besser als nix. Und…”

Aldur unterbrach seinen Bruder mit genervtem Blick: “...und ja, du hattest mal wieder Recht, wenn ich dich nicht hätte undsoweiterundsofort. Spar es dir.”

“Gut, ist ja in Ordnung. Aber hätte ich dir nicht geraten, den Bau lieber konservativ großzügig zu schätzen, dann müsstest du dich jetzt um einen ganzen Batzen Gold mehr kümmern. Nimm einfach die erste Version der Bauplanung, die der zahlenverliebte Zwerg zusammengestellt hat und für die restlichen Dukaten werden wir unseren Vetter anbetteln. Ist ja auch in seinem Sinn, wenn wir hier was Vernünftiges aufbauen, statt darauf zu hoffen, dass ein alter Holzschober und ein paar Palisaden hier ernsthaft was ausrichten. Dann leistet der Kosch eben mal wieder Aufbauarbeit in Garetien.”

“Unseren Vetter anbetteln? Hervorragend. DAS werden wir uns ewig anhören müssen. Vielleicht sollten wir einfach einen Teil des zugesagten Geldes nehmen und ein paar Raubritter und Gesindel anheuern, um unsere Defizite auszugleichen. Wir können natürlich auch die Junkerin fragen…”

“Ja genau. Du kommst her, wirst zum Reichsritter berufen, kriegst knapp ein Drittel des Lehens der Junkerin und lässt dir dann von ihr auch noch Turm und vor allem Mauer finanzieren? Na, die wird sicher Freudensprünge machen”, antwortete Wilbur trocken.

“Oh, die Götter mögen ein Einsehen haben - nicht, dass sie sich noch was verrenkt vor Freude, das wollen wir schließlich wirklich nicht. Alternativ können wir von dem Geld auch ein paar schöne Geschütze kaufen und die ganze Brache einfach in Schutt und Asche schießen. Aufgabe erledigt, mit dem restlichen Geld machen wir uns ein schönes Leben”, erwiderte Aldur.

“Eigentlich gar nicht so schlecht, die Idee - da würde der Markvogt sicher genauso sparsam schauen, wie er jetzt bei der Bewilligung der Mittel war. Die werden sich noch wundern, wenn unsere schwer gesicherte und bewehrte Scheune erstmal steht und wir von ihrem Dach mit schweren Geschützen das Umland in Brand schießen. Dann ist das Geld hervorragend angelegt, den Rest versaufen wir einfach. Oder wir heuern von dem Geld einfach alle Söldner an, die wir kriegen und holen mit deren Hilfe dann die Dukaten vom Markvogt, die wir für den Bau eines ernstzunehmenden Wehrgebäudes benötigen.”

“Was für Töne, Brüderchen. Darfst du sowas überhaupt sagen?”, stichelte Aldur seinen Bruder und duckte sich, um dem Kissen auszuweichen, dass Wilbur nach ihm warf. Dann wurde er wieder ernst. “Naja, mit ein paar Abstrichen hier und da, dann noch der Frondienst… sollte halbwegs reichen, ohne dass wir die Hilfe von Baduar in Anspruch nehmen müssen. Allerdings, so wie ich unseren guten Vetter kenne, werde ich ihn kaum davon abhalten können”, grübelte er.

“Ja, ich erinnere mich noch an unseren Besuch im Rondra. ‘Diesen Garetiern werden wir schon zeigen, wie Koscher so etwas angehen. Dann habt ihr hinterher jedenfalls was ordentliches.’” Wilbur grinste leicht bei dieser Erinnerung. Dann verfinsterte sich seine Miene wieder: “Vielleicht ist das Problem ja ein ganz anderes. Als wir auf dem Schloss waren, ist mir dort ja nichts aufgefallen, aber nun frage ich mich doch: Ist der Markvogt vielleicht klamm bei Kasse? Immerhin wurde ja umfassende Unterstützung zugesagt und der Markvogt als ein schlauer und intelligenter Mensch wird wissen, dass solcherlei Maßnahmen, wie sie uns angetragen wurden, einiges an Gold kosten. Das wirkt mir fast so, als ob er sich übernommen hätte und nun die Truhen leer sind!”

“Da könntest du natürlich auch Recht haben, Brüderchen. Das wäre besorgniserregend, aber es ist ein naheliegender Schluss. Wir stellen uns am besten schon einmal auf höhere Abgaben ein, wenn der Markvogt dann daran denkt, seine leeren Kassen wieder zu füllen”, ergänzte Aldur besorgt. Der Markvogt mit leeren Kassen - das konnte ja heiter werden.