Geschichten:Geleimt

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Sein Schädel brummte wie Hölle, pochender Schmerz breite sich in ihm aus, und vermischte sich mit dem lauten Klopfen an der Tür. Er brummte missmutig und stand zu schnell auf, nur um sich dann spontan zu übergeben. Was war nur los mit ihm? Er konnte sich an nichts erinnern. Das Klopfen wurde immer energischer und er wankte zur Tür. Er trug noch seine Uniform, hatte er so viel gebechert das er in voller Montur eingepennt war? Mürrisch riss er die Tür auf, gleißendes Licht drang herein, stach ihm in die Augen und vervielfachte seine Kopfschmerzen.
„Verdammt bei allen Gehörnten, wer stört?“

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Ashelm al Gibphur lief durch die belebten Straßen der Stadt Perricum. Der schneidige junge Mann mit den grünbraunen wachen Augen und dem dunkelbraunem Haar, in typischer nebachotischer Manier gekleidet, war eine angenehme Escheinung, gepflegt bis in die langen Bartspitzen.
Bereits seit zwei Wochen hielt er sich nun bereits in der Stadt auf, hatte die Straßen und Gassen erforscht, und deren lebhaften Menschen. Nun zur Abendstunde ging er wie gewohnt in die Schänke Zur Glänzenden Münze. Dort verkehrte zuweilen ein rauer und trinklustiger Menschenschlag, unter den er sich gerne mischte. Auch an diesem Abend war die Schankstube gut gefüllt und eine Gruppe volltrunkener Matrosen lieferte sich einen lauten Sangeswettstreit mit einem Rudel zechender Soldaten. Wie erwartet traf er auf seinen neu gewonnenen Freund, der ihm bereits mit einem Humpen Bier zu Begrüßung zuprostete.

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Mit gekonnten Schlägen trieb die Frau den eisernen Nagel in das Holz, Brett für Brett und Balken für Balken fügten sie und ihr Geselle zusammen. Zufrieden betrachtete sie die Konstruktion, bisher waren ihr keine Fehler unterlaufen. Immerhin war es ihr erster Auftrag für das berühmte Bombardenregiment Trollpforte, und da gab sie sich mit ihrem Werk größte Mühe. Da sie eine sehr gewissenhafte Frau war wollte sie sich keine mangelhafte Arbeit nachsagen lassen. Und da alles sehr schnell fertigstellt werden musste, durfte durch die gebotene Eile keine Schlamperei passieren.
„Auf Rudo, hol das Zeug wir müssen testen.“, wies sie mit barschem Ton ihren Gesellen an.

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Er verstand die Welt nicht mehr, und immer noch drehte es sich in seinem Kopf. Die Sonne stach ihm unbarmherzig in die Augen, als er begleitet von seinen beiden Kameraden durch die Gassen taumelte. Einmal noch hatte er sich übergeben müssen, ihm war elendig und beim Erreichen einer Pferdtränke riss er sich von den stützenden Armen los und versuchte einen klaren Kopf zu bekommen. Vergebens. Wo war er gestern überall gewesen? Er konnte sich einfach an nichts erinnern. Was war nur los mit ihm? Ungeduldig warteten seine beiden Kameraden, eigentlich verstanden sie sich recht gut, doch heute machten sie einen ziemlich abgespannten Eindruck. Schweigend trabten sie weiter.

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Mit ruhiger Hand goss Ashelm aus dem Krug erneut Wein in die Becher. Zwei Damen der Schattenwelt hatten sich zu ihnen gesellt und es war ein sehr vergnüglicher Abend geworden. Sein Freund war richtig aus dem Häuschen, es war ersichtlich, dass er wohl schon eine Weile nicht mehr das Vergnügen gehabt hatte. Als die beiden Damen sich einmal kurz frischmachten schaute er ihnen wehmütig nach.
„Was ist mit dir mein Freund? Sie gefallen dir wohl. Also warum hältst du dich zurück?“
„Du hast gut reden, wie soll ich mir das von meinem Sold leisten können. Wir haben gestern leider Zuviel im Boltan verloren. Nicht einmal eine davon, werde mir wohl später am Hafen was suchen.“, dabei gluckste er und rieb sich den Schritt.
„Ich bitte dich, auf was wartest du, und am Hafen holst du dir doch nur einen Krankheit. Wenn es um das Geld geht, ich leihe es dir gerne, du hast mir meinen Aufenthalt in dieser fremden Stadt sehr angenehm gemacht.“ „Das kann ich nicht annehmen Ashelm, so gut kennen wir uns doch noch gar nicht?“
„Lass gut sein, sagen wir du wirst mir dafür bei Gelegenheit einen Gefallen tun.“
Sein Freund schaute ihn mit großen Augen ungläubig an, da kehrten die beiden Damen auch schon zurück. Und nur wenige Augenblicke später folgte ihnen sein neuer Freund in ein Separee des Hauses. Zufrieden lehnte sich Ashelm zurück, er blickte in den noch immer halbvollen Becher, den ersten an diesem Abend, woran er die ganze Zeit nur nippte.

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Der Test war zufriedenstellend gelaufen, noch eins zwei Verbesserungen, dann funktionierte es wie geschmiert. Ja die Schmiere war in diesem Fall besonders wichtig. Sie wischte sich ihre Hände an der Schürze ab, wies den Gesellen an das Werkzeug zusammen zu packen du ging zum Stabsgebäude. Es war nun an Zeit abzurechnen.

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Als sie das Tor passierten schwante ihm übles, irgendetwas stimmt hier nicht. Auch die Kameraden am Tor würdigten ihn kaum eines Blickes. Es war ihm inzwischen klar geworden das er seinen Dienst verpennt hatte, und sicherlich gab dies eine ordentliche Schellte durch die Hauptfrau. Aber dafür diesen Aufwand? Nun ja, immerhin gehörte er zur Stabswache, einen Dienst in dem man nur durch Gewissenhaftigkeit reinkam. Er konnte es sich selbst nicht erklären was die letzten Tage mit ihm losgewesen war, als wäre er nicht der Herr seiner eigenen Sinne gewesen. Er wurde auch direkt zum Stabsgebäude geführt. Langsam kehrten Erinnerungen wieder, er hatte Gestern ganz normal seinen Dienst versehen, abends war er dann…, ja verdammt was hatte er abends gemacht? Die Nacht zuvor hatte er sein größtes Vergnügen seit langem gehabt, zwei auf einen Streich. An die letzte Nacht jedoch konnte er sich nicht erinnern. Verdammt noch eins, was war hier los?
Seine Kameraden packten ihn nun fester an und führten ihn direkt in die Amtsstube des Kommandeurs Wallbrord von Löwenhaupt-Berg.

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Es war ziemlich dunkel in dem feuchten Gewölbe, die wenigen Kerzen an den Spitzen des sternartigen Symboles vermochten es kaum zu erhellen. Die notwendigen Zutaten und die Klinge lagen bereit, auch den Rest hatte Ashelm sorgfältig vorbereitet. Seinem durch Rauschkraut schlafendem Freund Haar und Blut abzunehmen war ein leichtes gewesen.
Einen ruhigen Flecken in dieser Stadt zu finden hatte sich im Vorfeld als deutlich schwieriger erwiesen. Doch nun war alles ideal. Mit einem kalten Lächeln auf den Lippen begann er sich zu konzentrieren, er murmelte uralte Formeln und begann die Kraft fließen zu lassen.

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Die Regimentsadjutantin Elissa von Aelderklamm, Tochter des Kommandeurs, persönlich nahm die Arbeit ab. Sie schien zufrieden und wies den Zahlmeister an die Arbeit angemessen zu entlohnen. Es dämmerte bereits der Abend, doch für den frühen Morgen war nun alles gerichtet.

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Der Raum war offensichtlich durchwühlt worden, Schränke und Truhen standen offen, Dokumente und Bücher lagen wild durcheinander. Der bis dahin säuberlich sortierte Schreibtisch glich dem Chaos der Niederhöllen. „Das haben wir bei ihm gefunden!“, einer aus der Begleitung des Arretierten reichte Hauptfrau Elissa dessen prallen Brotbeutel. Heraus quollen Pergamente die allesamt Siegel Oberst Wallbrords trugen, dem Vater der offensichtlich sehr zornigen Hauptfrau.
„Nun Gorn Piffel, wo ist der Rest? Was habt ihr entwendet und in wessen Auftrag arbeitet ihr?“, blanke Wut stand in ihren blauen Augen, diesen Affront in der Abwesenheit ihres Vaters würde sie nicht auf sich sitzen lassen. In seinem Kopf drehte es immer noch, Erinnerungsfetzen trieben in sein Bewusstsein, er sah sich aus der Ferne durch die Dokumente wühlen, einige in seinen Beutel stecken und auch den Briefbeschwerer des Obersts, einen seltsamen Stein. Aber warum hatte er das getan? Sein Schweigen dauerte zu lange, und es folgte ein knappes und frostiges: „Untersucht ihn und zwar gründlich!“. Brutal wurde er zu Boden geworfen, man riss ihm seine Kleider vom Leib, als man die ledernen Armschienen entfernte ertönte ein Pfiff. Die ganze Szenerie erstarrte, er selbst starrte ungläubig auf seinen Unterarm, in blutrot prangerte dort tätowiert das Zeichen von Haffax.

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Kalt lächelnd stieg Ashelm über den schlafenden Gorn hinweg. Wie leicht es doch gewesen war, diesem naiven Kerl seinen Willen aufzuzwingen. Der arme Tropf war noch nicht ganz zu sich gekommen, als Ashelm bereits am Abend mit einem weiteren Krug Wein vor der Tür stand. Natürlich hatte er ihn ohne Wenn und Aber herein gelassen, und sofort kräftig von dem mitgebrachten Wein gekostet. Der diesmal mit einer noch stärkeren Dosis Rauschkraut und Schlafmittel versetzt war. Nun schlief er fest wie ein Kleinkind. Der Beutel mit den Dokumenten und dem Stein lag auf dem kleinen Tisch, Gorn hatte sich nicht einmal die Mühe gemacht ihn zu öffnen, gut so. Die Pergamente interessierten ihn nicht weiter, er hatte es allein auf den Briefbeschwerer Wallbrords abgesehen, der nichts anderes war als einer der Reliefsteine zu Korgond. Mit einer eleganten Bewegung ließ er den Stein in seiner Manteltasche verschwinden, kippte den Rest des Weines aus dem Fenster auf einen sich darunter befindenden Mithaufen und holt aus der anderen Manteltasche ein Tuch hervor. Darin befanden sich eine kleine tönerne Phiole mit Tusche und ein spitzer Griffel aus Knochen.
„Nun, mein Freund, verpasse ich dir noch ein kleines Bild, und dann trennen sich unsere Wege für immer. Es war mir eine kurzweilige Freude, dich kennengelernt zu haben.“

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Noch einmal hatte sich die Regimentsadjutantin Elissa von Aelderkamm vergewissert, doch Phex sei Dank, es fehlte kein einziges Dokument. Der Einfaltspinsel Gorn Piffel hatte vor Freude über seinen gelungenen Diebstahl einen ganzen Krug Wein getrunken und dann die Übergabe verpennt. Einzig der hässliche Briefbeschwerer, ein Erinnerungsstück an die letzte große Verräterhatz zu Perricum, war verschollen. Vermutlich hatte in der Piffel einfach achtlos in den Rinnstein geworfen; egal, sie würde ihrem Vater einen schöneren schenken, auch wenn Elissa es bedauerte, daß ein Bruchstück des Reliefs von Korgond offensichtlich auf so schmähliche Art behandelt und verlorengegangen war. Schwerer lag ihr der Vorgang als solcher auf dem Magen. Ausgerechnet unter ihrer Aufsicht wäre es den Agenten Haffax beinahe gelungen, wichtige Dokumente zu entwenden. Sie würde diesen Fauxpas mit aller gebotenen Härte begegnen. Die Hauptfrau hatte kurzen Prozess gemacht, ein Praios- und ein Borongeweihter standen bereit, alle Soldaten der Garnison hatte sie zu dieser frühen Morgenstunde antreten lassen. Es sollte ein deutliches Exempel statuiert werden. Das Urteil war bereits gefällt, denn nicht noch einmal sollten Verräter und Agenten des Feindes die Flucht gelingen.
Gorn Pfiffel wurde herangeschleppt, er trug nur noch ein schmutziges zerrissenes Leinenhemd und jammerte seit der hochnotpeinlichen Befragung immerfort: „Das ist nicht meins, das ist nicht meins!“
Die Befragung hatte leider nichts Nennenswertes ergeben, einen Mittelsmann namens Banbalo oder Ashelm al Gibphur war nirgends aufzufinden, vermutlich ein reines Hirngespinst. Da außer dem Briefbeschwerer nichts weiter verschwunden geblieben war, beschloss sie, dieser Sache nicht weiter nachzugehen. Wieder Ruhe und Ordnung in die Truppe zu bringen, war nun ihr größtes Anliegen.
Gorn Piffel wurde auf dem Galgengerüst in Stellung gebracht, die Geweihten sprachen ein letztes Gebet, der Trommeler begann den Wirbel zu schlagen. Dann gab sie das Zeichen, der Wirbel verstummte und die Klappe fiel gut geschmiert nach unten.

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Zur Boronstund wurd Gorn gehängt,
zur Firunsstund ins Grab versenkt.
Der Andere trank derweil das achte,
Glas roten Weins und lachte.


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Texte der Hauptreihe:
17. Pra 1038 BF
Geleimt


Kapitel 1

Autor: MM, MF