Geschichten:Göttliche Ordnung

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Sumerau in der Ritterherrschaft Vulpershain, Mitte Efferd 1042 BF, mittags

Laut hallte die kräftige und dunkle Stimme seiner Ehrwürden Wilbur von Eichstein, seines Zeichens Lichtträger des Götterfürsten, über den Dorfplatz, auf dem sich hier zur Mittagsstunde die Bewohner von Sumerau versammelt hatten, um einen gemeinsamen Praiosgottesdienst zu feiern. Denn wer würde es schon wagen, einem Geweihten des Götterfürsten ins Gesicht zu sagen, dass man nicht am Götterdienst teilnehmen werde.

“...denn es ist der Wille des Götterfürsten, der einen jeden von uns an seinen Platz im Gefüge gestellt hat, dass Untertan und Edelmann die göttliche Ordnung respektieren. So ist es die Pflicht des Herren, für seine Untertanen zu sorgen und über sie zu herrschen. Und es ist die Pflicht des Untertanen, seinem Herren zu dienen und Gehorsam zu leisten. So ist es der Wille des Götterfürsten, unseres Herren Praios, der uns die Ordnung gebracht hat. Und er ist es auch, der uns beschützt vor den finsteren Gefahren der Magie und vor unheiligen Umtrieben!”

Wilbur hielt dabei kurz inne, um über der Menge das Schutzzeichen zu schlagen. Die Untertanen waren ausreichend eingeschüchtert und hörten dem Geweihten ehrfurchtsvoll zu. Praios galt in den Gegenden um die Dämonenbrache als Schutzgott wider die unheiligen Umtriebe aus der Brache. Aldur und sein Bruder wussten diese Tatsache für sich zu nutzen. Es war Zeit, Tatsachen zu schaffen. Was wäre da besser geeignet als die Abnahme des Lehenseides im Rahmen eines Praiosgottesdienstes zur Mittagsstunde.

Beide hofften, dass die Verbindung mit dem Götterdienst dafür sorgen würde, dass die Untertanen sich hier auch versammelten und ihm zuhörten. Die Stimmung bisher war eher ... zurückhaltend gewesen. Wenn man es freundlich ausdrückte.

Wilbur führte seine Predigt, die er bewusst rund um die göttliche Ordnung und das Feudalsystem aufgebaut hatte, dem Ende zu. Er hatte viele Beispiele einfließen lassen, was den Untertanen geschehen konnte, wenn sie sich gegen die göttliche Ordnung stellten und ihnen durch andere Beispiele nahegelegt, dass es besser ist, an einem Strang zu ziehen. Wem die Predigt bis jetzt keinen Respekt eingeflößt hatte, der war vermutlich auch nicht durch eine Verlängerung derselbigen davon zu überzeugen, sich seinem neuen Lehensherren anzuschließen und ihm Gefolgschaft zu schwören. Jetzt kam also der heiklere Teil der Veranstaltung.

“...wollen wir den Herren Praios feiern und ihm zeigen, dass wir seine Gebote und seine Ordnung achten. Ist doch eines der wichtigsten Aspekte der praiosgefälligen Ordnung die Lehnsherrschaft. Und so wollen wir nun zusammentreten, damit ihr alle unter den Augen des Herren euren Lehensschwur gegenüber eurem neuen Lehensherren ablegen könnt! Dorfschulze Eitel Krayenhof, tritt vor!”

Eitel, auf dem nun alle Augen der Dorfbewohner ruhten, wurde auf einmal nervös. Langsam dämmerte es ihm, was von ihm erwartet wurde. Aber es gab kein zurück - er konnte ja wohl kaum dieser Aufforderung des Praiosgeweihten widersprechen! Mit einem mulmigen Gefühl trat er vor. Während er die wenigen Schritte zum Geweihten trat, gingen ihm die bisherigen Gespräche mit den anderen Dörflern durch den Kopf. Würde der Herr Praios ihn für diese lästerlichen Worte richten? Er war nervös. Und dann stand er auch schon vor dem Geweihten.

Dieser blickte ihn kurz an und nickte ihm zu. Dann wand er sich erneut an die Menge. “Und nun heißt euren neuen Lehensherren: Reichsritter Aldur Angwart von Eichstein zu Vulpershain willkommen. Auf die Knie!”

Es gab niemandem im Dorf, der jetzt, in dieser Situation, sich dem Zwang des Geweihten und auch der Gruppe der versammelten Bewohner nicht auf die Knie ging. Dann trat Aldur vor und stellte sich auf die andere Seite seines Bruders, gegenüber dem Dorfschulzen.

Alle drei blickten über die versammelten Bewohner des Dorfes, die vor ihnen knieten. Wilbur wechselte ein paar kurze Worte mit Aldur und dem Dorfschulzen zum Ablauf der kleinen Zeremonie, dann wandte er sich wieder an die Untertanen.

“Eitel Krayenhof, in der Vergangenheit hast Du dem Dorf als Schulze gut gedient und so wollen wir es auch in Zukunft halten. Trete also vor deinen Lehensherren, um stellvertretend für alle Untertanen des Dorfes den Lehenseid abzulegen gegenüber deinem neuen Lehensherren”

Eitel, der sich kurz ein wenig den Kragen lockerte, legte seine gefalteten Hände in die seines Lehensherren. In der Regel wurde diese Art des Lehenseides vor allem in Adelskreisen zwischen Lehensherrn und Lehensempfänger zelebriert, doch sprach nichts dagegen, sie auch zwischen Lehensherr und seinen Untertanen anzuwenden. In diesem Fall war dies eine sehr kraftvolle Geste. Die beiden Brüder vertrauten darauf, dass dies ein weiterer Baustein in dem Vorhaben war, die neuen Untertanen an ihre Lehensherren zu gewöhnen und die Herrschaft über das Lehen zu übernehmen.

Wilbur schaute auf den Knieenden und seinen Bruder. Er nahm die güldene Schale, trat zu den beiden Schwörenden und schon kurz darauf flossen kleine Tropfen Blut von Eitel und Aldur in die Schale, die Wilbur sodann vermischte.

"HEILIGER HERR PRAIOS!

Blicke hernieder und segne diesen Schwur. Seine Worte, ihr Sinn und ihre Bedeutung sollen heilig sein. Er wird aus freien Stücken geschworen, ohne Dunkelsinn oder Tücke im Geist.

Wir wollen bezeugen die göttliche Ordnung. Und so sei Euch, Reichsritter Aldur Angwart von Eichstein, dieses Dorf und seine Untertanen anempfohlen. Als ihr Lehnsherr schuldet Ihr ihnen Fürsorge und Schutz.

Du aber, Eitel Krayenhof, seiest hier als Stellvertreter des Dorfes und dessen Dorfschulze an euer aller Pflicht zur Treue und Gefolgschaft als Untertan gegenüber eurem Lehnsherren, der durch den Willen Praios und durch die Gnade Ihrer kaiserlichen Majestät Rohaja von Gareth, vertreten durch ihren treuen Vasallen den Markvogt Barnhelm von Rabenmund, in sein Amt eingesetzt wurde.

Wer jedoch diesen Schwur tut, um seine Bedeutung zu verzerren oder wer den heiligen Eid schließlich bricht, den möge deine göttliche Strafe ereilen.

IN PRAIOS NAMEN, SO SEI ES!"

Mit diesen letzten Worten umfasste er die Hände der beiden und bekräftigte den Eid vor Praios. Ein kräftiger Sonnenstrahl brach sich daraufhin seine Bahn und tauchte alle drei in strahlendes Licht.