Geschichten:Freudenstein gleich nach der Schlacht - Teil 7

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Alissa schlug ihre Augen wieder auf. Es war heller Tag, und sie lag in ihrem Bett. Neben ihr standen die Baronin und deren Leibarzt. Beide blickten sehr besorgt. Die ersten Worte, die der Arzt sprach, als Alissa aufgewacht war, waren: "Hochgeboren, wir glauben, dass es dem Kind gut geht. Ihr hattet ein paar Blutungen, aber es scheint in Ordnung zu sein; allerdings ist ein früherer Termin denkbar."

So langsam kam Alissa alles wieder in den Sinn, und eine ohnmächtige Wut packte sie. Im Moment konnte sie jedoch nichts tun, und so fragte sie zunächst nur, wie lange sie denn geschlafen habe: "Ein paar Stunden", erwiderte die Baronin: "Ein besorgter und von Gewissensbissen geplagter Rekrut kam gestern Nacht noch, und wollte sich halb entschuldigen, halb schauen, ob alles in Ordnung ist. Er wollte aber nicht herausrücken, was passiert war. Die gesamte Truppe steht nun seit bald zwei Stunden in Formation auf dem Hof. Bisher wollte keiner Reden. Also werden sie weiter stehen, ausser Du sagst es mir."

"Und dieser Horasier?" fragte Alissa leise. Nur der Gedanke an ihn drehte ihr den Magen um.

"Belcampo natürlich nicht", meinte die Baronin, "er ist ja eigentlich Zivilist." Alissas Wut kochte wieder hoch, und in gepresstem Ton, bat sie den Arzt, kurz draussen zu warten, worauf dieser sogleich den Raum verliess. Danach erzählte sie der Baronin, zögerlich und unter Tränen, immer wieder von heftigen Schluchzern geschüttelt, was vorgefallen war. Das Gesicht der Baronin verfinsterte sich zusehends, und als Alissa, in Tränen aufgelöst, geendet hatte, sagte sie: "Du hattest Recht. Nun - so schwer es Dir fallen wird - wirst Du das tun müssen, was als nunmehr einzige Massnahme die Disziplin der Truppe und Deine Autorität als Adlige und Anführerin retten kann. Die Truppe ist draussen schon genug gestraft. Aber um so härter musst Du Belcampo strafen, und zwar nur Du, damit die Leute nicht den Eindruck haben, Du musst Dich hinter mir verstecken. Ich stehe Dir bei, so gut ich kann, aber nun musst Du Stärke beweisen. Ich werde augenblicklich Belcampo auf den Hof holen lassen. Dann wirst Du kommen und ihn an Ort und Stelle und ohne zu Zögern mit dem Schwert niederstrecken. Ich werde auch da sein, aber Du musst es tun. Danach kannst Du Dich ausruhen und fallen lassen, wie Du willst, aber erst dann. Ich werde die Leute noch eine Stunde stehen lassen und Belcampo holen lassen, damit Du genug Zeit hast. Aber in einer Stunde erwarte ich Dich unten."

Mit diesen Worten stürmte die Baronin wie eine Furie aus dem Zimmer, während der Arzt eher schüchtern wieder hereinkam.