Geschichten:Fluss der Erkenntnis - Leomars Boltanfreunde

Aus GaretienWiki
Zur Navigation springen Zur Suche springen

Hochnjerburg, Königliche Domäne Neerbusch, Mitte Hesinde1038 BF:

Es war spät am Abend, das Leben am königlichen Hof zu Neerbusch neigte sich dem Ende zu. Weinselig wankte der ein oder andere Höfling in seine Kammer. Oder in die Kammer eines anderen. Die Höflinge erwartete am nächsten Morgen die immer wieder kehrende Abfolge des ewig Gleichen. Am Vormittag gelüstete es den Kronvogt zu meist nach einem Ausritt durch das Njertal oder gar zu einer winterlichen Jagd. Nach dem Praiosmahl begab sich der Hof in die königliche Therme. Dort war es auch zu dieser Jahreszeit durch die heiße Quelle angenehm warm. In kleinen Gruppen hielten sich die Höflinge im großen Becken oder in einer der Schwitzkammern auf. Auch standen Diener bereit, die die Adligen mit feinen Ölen massierten. Fast konnte man vergessen in der Einöde des Reichsforstes zu sein, nun ja, fast! Nach dem Abendmahl boten fahrende Gaukler, Musiker und Poeten ihre Künste dar und es wurde meist ausgelassen bin in die Abendstunden gefeiert. Ja, fast wähnte man sich auf einen der adeligen Festivitäten der Goldene Au, denn das höfische Leben auf der Hochnjerburg stellte denen dort in nichts nach. Kronvogt Leomar hatte einen exquisiten Geschmack und kam seiner Repräsentationspflicht mehr als nötig nach. Zumal sich seit der Eröffnung der königlichen Therme tatsächlich vermehrt Adlige aus dem gesamten Königreich wieder nach Neerbusch verirrten.

Wieder war also ein Tag am Hofe des Kronvogtes von Neerbusch zu ende gegangen und die Lichter der Burg erloschen. Einzig im Blutulmenkabinett flackerte noch munter das Feuer im großen Kamin. Drei Herrschaften saßen um einen Tisch herum und spielten Boltan.

„Ist der Feenwasser schon abgereist?“ Caradan von Greifstein war wenig erbaut von seinen Karten, setzte aber sein bestes Boltan-Gesicht auf.

„Ja, zu irgendeiner Familiensache . . . in Perricum glaube ich. Vor dem haben wir erst mal Ruhe.“ Bernhelm von Zweifelfels sortierte noch seine Karten.

„Zwischen dem und der Trenck hat es mal wieder richtig geknallt, ich kann euch sagen, die werden keine Freunde mehr.“ Caradan schüttelte dabei den Kopf.

„Ach unsere feine Bademeisterin, kaum hat sie es vom Badezuber in Leomar Bett geschafft, gibt es Ärger mit dem Feenwasser, na welch Überraschung.“ Ein amüsiertes Lächeln huschte über das rundliche Gesicht von Algerte von Rossenrück. „Leomar ist es nur Recht, es schmeichelt ihm doch wenn die beiden so leidenschaftlich um ihn buhlen.“

„Und es spielt auch uns zu“, beendete Bernhelm den Satz, „schließlich binden die beiden die volle Aufmerksamkeit auf sich.“

„Es war einfach nur großartig, als die Perricumer ankamen, erinnert ihr euch? Die Trenck stand links von Leomar und der Feenwasser rechts. Beide haben sich nicht eines Blickes gewürdigt und haben geschaut als ob die bei einem Begräbnis gewesen wären. Ich konnte mich kaum noch halten.“ Die königliche Kämmerin hielt sich den Bauch vor Lachen.

„Nun, zumindest die Trenck war ja vorher bei einem Begräbnis“, bemerkte Bernhelm süffisant.

„Wer die Alte wohl ermordet hat“, fragte Algerte in die Runde, „und vor allem warum?“

„Sie ist die Mutter von Ardare, also wenn das kein Grund ist, weiß ich auch nicht.“ Die Abfälligkeit, die aus Bernhelms Blick sprach, war mehr als offensichtlich.

„Ihr seid unmöglich“, bemerkte Catadan mit einem Augenzwingern, „Aber was haltet ihr eigentlich von diesen Perricumern? Was wollen die hier eigentlich?“

„Die Aimar-Gor ist ja nun gut sichtbar von Tsa gesegnet, das dürfte selbst dir aufgefallen sein, mein lieber Caradan.“ Bernhelm grinste breit. „Laut Aussage ihres Gemahls erhoffen sie sich durch die diesige Quelle Linderung für irgendwelche Leiden. Keine Ahnung was da hinter steckt.“

„Ich werde Reto mal fragen, der ist schließlich entfernt mit ihr verwandt“, warf Caradan ein, ohne dabei auf Bernhelms Stichelei einzugehen.

„Aber was ist mit dieser Zolipantessa?“ Algerte hatte sich nun wieder von ihrem Lachkrampf erholt.

„Die mit den Narben? Vielleicht erhofft sich sich ja Heilung von dem entstellten Gesicht, hehe.“ Bernhelm schielte zu Algerte rüber, die nun wieder lauthals Lachen musste.

„Nun, die werden uns schon keinen Kummer bereiten, da sollten wir eher weiterhin die Trenck und den Feenwasser im Auge behalten.“ Caradan zog mahnend eine Augenbraue hoch.

Unvermittelt öffnete sich die schwere Tür und ein Diener geleitete den Kronvogt hinein.

Leomar“, freute sich Algerte, „setzt dich zu uns, wir haben gerade erst angefangen.“

Dies tat Leomar nur zu gerne, während der Diener eine Karaffe Wein auf den Tisch stellte und allen einschenkte. Diese Nacht sollte noch lange nicht vorüber sein ...