Geschichten:Familienzuwachs – Perainyan zu Ehren

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Burg Schwarzenfels, Peraine 1043

Travinyan?“, wisperte Isleen ni Rían leise, als sie das Zimmer betrat. Noch leiser schoss sie die Tür hinter sich. Ihr Gatte stand mit dem Rücken zu ihr und blickte aus dem Fenster hinaus.

Die letzten Tage war er seltsam ruhelos, ja gar rastlos gewesen, hatte sich nachts aus dem Bett gestohlen, hatte wenig geschlafen, war umhergeirrt, einem schwer verwundeten Tier gleich, dass sich einen Platz zum Sterben suchte. Es hatte ihr Angst gemacht. Schreckliche Angst, dabei hatte sie fest geglaubt mit dem Junkertitel und den Umzug nach Schwarzenfels wäre das Bangen nun endlich vorbei. Mit Grauen erinnerte sich Isleen an die Zeit, da sie nicht gewusst hatte, ob sie Travinyan je lebendig wiedersehen würde. Schon alleine bei dem Gedanken, würgte es sie. Sie hatte die letzten Nächte eindeutig zu wenig geschlafen. Es war die Sorge, die sie umtrieb, die Sorge um ihren Gatten. Und wenn sie doch mal eingenickt war, wachte sie auf, fand ihn nicht neben sich und eine unerträgliche Übelkeit überfiel sie. Jedes einzelne Mal. So richtig bei sich behalten konnte sie daher nichts mehr. Die Situation war unerträglich, sogar noch weitaus unerträglicher als zu jener Zeit, da er in die Fehde verwickelt war. Das Problem war, dass sie nicht mehr an ihn herankam. Er entzog sich ihr einfach. Und das immer wieder.

„Travinyan?“, fragte sie erneut, trat näher an ihren Gatten heran und legte ihre zierliche Hand auf seine rechte Schulter, „Es ist etwas passiert, nicht wahr?“

Er nickte stumm.

„Geht es um...“, wollte die Rían mit kratziger Stimme wissen, „... Perainyan?“

Wieder nickte er.

„Ist er... ist er...“, hob sie mit zitternder Stimme an, „Er ist doch nicht... ich meine...“ Sie schluckte einen Moment schwer. „Er ist doch nicht... nicht etwa...“ Übelkeit stieg erneut in ihr auf. Kaum hörbar fügte sie hinzu: „... tot?“

Travinyan von Perainsgarten wurde ganz starr. Isleens Augen füllten sich mit Tränen. Es war also geschehen, das Unfassbare, das Unvorstellbare. Vorsichtig schob sie ihre Hände um ihren Liebsten und drückte ihr Gesicht zwischen seine Schulterblätter, dann begann sie stumme Tränen zu weinen, dabei hätte sie ihm Trost spenden müssen. Aber sie konnte nicht.

„Ich konnte es nicht lesen“, gestand er ihr leise. Seine Stimme zitterte. In der einen Hand hielt er das Schreiben, mit der anderen umfasste er ihre beiden Hände. „Jedes Mal, wenn ich es versuche, verschwimmen die Zeilen vor meinen Augen.“ Er holte Atem. „Aber ich weiß... ich weiß, dass es wahr ist. Ich… ich… ich habe es gespürt. Ja, ich hab es gespürt. Aber... aber ich wollte... wollte es nicht...“ Seine Stimme nur noch ein leises Wispern. „... nicht glauben. Sie haben ihn alle im Stich gelassen...“ Da begann Isleen heftig zu schluchzen. Travinyan wandte sich um, drückte sie fest an sich und raunte ihr zu: „Liebste, meine Liebste, was würde ich nur ohne dich tun? Ja, was nur, meine Liebste, was nur.“ Zärtlich hauchte er ihr einen Kuss auf das Haar, was zwar nicht ihre Tränen zum Versiegen brachte, aber ihr immerhin ein zaghaftes Lächeln auf die Lippen zauberte. „Die ganze letzte Zeit habe ich mit mir gerungen... mit mir gekämpft. Ich habe versucht zu verstehen, was diese Leere... diese Leere in mir bedeutete. Woher sie kam. Ich habe es geahnt. Es nicht zugelassen. Und irgendwie... irgendwie bin ich froh, dass...“ Seine Stimme brach. „... dass ich jetzt sicher sein kann.“ In seinen braunen Augen glitzerten Tränen, die er sich aber nicht zu weinen eingestand. In diese Augen hatte Isleen sich verliebt. Augenblicklich. Erst in die Augen, dann in den Rest.

„Vielleicht...“, hob er zaghaft an, „Können wir unser Kind nach ihm benennen?“

Fragend blickte Isleen ihn an: „Unser... ?“

Da fiel er vor ihr auf die Knie, legte seinen Kopf auf ihren Bauch und wisperte: „Perainyan oder...“ Er blickte zu seiner Gattin auf. „... Perainya?“

Isleen nickte. Ein zaghaftes Lächeln umspielte ihre Lippen.